Ja, wir spritzen. Wir setzen Pflanzenschutzmittel ein. Wir nutzen Pestizide. Wir verwenden Chemie. Das hört sich in der heutigen Zeit wie ein Geständnis an. Ich mache diese Arbeit dennoch sehr gerne, für unsere Kulturen, aber auch für die Kulturen unserer Kunden. Unsere Spritze mit Jahrgang 2009 leistet noch immer sehr gute Dienste.
Für die kommende Saison möchten wir sie aber ersetzen. Diese Kolumne handelt von der Suche nach dem idealen Ersatz und der Tragweite dieses Entscheids.
Welche Anforderungen muss die neue Spritze erfüllen?
Es ist ja nicht mehr einfach so (war es jemals einfach so?), dass man bloss eine Spritze eines Herstellers kauft. Der Aufbau ist modular, und beim Pflanzenschutz sind die Möglichkeiten besonders vielfältig.
Wie viele Liter Volumen möchte ich? Welche Balkenbreite? Wie soll der Balken unterteilt und geklappt sein? Welche Steuerung? Soll es eine ISOBUS-Spritze sein?
Ist die Spritze kompatibel mit dem dafür vorgesehenen Traktor? Einzeldüsenabschaltung, automatische Gestängeführung, LED-Beleuchtung, Flüssigkeitskreislauf, Fronttank, automatisches Waschprogramm, Section Control … Da kann einem der Kopf schwirren. Also zumindest mir ging es so.
Der Prozess lief in etwa so ab:
1. Phase: Überblick gewinnen.
Welche Produkte sind auf dem Markt? Welche Ausstattungen gibt es? Was sind die Erfahrungen von Berufskollegen?
2. Phase: Angebote einholen.
Und diese Offerten dann vergleichen, sich Gedanken zu Kosten-Nutzen-Verhältnis machen. Und, ganz zentral: Unterscheiden zwischen: «Das wäre doch noch nett» und «Das brauche ich wirklich».
Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Unsere Überlegungen reichten von einer 21 m breiten Spritze ohne grossen Schnickschnack bis hin zu einer Spritze mit einem 27 m Balken, Fronttank und Einzeldüsenabschaltung. Auch die Option «Selbstfahrer» haben wir angeschaut.
Nachdem wir unsere Fragen beantwortet hatten, brauchten wir überarbeitete Angebote.
3. Phase: Entscheidung
Nach einigem Aufwand waren genug Fakten bekannt, Telefonate geführt, Spritzen besichtigt und Offerten verglichen. Wir haben uns dann für diejenige Spritze entschieden, die am besten auf unseren Betrieb passt.
Die Frage nach der Technik wäre somit entschieden. Welche Spritze es genau ist, erwähne ich hier gar nicht. Es ist in meinen Augen auch nicht die entscheidende Frage im Pflanzenschutz, welche Technik oder gar welche Marke zum Einsatz kommt. Obwohl ich sicher bin, dass wir in sehr gute Technik investiert haben.
Entscheidend sind die Beobachtungen auf dem Feld
Entscheidend sind andere Fragen: Beobachte ich die Kulturen aufmerksam? Interessiere ich mich für die Krankheiten, Schädlinge und die Entwicklung der Bestände? Mache ich mir ein Bild vor Ort und treffe gute Entscheidungen? Schätze ich die Lage richtig ein? Kenne ich die gesetzlichen Bestimmungen?
Diese Fragen stellen sich praktisch täglich zwischen Februar und Oktober. Das ist letztendlich auch der Grund, weshalb mich der Pflanzenschutz interessiert. Mich fasziniert, was auf den Feldern – egal ob auf unsere Parzellen oder denen der Kunden – passiert. Es ist spannend, die Auswirkungen des Vorjahres zu sehen, die Situation einzuschätzen und möglichst richtig zu entscheiden. Gelingt das nicht, nützt auch die teuerste Technik nichts.
«Plötzlich Bauer»
Sebastian Hagenbuch ist Landwirt und Agronom. Er bewirtschaftet mit seinen Eltern einen Betrieb mit zwei Standorten im Freiamt AG.
Hagenbuch erzählt in seiner Kolumne von Alltäglichem und Aussergewöhnlichem, wechselt ab zwischen Innen- und Aussensicht, immer mit kritischem Blick und einem Augenzwinkern.