Derzeit ist unser Betrieb eine Baustelle. Also, genauer gesagt ist AUF unserem Betrieb eine Baustelle, wobei der erste Satz manchmal schon auch seine Richtigkeit hat. Jedenfalls: Derzeit sind wir damit beschäftigt, den alten Mastschweine-Stall Pensionspferde-tauglich herzurichten.
Nun, da die Ideen endlich in die Tat umgesetzt werden können, ist das ein schönes Projekt. Bis wir von der Planung zur Umsetzung schreiten konnten, war es aber doch eher ein mühsames Prozedere. Es wäre eigentlich aucheher die Idee gewesen, die Arbeiten im ruhigeren Winter durchzuführen und nicht unbedingt parallel zu den Feldarbeiten.
Für mich war es das erste Mal, dass ich ein Bauprojekt hautnah miterlebe. Angefangen hat alles so: Eine Frau spazierte bei uns über den Hausplatz und fragte mich, ob hier noch Platz für Pferde frei wäre. Ich sagte: Ja, ein Platz sei noch zu haben. Sie suchte aber Unterschlupf für neun Pferde. Ich zeigte ihr den Schweinemaststall und sagte, dass wir diesen verhältnismässig einfach in einen Pferdestall umbauen könnten. Wir waren uns relativ schnell einig, wie das funktionieren könnte.
Die Ämter waren weniger schnell angetan von unserem Bauvorhaben. Es brauchte zwei Anläufe, damit das Gesuch bewilligungsfähig war. Wir mussten den Nachweis erbringen, dass durch die Pferdehaltung nicht zu viel Mist für unseren Betrieb anfällt – was ein ziemlicher Witz ist, wenn man bedenkt, dass stattdessen 64 Schweinemastplätze weniger auf dem Betrieb sind.
Irgendwo in den Anmerkungen wurde noch erwähnt, dass unser Güllesilo noch nicht überdacht sei. Das Güllesilo hat absolut gar nichts mit dem Bauvorhaben zu tun, ausser, dass es eben auf unserem Betrieb steht. Da war ich schon sehr froh, dass ich offiziell informiert wurde, dass dieses Silo kein Dach hat, das hätte ich beinahe vergessen. Man hätte ja auch noch erwähnen können, dass das Haus eine Ölheizung hat. Oder dass der Service beim Hoflader bald wieder fällig ist. Oder dass wir nicht vergessen dürfen, die Kartoffeln zu setzen.
Ich weiss, dass die Behörden nur Dienst nach Vorschrift machen und die Angestellten des Kantons vermutlich nicht diabolisch grinsend zusammen-gesessen sind und sich überlegten, wie sie jetzt diesen bauwilligen Landwirt mal ordentlich peinigen können.
Dennoch muss ich zugeben: Zwischenzeitlich machten mich die pingeligen Vorgaben aggressiv. Da wollen wir relativ nahe bei einem Wohnquartier die Schweinehaltung reduzieren und mehr Pensionspferde halten, und es kommt der Einwand von Ammoniak-Emmissionen und Nährstoffanfall? Echt jetzt? Aber, wie gesagt, die involvierten Personen können nur bedingt etwas dafür. So sind halt die Vorschriften, und für mich ist es einfach das erste Mal, dass ich die Konsequenzen am eigenen Leib erlebe. Für ein weiteres Bauvorhaben ziehe ich meine Lehren.
Nebst den Investitionskosten werde ich im Budget den Posten «Nerven» seriöser einberechnen. Und ich werde mehr Zeit für die Planung und Beschaffung der Bewilligung einplanen.
Zudem ist es vermutlich ratsam, von Anfang an einen Profi mit ins Boot zu holen. Das kostet Geld, spart aber Zeit und Nerven. Und diese Zeit kann ich ja vielleicht besser nutzen, wenn ich mich auf meine Stärken besinne. Das bringt im besten Fall wiederum etwas Geld ein. Das wäre zumindest der Plan.
«Plötzlich Bauer»
Sebastian Hagenbuch ist Landwirt und Agronom. Er bewirtschaftet mit seinen Eltern einen Betrieb mit zwei Standorten im Freiamt AG. Hagenbuch begann sich erst spät für die Landwirtschaft zu interessieren.
In seiner Kolumne erzählt er von Alltäglichem und Aussergewöhnlichem, wechselt ab zwischen Innen- und Aussensicht, immer mit kritischen Blick und einem Augenzwinkern.