Wir Schweizer zäumen das Pferd einmal mehr von hinten auf, wenn wir am 25. September 2022 über die Massentierhaltungs-Initiative MTI abstimmen. Denn die MTI will den Landwirten kleine Gruppengrössen im Stall aufzwingen – mit dem «Erfolg», dass Schweizer Fleisch und Milchprodukte teurer und die Konsumenten auf ausländische Lebensmittel ausweichen würden.
Jedes Bauernkind weiss, dass man einem Pferd das Zaumzeug von vorne anlegt. Von hinten ist es nicht nur unnütz, sondern falsch und unsinnig. Genauso unnütz, falsch und unsinnig wie die Massentierhaltungs-Initiative.
Migros (mit Denner) und Coop haben einen ungesund hohen Marktanteil von 80 Prozent
Legen wir also dem Pferd das Zaumzeug von vorne an. Dazu müssen wir zuerst einmal das richtige Pferd von der Weide holen. Genau genommen sind es zwei Pferde, nämlich Migros und Coop. Die beiden Milliarden-Konzerne haben im Schweizer Lebensmittel-Detailhandel einen Marktanteil von 69 Prozent; wenn man die Migros-Tochter Denner dazurechnet, sind es sogar 80 Prozent.
Das alleine ist schon eine ungesunde Marktsituation. Und selbst wenn ich gefühlt in 200 Prozent aller Fälle mit der Denkfabrik Avenir Suisse über Kreuz bin, stimme ich deren Forschungsleiter Patrick Dümmler für einmal zu: «Migros und Coop bilden eine Art Kuschel-Duopol, sie tun sich gegenseitig kaum weh!»
Migros und Coop kassieren auf Schweizer Fleisch und Milchprodukte exorbitante Margen
Das heisst konkret: Migros und Coop kassieren auf Schweizer Fleisch und Milchprodukte Margen, die man diplomatisch als grosszügig bemessen bezeichnen könnte. Weniger diplomatisch könnte man die Margen der zwei marktbeherrschenden Konzerne auch als exorbitant bezeichnen.
Das beweisen aktuelle Daten der Laiteries Réunies Genève LRG, die Hacker den Westschweizer Medien «Le Temps» und Heidi.news zugespielt haben. Bei total 77 untersuchten Milchprodukten hat Migros eine durchschnittliche Brutto-Marge von 46 Prozent. Coop kassiert sogar eine Brutto-Marge von 57 Prozent, bei einigen Produkten bis 92 Prozent.
Zum Vergleich: Manor und Aligro (früher CCA Angehrn) haben Margen von 34 respektive 35 Prozent – und leben damit sehr gut. In den Nachbarländern betragen die Margen für Milchprodukte sogar nur 19 bis 34 Prozent.
Migros und Coop müssten den Schweizer Landwirten mehr bezahlen für Fleisch und Milchprodukte
Und auf wessen Kosten kassieren die Abzocker Migros und Coop diese exorbitanten Margen? Auf Kosten der Bauernfamilien!
«Die Recherche bestätigt, Migros und Coop könnten den Schweizer Produzenten mehr für deren hochwertigen Produkte bezahlen, ohne alles auf die KonsumentInnen abzuwälzen», erklärt Michel Darbellay vom Schweizer Bauernverband SBV.
Der Westschweizer Produzentenverband Prolait fordert deshalb eine sofortige Erhöhung der Richtpreise um 10 Rappen pro Liter Milch. Diese 10 Rappen müssten klar von der Marge der Grossverteiler abgezogen werden, die Preiserhöhung dürfe also nicht zu Lasten der Konsumenten gehen.
Und die Schweizer Milchproduzenten SMP erklären empört: «Angesichts einer Arbeitsentschädigung in der Milchproduktion von unter 20 Schweizer Franken pro Stunde und der aktuell in immer höhere Sphären steigenden Produktionskosten sind Margen im Detailhandel von über 40 über 60 Prozent keinesfalls zu rechtfertigen und schon gar nicht fair!»
Tierschutz- und Konsumenten-Organisationen, Bauernverband und Politiker müssen die Bauern-Abzocker Migros & Coop an die Kandare nehmen
Davon sind wir aber weit entfernt. Und die Massentierhaltungs-Initiative ändert nichts an diesem Skandal. Im Gegenteil, sie würde bei einer (sehr unwahrscheinlichen) Annahme den Druck auf die Schweizer Landwirte noch verstärken.
Wenn wir für eine noch bessere Nutztierhaltung dem Pferd das Zaumzeug von vorne anlegen wollen, dann müssen Tierschutz- und Konsumenten-Organisationen, Schweizer Bauernverband und Politiker die beiden Milliarden-Konzernen Migros und Coop endlich an die Kandare nehmen.