Kurz & bündig
- Ruedi Glauser hat seine Bio-Baumschule in Noflen in über 30 Jahren von einem kleinen Betrieb im Emmental zu einem erfolgreichen Unternehmen mit 17 Vollzeitstellen und vier Lernenden aufgebaut.
- Glauser hat seine Ideen konsequent durchgesetzt. Heute verkauft die Familie Glauser eine breite Palette von Bäumen, Sträuchern und Beeren.
Es wird schon Nacht im Gürbetal, als der Mitarbeiter mit dem Lieferwagen von Glauser’s Bio-Baumschule zurück nach Noflen BE kommt: Die Liefertouren starten früh und enden spät. Ruedi Glauser, eigentlich ins Gespräch vertieft, nutzt die Gelegenheit und zeigt dem Lehrling, wie und wo er das Material für die Lieferung am nächsten Tag einladen soll.
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«Ich bin gerne unter Leuten», sagt Glauser. So gern er Neues lernt, so gern teilt er sein Wissen: Weil er am nächsten Tag noch zwei Föhren abholen muss, dürfen Zaunpfähle, Draht und Stammschutz nicht zu nahe an den Lieferwagenrand platziert werden.
Das Gürbetal liegt zwischen Bern und Thun. Ende November liegt Schnee, die Legehennen scharren neben ihrem mobilen Stall im Schnee, bewacht von einigen Alpakas. «Mit ihrem Verhalten verscheuchen sie Füchse», erklärt Glauser.
Auch das hat er irgendwo gelesen oder gehört und es hat ihn überzeugt: Dann wird umgesetzt. Glauser ist ein Macher und war es schon immer.
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Vom Gürbetal ins Emmental und wieder zurück
Aufgewachsen ist er im bernischen Toffen auf einem Pachtbetrieb, den er bis in die 1990er-Jahre mit seinem Vater bewirtschaftet hat. Obst hat den gelernten Landwirt Glauser schon immer interessiert. Nach dem Baumwärterkurs hat es ihm «den Ärmel reingenommen». Er absolvierte den Kursleiterkurs und war in Teilzeitanstellung an der Fachstelle Obst und Beeren auf dem Oeschberg in Koppigen als Kursleiter tätig. Mit seiner Frau Therese hat er 1990 einen Betrieb in Obergoldbach im Emmental gekauft, umgebaut und ab 1993 selber bewirtschaftet: Bis dann hat er den Vater auf dem Betrieb in Toffen unterstützt. Nach dessen Pensionierung haben sich Glausers in die Arbeit in Obergoldbach gestürzt: Kühe, Bäume, Damhirsche auf einem Kleinbetrieb mit schwierigem Gelände in steiler Lage.
Die Baumschule sei «eher zufällig» entstanden, berichtet Ruedi Glauser. Eigentlich wollte er Obst produzieren, stellte aber fest, dass die Fläche dafür in Obergoldbach schlicht zu klein war, um wirtschaftlich produzieren zu können. Da er aber bereits 3000 Bäume veredelt hatte, versuchte er, diese zu verkaufen – was gelang. Denn in seinen Kursen kam immer wieder die Frage, wo es denn Bäume zu kaufen gebe.
Von Anfang an waren Glausers überzeugt von der biologischen Bewirtschaftungsweise. «Ich möchte mein Umfeld ökologischer machen – aber das nicht einfach fordern, sondern vorleben», sagt Glauser. Auf seinen Reisen in Kanada, Australien und in den USA habe er als junger Rucksacktourist gesehen, wie während der Ernte Tomaten aus Flugzeugen gespritzt wurden. Von dieser Art von Landwirtschaft wollte er weg. Beeindruckt hat ihn dagegen die effiziente Arbeitsweise in anderen Ländern.
In Obergoldbach war es auch der Reiz, zu beweisen, dass eine Bio-Baumschule funktioniert. Gearbeitet haben Glauser und seine Frau viel. Er hat neben dem Betrieb in einem Gartenbauunternehmen gearbeitet, seine Frau hat ihm den Rücken frei gehalten, für einen Arzt Berichte geschrieben und den Haushalt erledigt. «Wir hatten den Betrieb zum Verkehrswert übernommen und mussten unsere Schulden abbezahlen», sagt Glauser.
«Ohne Therese wäre das hier nie möglich geworden», betont Glauser und zeigt auf den Betrieb in Noflen. «Das hier» ist von einer kleinen Baumschule im Emmental zu einer GmbH mit 28 Angestellten gewachsen. Glauser’s Bio-Baumschule beliefert mittlerweile Kunden im ganzen Land mit einer breiten Palette von Bäumen, Sträuchern und Beeren.
Glausers versuchen stets, Kreisläufe zu schliessen
Offen, wissbegierig, mutig sind Begriffe, die auf Ruedi Glauser und seine Frau zutreffen. Glauser sagt, dass er versucht, Kreisläufe zu schliessen. Deshalb bekommen seine Bäume Kompost, deshalb trägt er dem Boden extrem Sorge. Er achtet auf eine gute Krümelung, schätzt die Regenwürmer und versucht, die Bodenstruktur nicht zu zerstören.
«Dieses Jahr war es schwierig, den richtigen Zeitpunkt zu finden, um eine Parzelle Bäume zu roden», sagt er. Die gut zwei Meter hohen Jungbäume werden mit einem Pflug, der gleichzeitig rüttelt, aus dem Boden gehoben. Da der Boden nass war, seien zwar die Bäume leichter aus dem Boden zu entnehmen gewesen – dafür leide die Struktur durch die Maschine.
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Auch zum Kreislaufdenken gehört, dass Glausers im benachbarten Wichtrach einen Betrieb gepachtet haben. Sohn Lukas Glauser ist dort für Mutterkühe, Hühner und den Hofladen zuständig. Der Mist und die Pflanzenkohle der Pyrolyse-Heizung werden kompostiert und in den Boden der Baumschule eingearbeitet.
Mittlerweile wachsen Glausers Bäume nahe am Betriebsgebäude – in den Emmentaler Anfängen hatte Glauser Flächen gepachtet, die teilweise bis zu 40 Kilometer entfernt waren. Denn nach einer Baumgeneration dauert es einige Jahre, bis auf derselben Fläche die nächsten Bäume wachsen können.
Zum Standort in Noflen kam Glauser dank eines anderen Pioniers: Biolandwirt und Pionier Fritz Dähler hatte von Glausers Geschichte gehört und verkaufte ihm 2005 den landwirtschaftlichen Betrieb Limpachmatt. Diesen haben Glausers stetig erweitert und modernisiert. Seit 2023 steht ein modernes Gebäude aus Mondholz in Noflen: Die Jungbäume lagern in einem kühlen Raum, die Büros sind warm und zweckmässig, der Verkaufsladen ist grosszügig.
Vor dem Baumkauf den Apfel anschauen und probieren
Blickfang ist die Sortenausstellung: Wie in einem Museum präsentieren Glausers 400 Obstsorten. In Noflen dürfen die Ausstellungsobjekte durchaus probiert werden. «So können unsere Kunden entscheiden, welchen Apfelbaum sie kaufen möchten», erklärt Ruedi Glauser.
Die Nähe zu seinen Kundinnen und Kunden ist ihm wichtig. Glauser organisiert die Liefertouren der Baumschule und fährt die langen Touren gerne selber. «Ich sehe immer Neues», sagt er. E-Mails mag er eigentlich nicht, Telefonate und den direkten Kontakt schätzt er hingegen. «Da weiss ich, was mein Gegenüber will», sagt er.
Erfahrungen sammeln und immer wieder Neues wagen
Diskutieren, zuhören, nachfragen, beobachten: Ruedi Glauser ist ein wissbegieriger Mensch. «Ich nehme das, was mir etwas bringt», sagt er. Er und seine Frau hätten viel Lehrgeld bezahlt, als sie die Eröffnung der Baumschule wagten. Erfahrungen müsse jeder sammeln, sagt er. «Doch immer zurückschauen, das will ich nicht.»
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Er geht lieber vorwärts und wagt etwas: Nachdem er festgestellt hat, dass es um seinen Betrieb viele Mäuse, aber auch viele Wiesel hat, hat er die Lebensbedingungen für die Raubtiere verbessert. Ast- und Steinhaufen, drei Meter breite Streifen mit Buntbrachen – Glauser hat es gewagt. Vorher hat er pro Jahr mehrere Tausend Franken für die Mäusebekämpfung ausgegeben, aber dennoch viele Bäume an die Nager verloren. Seit er konsequent auf Wiesel setzt, seien es nur noch wenige Bäume pro Jahr.
Nicht bewährt hätten sich hingegen Weidegänse zwischen den Bäumen: Diese haben zwar das Gras gefressen, aber irgendwann entdeckt, dass die Rinde der jungen Bäume auch schmeckt …
Glausers Begeisterung ist ansteckend. Offenbar haben er und seine Frau sie weitergegeben: Die GmbH gehört Ruedi und Therese Glauser und ihren Söhnen Jürg und Lukas. Die Baumschule führt Jürg, Lukas ist für die Landwirtschaft zuständig.
Weiterarbeiten und Pläne für die Zeit nach der Pensionierung
Im Januar 2025 wird Ruedi Glauser 65 Jahre alt. Er will weiterhin arbeiten, aber nach und nach Aufgaben abgeben. Dass er die Administration an Sohn Jürg abtreten konnte, sei eine riesige Erleichterung, sagt er und schaut ein einziges Mal während des gesamten Besuchs etwas grimmig.
Untätig bleiben Ruedi Glauser und seine Frau nicht. Reisen mit dem Zug sind vorgesehen, denn fliegen wollen die beiden möglichst verhindern. Das passt nicht zu ihrer konsequenten Art und ihrem Willen, vorzuleben, was ihnen wichtig ist.
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Betriebsspiegel Glauser’s Bio-Baumschule GmbH
Ruedi, Therese, Jürg und Lukas Glauser, Noflen BE
LN: 25 ha
Kulturen: Baumschule, Weizen, Hafer, Erdbeeren, Kürbis, Tomaten, Bohnen, Haselnussanlage mit Trüffel
Tierbestand: 7 Mutterkühe, 100 Legehennen (Zweinutzungsrasse), 5 Alpakas als Herdenschutz für die Hühner
Weitere Betriebszweige: Direktvermarktung Hofproduktion in Hofladen
Arbeitskräfte: 17 Vollzeitstellen (28 Angestellte), 4 Lernende
www.biobaumschule.ch