Die Zahl der Eringerkühe nimmt seit einiger Zeit ab und liegt derzeit bei etwa 6000 Tieren im Herdebuch. Warum sind diese Zahlen rückläufig?
Blaise Maître, Geschäftsführer Eringerviehzuchtverband: Die Zahl der LandwirtInnen ist generell rückläufig, sowohl in der Schweiz als auch in Europa. Diese Entwicklung ist bei der Eringerrasse spürbar.
Der Rückgang in ihrem Ursprungskanton wurde jedoch durch die Züchter aus anderen Kantonen, welche die Arbeit mit der race d’Hérens übernommen haben, kompensiert. Zudem haben die Züchter, die ihren Betrieb aufrechterhalten, ihre Bestände tendenziell erhöht. Infolgedessen ist der Bestand seit mehreren Jahren stabil.
Haben Sie junge Leute, welche die Zucht fortsetzen?
Viele junge Leute zeigen Interesse an der Rasse, aber der Einstieg in diesen Beruf bleibt eine Herausforderung. Es braucht erhebliche Investitionen, um einen Betrieb zu führen. Im Wallis ist es nicht einfach, Betriebe zu finden, die übernommen werden können, und das Land ist begrenzt.
Ist die Haltung von Eringerkühen wirtschaftlich interessant?
Die Eringerrasse kann nicht mit den auf Milch oder Fleisch spezialisierten Rassen konkurrieren. Aber die Verwertung ihrer Produkte ermöglicht einen interessanten Mehrwert für den Züchter, der davon leben möchte.
«Kampfgeist ist bei der Selektion der Kühe sehr wichtig.»
Blaise Maître, Eringerviehzucht-Verband
Der Kanton Wallis unterstützt ausserdem Walliser Nutztierrassen und zahlt beispielsweise 10 Rappen/kg Milch, die zu reinen Eringer Milchprodukten verarbeitet wird. Damit soll die Wertschätzung von Produkten einheimischer Rassen gefördert werden.
Die Eringer sind bekannt durch die Kuhkämpfe. Welche Rolle spielen diese Kämpfe für die Erhaltung der Rasse?
Die soziale und kulturelle Rolle der Rasse ist einer der Grundpfeiler für ihre Erhaltung. Die Kämpfe werden auch in Zukunft eine Rolle spielen.
Was sagen Sie Kritikern, die behaupten, dass Kuhkämpfe nicht dem Tierwohl entsprechen?
Im gesamten Tierreich gibt es eine natürliche Hierarchie zwischen den Tieren, auch bei allen Rindern. Bei der Eringerrasse ist dieser Dominanzinstinkt stärker ausgeprägt und kommt auf natürliche Weise zustande. Während eines Kuhkampfes greift der Mensch nicht ein und das Tier kann den Kampf verweigern. So gesehen fordern wir von den Eringern in der Arena lediglich ein Verhalten, das ihrem Naturell entspricht.
Welche Rolle spielt der Kampfgeist bei der Zucht? Gibt es einen entsprechenden Zuchtwert?
Wie gesagt, sind die Kuhkämpfe für Eringerzüchter von grosser Bedeutung. Das beeinflusst klar die Zucht. Kampfgeist ist bei der Selektion sehr wichtig, auch wenn es noch keinen Zuchtwert gibt. Derzeit wird eine Studie durchgeführt, um den Nutzen der Einführung eines offiziellen Zuchtwerts zu bewerten.
Apropos Zucht: Wie breit ist die Genetik aufgestellt und wie gross ist die Gefahr von Inzucht?
Diesem Aspekt wird von Züchtern und Verband in den Anpaarungsprogrammen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die Verwendung einer grossen Anzahl von Stieren, welche die Kühe mit Natursprung besamen, hält die Inzuchtquote niedrig (Herdendurchschnitt bei 1,81 %).
Welche Zuchtziele werden derzeit besonders verfolgt?
Das Besondere an der Rasse ist, dass sie für drei Zwecke genutzt werden kann: Fleisch, Milch und Kampf. Je nach Affinität des Züchters wird einer der drei Aspekte bevorzugt.
Ziel des Verbandes ist es, die grundlegenden Eigenschaften der Rasse zu erhalten: Robustheit, Fruchtbarkeit und Anpassungsfähigkeit an die Bergwelt.
Schweizer Nutztierrassen-Lexikon
Aus der Vielfalt der in der Schweiz gezüchteten Nutztier-Rassen gelten heute 38 als Schweizer Rassen.
Wir stellen diese Rinder, Schweine, Hühner und Co. im neuen Nutztier-Lexikon vor.