Kennen Sie den grossen Unterschied zwischen den Branchenorganisationen im Schweizer Milchmarkt und im Fleischmarkt? Beim Fleischmarkt (und damit bei Proviande) sind Verarbeiter und Produzenten gleich stark.
Auch beim Fleisch werden Importe bewilligt. Aber die Fleischproduzenten können davon ausgehen, dass die Produzentenpreise korrekt sind. Nicht so bei der Milch, wo Importe bewilligt werden, obschon die Produzentenpreise nicht stimmen.
Zwar waren die Milchpreise 2018 bis 2022 von 63 auf 75 Rappen pro Kilo gestiegen. Seither sind sie aber gesunken – und werden wohl weiter sinken. Natürlich immer auf Kosten der Landwirte.
Die Branchenverbände BOB Butter und die BSM Schweizer Milchpulver sind von den Grosskonzernen abhängig
Wie unsere Serie zum Milchmarkt Schweiz zeigt, sind die Verbandsstrukturen nicht auf der Seite der Landwirte, sondern in einigen entscheidenden Branchenorganisationen klar von der milchverarbeitenden Industrie geprägt.
Schon die Mitglieder-Liste der BOM Milch zeigt, wer bestimmt:
- 11 Unternehmen der Milchindustrie
- Coop und Aldi
- einige gewerbliche Käser
- 18 Produzenten-Organisationen (regionale Milchverbände)
Die Abhängigkeit einiger Milchverbände von der Industrie sind aber offensichtlich, siehe Aaremilch (Migros) oder Zentralschweizer Milchproduzenten ZMP (Emmi).
Noch offensichtlicher ist die Abhängigkeit von der Industrie bei den Branchenorganisationen BOB Butter und BSM Milchpulver. Die Dachorganisation der Schweizer Milchproduzenten SMP (also der Landwirte) wird dort elegant marginalisiert:
- Bei der BOB Butter von den Grosskonzernen Cremo und Mittelland Molkerei (Emmi)
- Bei der BSM Milchpulver von den Grosskonzernen Cremo, Emmi, Hochdorf und Nestlé
Nationalräte wollen dass der Bundesrat «aufräumt»
Die Folgen dieser Abhängigkeiten werden im Parlament seit Jahren kritisiert. Die Nationalräte Andreas Aebi (SVP/BE), Charles Juillard (EVP/JU), Jacques Nicolet (SVP/VD) und Laurent Wehrli (FDP/VD)– allesamt nicht gerade als links-versiffte Öko-Freaks bekannt – haben den Bundesrat aufgefordert, Ordnung zu schaffen.
Der Bundesrat versteckt sich hinter dem butterweichen Argument, dass der Milchmarkt privatrechtlich organisiert sei. Deshalb dürfe er sich nicht einmischen. Und das Bundesamt für Landwirtschaft BLW bewilligt die Anträge der BOB Butter respektive neuerdings der Kommission Butterimporte der BOM Milch.
Für die Milch produzierenden Landwirte ist eine solche Politik unverständlich. Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der Milchviehbetriebe von 38'082 auf 17'603 dramatisch gesunken, weil sie die Produktionskosten nicht decken können. Jeden Tag gibt ein Schweizer Landwirtschaftsbetrieb die Milchproduktion auf.
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Im Milchmarkt Schweiz ist also nichts in Butter. Deshalb stellt sich die Frage nach einer Integration der BOB Butter und BSM Milchpulver in die BOM Milch. Und das nicht das erste Mal: 2021 überlegte sogar die BOB Butter, ob dies nicht sinnvoll wäre. Und gleichzeitig müsste die Rolle der Milch verarbeitenden Industrie bei der BOM Milch hinterfragt werden.
Oder kann es sich die Milchindustrie langfristig wirklich leisten, auf Kosten der Milchproduzenten Gewinne zu machen?
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