Schweizer Zuckerrüben-Bauern sind eine aussterbende Spezies. Seit 2007 sank ihre Zahl von 6900 auf 4168 Landwirte – und viele weitere haben ihre Produktion massiv zurückgefahren.
Was ist passiert? Vor zwanzig Jahren liess es sich als Zuckerrüben-Bauer in der Schweiz doch ganz gut leben. Der Rüben-Anbau war sogar lukrativer als jener von Getreide oder Raps.
Der Grund hat zwei Buchstaben: EU. Als die Europäische Union 2005 beschloss, den Zuckerpreis bis 2009 um über einen Drittel zu senken, brachen die Preise in der EU und in der Schweiz ein.
Deshalb unterstützte der Bund ab 2008 die Zuckerrüben-Bauern mit Einzelkulturbeiträgen. Mit mässigem Erfolg: Viele Schweizer Landwirte setzten statt auf Rüben lieber auf Raps oder Getreide.
Nachdem die EU die Quoten für Zuckerrüben 2017 abgeschafft hatte, unterstützten viele EU-Länder ihre Zuckerrüben-Pflanzer mit Anbauprämien. Die Anbaufläche der EU stieg um ein Viertel, die Rüben-Preise sanken ins Bodenlose – auch in der Schweiz.
Von 2007 auf 2008 sank der Richtpreis von 98 auf 53 Franken, von 2014 auf 2017 noch einmal auf 41 Franken pro Tonne Zuckerrüben. 2022 steigt der Grundpreis immerhin auf 45 Franken und der Richtpreis auf 50 Franken.
In der gleichen Zeit sind die Zuckerrüben-Importe angestiegen – und zwar gewaltig: Alleine von 2019 auf 2020 stieg der Import um 28,7 Prozent auf 273'000 Tonnen.
Der Bundesrat musste reagieren und erhöhte den Einzelkulturbeitrag bis 2021 auf 2100 Franken pro Hektare. Dazu führte er wie beim Weizen, beim Raps oder der Milch einen Schutzzoll für Zucker ein.
Der Bundesrat machte dies nicht nur aus Liebe zu den Schweizer Landwirten, so ehrlich muss man sein: Denn 85 Prozent vom Schweizer Zucker braucht die Schweizer Nahrungsmittelindustrie.
Und diese kommt ohne Schweizer Zucker bös in die Bredouille, wenn sie ihre Produkte weiter als «Swiss Made» exportieren will, denn dafür müssen 80 Prozent der Zutaten aus der Schweiz sein. Zum Beispiel in den 122'000 Tonnen Schweizer Schokolade, die für fast eine Milliarde Franken pro Jahr exportiert werden.
Die Schweizer Rüben-Bauern und die beiden Zuckerfabriken in Aarberg BE und Frauenfeld TG haben also eine (letzte?) Schonfrist erhalten. «die grüne» wird den Zuckerrüben-Markt und die Zuckerrüben-Politik in den nächsten Jahren genau beobachten, analysieren und wenn notwendig auch kritisieren. Alle Beiträge dazu finden Sie im neuen Dossier «Zuckerrüben».