[IMG 2]«Perspektive Schweiz» nennt sich die Wahl-Kampagne in schreiendem Pink, welche die Wirtschaftsverbände und der Schweizer Bauernverband SBV ein Jahr vor den Nationalrats- und Ständerats-Wahlen im Oktober 2023 lanciert haben.
«Geld und Gülle» spotten links-grüne Politiker. Und selbst die freisinnige «NZZ» setzte über die unheilige Allianz den Titel «Der grosse Kuhhandel».
Die Allianz des Bauernverbandes mit den Wirtschaftsverbänden sei «keineswegs abwegig, denn wir Bäuerinnen und Bauern sehen uns als Teil der Wirtschaft und einer wichtigen Wertschöpfungskette», verteidigt sich SBV-Präsident Markus Ritter.
Die Wirtschaftsverbände politisieren gegen die Schweizer Landwirtschaft
Das mag wohl sein. Pi mal Daumen zählen sich auch zwei Drittel der Schweizer LandwirtInnen zum bürgerlichen Lager. Und die Schweizer LandwirtInnen sind ganz sicher UnternehmerInnen. Aber die Dachverbände für Unternehmer – nämlich Economiesuisse, Schweizerischer Gewerbeverband und Schweizerischer Arbeitgeberverband – haben sich in den letzten Jahren nicht gerade als grosse Bauernfreunde gezeigt.
Gerade noch hatte der SBV die Wirtschaftsverbände harsch kritisiert, weil sie den Grenzschutz für Landwirtschaftsprodukte abbauen wollten: «Die Bauern sollen die Rechnung dafür bezahlen, dass andere Branchen bessere Export-Chancen bekommen [...] das ist für die Schweizer Bauernfamilien nicht akzeptabel.»
Und nun steigt der Bauernverband mit genau diesen Wirtschaftsverbänden ins Bett, pardon, in eine Wahl-Kampagne? Damit brüskiert der SBV jene gemässigten Grünen, Grünliberalen und Sozialdemokraten, die sich für die Bauernfamilien einsetzen.
WWF, Pro Natura, Greenpeace und Birdlife treiben die Schweizer Landwirtschaft vor sich her
Zugegeben, ganz unschuldig am Stimmungswandel des SBV sind die gemässigten Links-Grünen nicht. Zumindest nicht jene im Bundeshaus: Bei den Abstimmungen beugten sie sich der Fraktionsdisziplin und stimmten gegen die Landwirtschaft, selbst wenn sie noch Minuten vorher anderes erzählten.
Dazu kam vor den beiden Trinkwasser-Initiativen die Kampagne «Agrarlobby stoppen», welche die Schweizer Bauernfamilien, den Bauernverband und SBV-Präsident Ritter mit martialischer Sprache, Unterstellungen und Verleumdungen verunglimpfte. Hinter der Kampagne standen die Umweltorganisationen WWF, Pro Natura, Greenpeace und Birdlife.
Ironie der Sache: Finanziert wurde die Kampagne von André Hoffmann, Besitzer des grössten Pharma-Unternehmens der Welt Hoffmann-La Roche, das 1976 in Seveso eine der grössten Umweltkatastrophen Europas verursachte.
Die Umweltorganisationen haben die Schweizer Landwirtschaft so in den letzten Jahren vor sich hergetrieben. Jetzt haben sie übermarcht und den SBV in die Hände der Wirtschaftsverbände getrieben. Was ziemlich dumm war.
Die Wirtschaftsverbände haben zwar viel Geld, aber keinen Pfupf
Denn jetzt sind die drei Wirtschaftsverbände und der Bauernverband für die Parlamentswahlen im Oktober 2023 die Allianz «Perspektive Schweiz» eingegangen, die Links-Grün und den Umweltorganisationen die Nationalrats- und Ständerats-Sitze abjagen soll.
Mit der Betonung auf «soll». Denn die drei Wirtschaftsverbände haben zwar viel Geld, aber keinen Pfupf. Sie verlieren so ziemlich jede Abstimmung. Bei der Kampagnen-Lancierung sassen denn auch die Präsidenten von Economiesuisse, Gewerbeverband und Arbeitgeberverband wie Schulbuben neben SBV-Präsident Ritter.
Im dümmsten Fall sitzen nach dem 23. Oktober 2023 gleich viele Bürgerliche im Nationalrat und Ständerat – aber bei den nächsten Volksabstimmungen zu Landwirtschafts-Themen verliert der SBV die Stimmen jener gemässigten grünen, grünliberalen und sozialdemokratischen Stimmbürger, die bisher für die Schweizer Bauernfamilien gestimmt hatten.
Und es braucht wenig Fantasie, um zu prophezeien, dass die Wirtschaftsverbände beim Thema Freihandel dem SBV bei nächster Gelegenheit wieder in den Rücken fallen werden. Allianz hin oder her.