Kennen Sie das Gefühl, wenn Sie an manchen Tagen einfach keinen Antrieb haben? Keine Lust, den Regenmesser schon wieder zu leeren? Keine Lust, die gut sichtbar blühende Blacke endlich abzuschneiden und in einen Sack zu stecken? Keine Lust, die Stallfenster zu waschen, nur damit sie wenig später wieder schmutzig sind? Keine Lust, mit dem Freischneider dem Gewucher rund um den Betrieb zu Leibe zu rücken? Und schon gar keinen Antrieb, im Büro endlich die Mehrwertsteuerabrechnung auszufüllen?

Ich schon. Und wenn es da ist, dieses Gefühl der Lustlosigkeit, dann ist das immer ein wenig beängstigend. Man stelle sich vor, es würde sich dauerhaft einnisten! Grauenhaft! Und als Landwirt auch absolut unverantwortbar, schliesslich steht man gegenüber den Tieren, den Pflanzen und den Menschen auf dem Betrieb in der Pflicht. Da liegt eine längere Phase der Lustlosigkeit eigentlich gar nicht drin.

Aber wem käme so eine Motivationskrise schon gelegen? Die meisten Menschen scheinen viel beschäftigt und gut ausgelastet zu sein. Und selbst wenn dem nicht so wäre, gibt es sicher Schöneres als so einen Mangel an Motivation.

Oft betrifft diese Lustlosigkeit dummerweise nicht bloss einzelne Dinge wie oben aufgelistet, sondern hat einen eher universellen Charakter. Ich habe dann meist auf gar nichts so richtig Lust. Und ich habe auch keine Patentlösung dagegen. Ich kann leider nicht einfach sagen: Ich drehe eine Runde mit dem Fahrrad, und gut ist.

Nun kann ich aber auch sehr schlecht nichts tun. Denn auch um im Bett liegen zu bleiben, fehlt die Lust beziehungsweise hat die Erfahrung mir gezeigt, dass Bettlägerigkeit ausser im Falle einer Grippe noch selten etwas zum Guten verändert hat. Und wie gesagt, draussen warten die Tiere und die Mitarbeitenden.

Also beginne ich damit, etwas zu tun, was zunächst oft der Stall ist. Ohne grosse Lust vielleicht, aber immerhin. Dann passiert es nach gar nicht allzu langer Zeit: Ich bewege mich und komme langsam, aber sicher in die Gänge. Ich brüte noch etwas vor mich hin, werde aber allmählich von meiner Umgebung abgelenkt: Die Tiere (oder Pflanzen auf dem Feld) fordern meine Aufmerksamkeit, und noch viel mehr tun es die Menschen um mich herum.

Wie von Zauberhand löst sich die Lustlosigkeit langsam auf wie der berüchtigte Reusstaler Nebel im Spätherbst. Im besten Fall sind noch andere Leute bei der Arbeit mit von der Partie, und ich kann kurz loswerden, dass ich heute einfach keine Lust habe. Allein schon durch diese Aussage und dadurch, dass man sich nicht verstecken muss, bessert sich die Stimmung bereits.

Und ja, manchmal hält das Gefühl auch einige Tage an, und das ist auch okay. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es bei mir früher oder später immer wieder verschwindet – und das Leben weitergeht.

Das ist nun schon das Ende dieser Kolumne. Schade eigentlich, jetzt hätte ich langsam, aber sicher richtig Schreiblust bekommen …

PS: Der Käufer unserer alten Spritze wurde zwischenzeitlich ausfindig gemacht. Sie befindet sich nun endlich in dessen Besitz.

Hagenbuchs Randnotizen

Sebastian Hagenbuch ist Landwirt und Agronom. Er bewirtschaftet mit seinen Eltern einen Betrieb mit zwei Standorten in Rottenschwil und Unterlunkhofen im Kanton Aargau. Hagenbuch erzählt in seiner Kolumne von Alltäglichem und Aussergewöhnlichem, wechselt ab zwischen Innen- und Aussensicht, immer mit kritischem Blick und einem Augenzwinkern.