Vor zwei Wochen war ich in den Ferien. Bretagne statt Tessin, weil auf der ursprünglich geplanten Wanderroute noch über ein Meter Schnee lag. So hatten wir die Wellen des Atlantiks anstatt das Rauschen der Verzasca im Ohr, und wir assen Crêpes statt Polenta. Bier haben sie in der Bretagne auch hervorragendes, und das Wetter war so gut wie in der Schweiz noch nie in diesem Jahr (sprich: trocken). Eine gelungene Verschiebe-Aktion also.

Bereits auf der Zugfahrt nach Brest gab es für landwirtschaftlich interessierte Personen natürlich viel zu bestaunen: riesige Felder mit Topböden und sehr schönen Ackerkulturen.

Lieber integriert, dafür etwas weniger grossflächig

Es wäre auf den ersten Blick verlockend, so Ackerbau zu betreiben und Feldfrüchte zu produzieren. Aber wenn ich mir vorstelle, wie ich dort in Zentralfrankreich in einer ziemlich menschenleeren und eintönigen Gegend tagelang hin- und herfahre, dabei mit niemandem Kontakt habe, und das alles nur, um letztendlich Massenware zu Dumpingpreisen verscherbeln zu müssen, dann bin ich mir gar nicht so sicher. Ich glaube fast, es entspricht mir mehr, in unseren hiesigen Verhältnissen etwas weniger effizient und grossflächig zu wirtschaften, mich regelmässig über die vielen Fahrradfahrer und Fussgängerinnen aufzuregen und mich dafür auch als Landwirt als integrierten Teil einer vielfältigen Gesellschaft fühlen zu können.

In leicht hügeligen Gebieten hatte es sehr viele Parzellen, die von Erosion betroffen waren. Fast auf jeder Parzelle, die nicht topfeben war, ist das Wasser irgendwo zusammengelaufen und hat begonnen, Gräben in den Boden zu fressen. Sehr wüste Bilder. Scheinbar haben sich doch nicht sämtliche Gewitter Westeuropas ausschliesslich über der Schweiz entladen.

Zudem Tausende Rundballen Heu, die einfach auf dem Feld liegengelassen werden. Die Überlegung dahinter verstehe ich nicht. Ist es einfach zu teuer oder zu aufwendig, die Rundballen auf den Hof zu transportieren? Noch umständlicher ist ja aber, die Ballen liegenzulassen und einzeln zu holen. Oder die Ballen werden im Herbst zum Einstreuen gebraucht? Den zweiten Schnitt rund um die Ballen herum zu mähen, stelle ich mir aber nur als halbes Vergnügen vor. Wie dem auch sei, irgendeine Überlegung (oder agrarpolitische Vorgabe) dahinter wird es geben, sie hat sich mir aber nicht erschlossen.

Aus der kleinen Schweiz heraus tat gut

Die Ferien waren auch abgesehen von den landwirtschaftlichen Betrachtungen sehr schön. Viel Natur, angenehm wenig Menschen und vor allem eine wohltuende Distanz zu den betrieblichen Herausforderungen zu Hause. Es waren seit Längerem die ersten Ferien im Ausland, und es tat gut, mir wieder einmal vor Augen zu führen, wie klein die Schweiz ist und wie wenig weit man fahren muss, bis alles etwas anders ist.

Und mit alles meine ich schon nicht nur den Fakt, dass Rundballen monatelang auf den Feldern herumliegen.

Im Sommer winkt bereits der nächste Auslandaufenthalt – in Krakau in Polen. Dort sind wir zu einer polnischen Hochzeit eines Mitarbeiters eingeladen. Ich bin sicher, auch das wird sehr schön und interessant. Für einen noch besseren Erholungsfaktor schaffe ich es dann vielleicht auch, nicht mehr den Wetterradar der Schweiz zu konsultieren. Und sonst gibt es da genug Wodka, um das Wetter zu vergessen.

Hagenbuchs Randnotizen

Sebastian Hagenbuch ist Landwirt und Agronom. Er bewirtschaftet mit seinen Eltern einen Betrieb mit zwei Standorten in Rottenschwil und Unterlunkhofen im Kanton Aargau.

Hagenbuch erzählt in seiner Kolumne von Alltäglichem und Aussergewöhnlichem, wechselt ab zwischen Innen- und Aussensicht, immer mit kritischem Blick und einem Augenzwinkern.