Mit der Saanenziege kann eine wirtschaftliche Milchproduktion stattfinden. Wie sieht eine solche in der Praxis aus?
[ REL 1] Erika Bangerter, Bereichsleiterin Zucht beim SZZV: Die Saanenziege ist die Schweizer Rasse mit der höchsten Milchleistung. Entsprechend wird sie von Milchproduzenten sehr geschätzt. Sie ist daher öfters auf grösseren Betrieben anzutreffen.
Die Saanenziege eignet sich als leistungsbetonte Rasse gut für die produzierende Landwirtschaft. Eine extensive Haltung ist ebenso möglich, dann passt sich aber auch das Leistungsniveau entsprechend an.
Knapp die Hälfte aller Schweizer Betriebe mit mehr als 50 Ziegen halten unter anderem oder ausschliesslich Saanenziegen.
Braucht es für die hohe Milchleistung jedes Jahr ein Gitzi?
Es ist nicht zwingend, dass eine Ziege jedes Jahr eine neue Laktation beginnt. Es gibt Betriebe, die auf verlängerte Laktationen setzen und die Ziegen zum Beispiel nur alle zwei Jahre gitzeln lassen.
Dadurch gibt es weniger Gitzi, was die Arbeitsbelastung auf den Betrieben erheblich verringert. Auch das Muttertier wird geschont: Trächtigkeit und Geburt bringen für das Tier auch immer Risiken mit sich und verlangen dem Tier nicht weniger ab als die reine Milchproduktion.
«Die Saanenziege wird von Milchproduzenten sehr geschätzt.»
Erika Bangerter, SZZV
Woran arbeiten Sie züchterisch?
Der SZZV definiert Zuchtziele. Dabei wird unterschieden zwischen:
den allgemeinen Zuchtzielen, die alle Rassen betreffen,
den Exterieur-Zuchtzielen, bei denen es sowohl rassenübergreifende wie auch spezifische Ziele gibt,
den Leistungs-Zuchtzielen, die sich ausschliesslich auf die entsprechende Rasse beziehen.
Auch wenn wir in der Ziegenzucht keine Hochleistungszucht anstreben, so sind wir dennoch bestrebt, die Milchmenge und -gehalte weiter zu fördern, um die Wirtschaftlichkeit der Ziegenzucht zu erhöhen.
Wie bei allen anderen Rassen auch ist uns bei der Saanenziege die Gesundheit, Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit wichtig. Diese Eigenschaften braucht die Ziege im Zusammenhang mit verschiedenen Haltungsformen sowie den topografischen und klimatischen Besonderheiten der Schweiz. Ausserdem achten wir bei der Züchtung auf eine gute Raufutterverwertung für eine standortgerechte Produktion. Daraus resultiert nebst der hohen Milchleistung auch eine ansprechende Fleischleistung.
Die Saanenziege gibt es mit und ohne Hörner. Reinerbig hornlose Tiere sind in den meisten Fällen unfruchtbar. Wie handhaben Sie das bei der Züchtung?
Hornlosigkeit wird dominant vererbt. Das ermöglicht es, bei der Zucht vor allem auf mischerbige Tiere zu setzen, die hornlos und fruchtbar sind. Testen können wir die genetische Anlage mit der SNP-Typisierung: An rund 60'000 Stellen im Erbgut werden Informationen abgelesen. Nebst Merkmalen mit Einfluss auf den Eiweiss- und Fettgehalt der Milch oder die Scrapie-Empfänglichkeit wird auch die Stelle untersucht, die für genetisch hornlos codiert.
So kann der Horn-Genotyp von Ziegen und Zuchtböcken (für letztere ist die SNP-Typisierung obligatorisch) ermittelt und im Herdebuch ausgewiesen werden. Der Horn-Genotyp kann somit in der Zucht berücksichtigt werden.
Die Rasse ist robust. Gleichzeitig sei sie aber anfälliger auf kühl-nasse Witterung als beispielsweise die Gämsfarbige Gebirgsziege.
Je höher das Leistungsniveau, desto höher die Anforderungen an die Haltung. Dies gilt eigentlich für alle Rassen. Verbrauchen die Ziegen Energie, um Wind und Wetter zu trotzen, bleibt entsprechend weniger Energie für die Produktion übrig – und umgekehrt.
Schweizer Nutztierrassen-Lexikon
Aus der Vielfalt der in der Schweiz gezüchteten Nutztier-Rassen gelten heute 38 als Schweizer Rassen.
Wir stellen diese Rinder, Schweine, Hühner und Co. im neuen Nutztier-Lexikon vor.