Es wäre ja eigentlich Hochsaison auf den Feldern. Aus meteorologischen Gründen bevorzuge ich es aber dennoch, die Tagesaktualitäten in dieser Kolumne aussen vor zu lassen und mich der Betriebsübergabe zuzuwenden.
Ende Jahr ist es bei uns so weit. Am 31. Dezember 2024 bin ich noch Knecht, und am 1. Januar 2025 dann schon Hofbesitzer. Das klingt gewöhnungsbedürftig in meinen Ohren. Ist ja auch verständlich, schliesslich liegt diese Realität erst in der Zukunft. Deshalb ist es schwer, sich an etwas zu gewöhnen, was noch gar nicht Tatsache ist.
Ein eingespieltes Team auf dem Betrieb
Um mich an den Übernahmegedanken zu gewöhnen, hatte ich genügend Zeit. Darüber bin ich auch froh – vor einigen Jahren noch wäre ich mit der Aufgabe Betriebsführung überfordert gewesen. Ich hatte in den letzten Jahren einiges an Wissen und Erfahrung aufzuholen, da mich die Landwirtschaft in meiner Jugend eher weniger interessiert hat.
Mittlerweile habe ich mich ziemlich an die aktuelle Situation gewöhnt. Wir sind ein eingespieltes Team auf dem Betrieb. Das heisst, es läuft einigermassen effizient und rund. Ich weiss, wo mein Platz ist und welches meine Aufgaben sind. Es heisst aber auch, dass es sich zuletzt ein bisschen nach Stillstand angefühlt hat. Natürlich hat sich der Betrieb stetig und gerade auch in den letzten Jahren weiterentwickelt. Es gab jedes Jahr eine Baustelle, Investitionen und Anpassungen. Meine Rolle aber, die blieb immer in etwa dieselbe.
Das ist nicht nur schlecht. Ich sass sicher fester im Sattel als zu Beginn. Ich habe im Umgang mit Pensionspferdehalterinnen dazugelernt (kann aber sicher immer noch viel dazulernen …), schlafe auch vor sehr herausfordernden Tagen ruhig, weiss, wo ich welche Hilfe finde, und bin generell etwas entspannter.
Der richtige Zeitpunkt für den Rollenwechsel
Und nun, wo man es sich im Sattel einigermassen gemütlich gemacht hat, ein Rollenwechsel? Ja! Für mich kommt die Übernahme zu einem guten Zeitpunkt. Ich habe Lust, mich und den Betrieb weiterzuentwickeln, und dafür braucht es jetzt den Rollenwechsel.
Wie sich das wohl anfühlen wird, denke ich mir, während draussen wieder mal der Regen gegen die Fensterscheiben trommelt. Wie ist es wohl, wenn es meine Süsskartoffeln sind, die wir immer noch nicht ernten können? Wie ist es, wenn es mein Hof ist? Macht es etwas mit mir, diese Änderung an den Besitzverhältnissen?
Auf die Schnelle möchte ich diese Frage mit Nein beantworten. Ich habe bereits jetzt immer so gearbeitet, als wäre es «mein Betrieb», vermute ich zumindest. Aber bei genauerem Hinsehen habe ich dann doch die Vermutung, dass die Änderung im Aussen auch eine Änderung im Innern zur Folge haben wird. Wissen werde ich es erst ab Januar des nächsten Jahres.
Aber zuerst soll es jetzt gopferdelli endlich mal aufhören zu seichen, sonst verleidets einem ja glatt mit der Buurerei, bevor es richtig begonnen hat.
Hagenbuchs Randnotizen
Sebastian Hagenbuch ist Landwirt und Agronom. Er bewirtschaftet mit seinen Eltern einen Betrieb mit zwei Standorten in Rottenschwil und Unterlunkhofen im Kanton Aargau.
Hagenbuch erzählt in seiner Kolumne von Alltäglichem und Aussergewöhnlichem, wechselt ab zwischen Innen- und Aussensicht, immer mit kritischem Blick und einem Augenzwinkern.