Ich bin nicht mehr so lustig wie früher. Und ich schreibe auch nicht mehr so lustig wie früher. Beides habe ich unlängst von einem Freund beziehungsweise einer Arbeitskollegin vernommen. Gleich doppelt mit dieser unterstellten Veränderung konfrontiert, beschloss ich, diese zu verarbeiten.
Eine Stunde später. Ich bin also nicht mehr so lustig. Auf die Gefahr hin, diesen Vorwurf zu zementieren, habe ich mir ein paarernste Gedanken dazu gemacht.
Früher war nicht alles besser, keineswegs. Aber anders. Der Einstieg als Young Farmer ins (teil-)selbständige Berufsleben auf dem Mühlehof im Kanton Aargau war bis heute die markanteste Veränderung in meinem Leben.
Tatsachen, die ich bislang nur als Worthülsen gekannt habe, füllen sich durch eigenes Erleben mit Bedeutung. Zum Beispiel, was es heisst, tagtäglich die Verantwortung für die Tiere zu übernehmen.
Die langen Arbeitstage auf dem eigenen Hof verstärken die Anziehungskraft von meinem Bett in Richtung Super-Magnet. Und wenn ich doch einmal in den Ausgang gehe, drängt sich spätestens ab Mitternacht oder nach dem dritten Bier der Gedanke an den nächsten Morgen in den Kopf: Ich muss aufstehen. Ich habe ein volles Programm. Ich muss fit sein.
Die Phasen der Erholung kommen nicht von selbst. Von selbst kommen nur die Aufgaben, die ein Hof mit sich bringt: Aufräumen hier, reparieren da, schmieren dort. Oder Ideen, welche Potenziale auf dem Mühlehof noch vorhanden wären. Und aus diesen Ideen wird früher oder später dann Arbeit.
Weil mein Wohnort und Arbeitsort nicht getrennt sind, fällt das Abschalten am Abend schwer: Ich sollte doch noch. Ich will nur noch schnell. Was war das für ein Geräusch im Stall?
Das führt offenbar dazu, dass ich weniger unbeschwert geworden bin. Dass im Hinterkopf oft der Gedanke an den eigenen Betrieb mitschwingt. Weniger unbeschwert, heisst in meinem Fall weniger lustig.
Das ist aber nicht nur schlecht. Ich schätze es sehr, dass mein Arbeitsweg eine Minute kurz ist und ich nicht mit Hunderttausend anderen Autofahrern jeden Morgen durch den Gubrist-Tunnel nach Zürich fahren muss. Und es ist schön zu sehen, wie aus meinen eigenen Ideen plötzlich Realität wird und sie dazu beitragen, den Lebensunterhalt zu bestreiten.Das Abschalten, so hoffe ich, wird mir mit der Zeit und aufkommender Routine leichter fallen. Im ersten Jahr war oft die Sorge im Hinterkopf, etwas Wichtiges versäumt zu haben. Das sollte sich bessern.
Die Gefahr ist nur, dass ich diesen Gewinn reinvestiere – in Arbeit auf meinem Hof. Aber das ist ja letztendlich mir selber überlassen. Darum heisst es ja Selbstständigkeit.
Aber wer sich nicht gut organisiert, ist nicht wirklich selbstständig. Zwar geben keine juristischen Personen als Arbeitgeber den Takt vor. Die Tiere, die Pflanzen und das Wetter sind aber unerbittlicher als jeder Arbeitgeber. Das wird bis zu einem gewissen Grad immer so sein und ist ja auch das Reizvolle am Beruf und der Berufung Landwirt: Täglich gefordert sein, Entscheidungen treffen, reagieren, optimieren.
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