So, langsam, aber sicher, gilt es ernst. Ist auch recht so: Schliesslich ist dies bereits meine vierte Kolumne zum Thema Hofübergabe. Gar 80 Kolumnen ist es schon her, dass ich «Plötzlich Bauer» war, und nun dauert es nur noch wenige Tage, dann wechseln bei uns auf dem Hof die Rollen: Ich übernehme den Betrieb von meinem Vater. Bis dahin war es ein langer und nicht sehr gradliniger Weg:

  • Als Jugendlicher hatte ich gänzlich andere Interessen, zum Beispiel Sport, Schule und Festivitäten.
  • Auf einer Fahrradreise kam ein Schlüsselmoment, als ich realisierte, dass ich etwas Greifbareres tun möchte.
  • Es folgten die landwirtschaftliche Lehre und das Agronomie-Studium. Dabei war es eine grosse Freude, viel Neues zu lernen und zu verknüpfen.
  • Dann kam der Einstieg auf dem elterlichen Betrieb, mit zunächst offenem Ausgang.
  • Es folgten die langsame Anfreundung mit dem Gedanken an die Betriebsübernahme und der Aufbau neuer Betriebszweige.

Und nach dieser doch recht langen Zeit des Nicht-recht-Wissens folgt nun also bald die Unterschrift und die Übernahme des Betriebes. Aufgrund der obigen Ausführungen sollte man meinen, ich sei gut gerüstet und vorbereitet. Vielleicht bin ich das sogar. Ob dem wirklich so ist, weiss ich aber erst im Laufe des neuen Jahres. Und für dieses kommende Jahr, da wünsche ich mir:

  • Gelassenheit im Umgang mit der neuen Verantwortung gegenüber Menschen (Mitarbeitenden, Mietern und Mieterinnen, Geschäftspartnern), Haus und Hof und seinen Tieren und Kulturen
  • Freude beim weiteren Hineinwachsen in eine neue Rolle und einen neuen Lebensabschnitt
  • Freude am Dazulernen
  • Die für mich passende Strukturierung der zahlreichen neuen, vor allem administrativen Aufgaben des Betriebes
  • Keine Liquiditätsprobleme
  • Deutlich schöneres Wetter als im Jahr 2024

Abgesehen von der Übernahme stehen im Jahr 2025 keine grossartigen neuen Projekte auf dem Plan, denn ich übernehme einen Betrieb, der primär auf meinen Vater zugeschnitten ist und nicht auf mich. Bevor weitere Projekte und grössere Investitionen Sinn machen, möchte ich noch besser herausfinden, wo ich denn genau mit mir und dem Betrieb hin will. Das scheint mir zusammen mit den administrativen Aufgaben fürs Erste Herausforderung genug.

Hagenbuchs Randnotizen [IMG 2]

Sebastian Hagenbuch ist Landwirt und Agronom. Er bewirtschaftet mit seinen Eltern einen Betrieb mit zwei Standorten in Rottenschwil und Unterlunkhofen im Kanton Aargau.
Hagenbuch erzählt in seiner Kolumne von Alltäglichem und Aussergewöhnlichem, wechselt ab zwischen Innen- und Aussensicht, immer mit kritischem Blick und einem Augenzwinkern.



 

Die Hofübergabe bringt mehr Freiraum

An meinem 50. Geburtstag wollte keiner unserer drei Söhne Bauer werden und den Hof übernehmen. Das hat mich nicht belastet. Ich hatte meine Berufung ja gefunden. Vor mehr als zehn Jahren habe ich mich dann das erste Mal ernsthaft mit diesem Thema auseinandergesetzt. Wir haben damals den Munimaststall erweitert. Ich dachte mir, das ist passend und kann, bis ich 70 bin, amortisiert werden.

Und siehe da: Völlig überraschend hat unser ältester Sohn Sebastian nach einem Semester Wirtschaft und einer langen Radreise offenbart: Ich will Bauer werden. «So, so», dachte ich.

Er hat die Lehre nachgeholt und ein Agronomie-Studium angehängt. Ob er den Hof wirklich übernehmen wollte, blieb aber immer noch offen. Das war auch verständlich.

Mir war klar: Wenn jemand «Pfiff» hat, gut mit Leuten umgehen kann und das Studium als Bester seines Jahrgangs abschliesst, dann bekomme ich «Mitbewerber». Wieso soll sich in dieser Situation ein junger Mensch noch in einer 70-Stunden-Woche die Finger schmutzig machen und sich dabei regelmässig über Bürokratie und Schreibtischtäter ärgern?

Und jetzt? Jetzt steht die Hofübergabe vor der Tür. Wir verkaufen den Hof und sind dann Mieter. Was macht das mit mir? Ehrlich gesagt: nicht viel. Und warum?

Darum: Wir haben glücklicherweise seit dem Einstieg von Sebastian auf dem Hof vor einigen Jahren getrennte Wohnmöglichkeiten. Nicht nur das, wir haben auch mehr als genug Arbeit für beide und konnten die Verantwortlichkeitsbereiche zunehmend abgrenzen. Wir kommen uns also gar nicht so stark in die Quere.

Dank des Süsskartoffelanbaus konnten wir unseren Sohn auch frühzeitig am Betriebserfolg beteiligen. Jetzt wechseln wir einfach die Rollen. Sebastian darf die Rechnungen bezahlen und ist verantwortlich für den ganzen Bürokram und natürlich für die Entwicklung des Betriebes.

Das entlastet und freut mich. Ich bin jetzt im Stundenlohn, ebenfalls mit Erfolgsbeteiligung, angestellt und kümmere mich hauptsächlich um die Tiere. Das gibt auch mehr Freiraum für dies und das. Das freut mich ebenfalls. Einerseits freut es mich, noch wirklich gebraucht zu werden, und andererseits freue ich mich auf schöne Bergerlebnisse oder Fahrradausflüge.

Und was ich noch sagen wollte: Meine Frau hat mich in den vergangenen Jahren immer wieder daran erinnert, dass Sebastian für diese oder jene Entscheidung auch schon einbezogen werden sollte … Danke.

Franz Hagenbuch [IMG 3]
Auf dem Betrieb in Rottenschwil AG lebt Franz Hagenbuch mit seiner Frau. Der Ingenieur-Agronom HTL und Landwirt betreut dort unter anderem die Munimast. Hagenbuch ist seit 2016 Präsident von Swiss Beef CH.