Beim Edelschwein nahm die Anzahl Tiere im Herdebuch in den letzten 10 Jahren ab. Was sind die Gründe?
Adrian Albrecht: Insgesamt hat die Anzahl Muttersauen strukturbedingt und durch die züchterische Effizienzsteigerung abgenommen. Das Herdebuch umfasst aber auch längst nicht alle Schweizer Schweine, sondern nur 10 Prozent. Bei den restlichen Tieren handelt es sich überwiegend um Kreuzungssauen (Edelschwein × Landrasse), die bevorzugt zur Mastferkelproduktion eingesetzt werden.
Aktuell sind rund 8500 Edelschwein-Herdebuch-Tiere verzeichnet. Mit dem Zuchtprogramm und der engen Zusammenarbeit zwischen der Suisag und den Herdebuch-Zuchtbetrieben stellt dies beim Edelschwein eine sehr gute Zuchtpopulation dar.
Woran arbeiten Sie beim Edelschwein aktuell?
Züchterisch streben wir nicht maximale Wurfgrössen, sondern möglichst ausgeglichene Würfe mit bester Aufzuchtleistung an. Unser wichtigstes Merkmal im Zuchtziel ist die Ferkelaufzuchtrate und damit möglichst tiefe Saugferkelverluste. Diese sind in der Schweiz auf erfreulich tiefem Niveau. Dazu tragen auch weitere gewichtete Merkmale wie der Anteil tot geborener oder untergewichtiger Ferkel bei. Mit dieser positiven Entwicklung wird künftig eine sehr moderate Steigerung der Wurfgrössen möglich und sinnvoll sein.
Das Edelschwein wurde gezielt auf Resistenz gegen E. coli F18-Bakterien gezüchtet, welche die Hauptverursacher der Ödemkrankheit sind. Die Selektion auf E. coli F4-Resistenz ist ebenfalls angelaufen.
«Züchterisch streben wir nicht maximale Wurfgrössen an.»
Adrian Albrecht, Leiter Zucht, Suisag
Wie sieht die Zukunft des Edelschweins aus?
Das Edelschwein ist und bleibt die wichtigste Rasse in der Schweizer Schweinezucht. Die Rasse ist geeignet für Betriebe, welche die Rasse reinrassig nutzen und insbesondere auch als Basisrasse für die Produktion von Kreuzungssauen für die Mastferkelproduktion.
Das Edelschwein überzeugt zunehmend auch internationale Kunden. In Westeuropa verändern sich in den nächsten Jahren die Produktionsformen infolge des gesellschaftlichen Drucks. Hier ist eine unkomplizierte Muttersau, welche auf gute, aber nicht auf maximale Leistung gezüchtet ist, zunehmend gefragt.
Ein Beispiel: Die Suisag hat 2021 rund 44 000 Blister Mutterlinien-Sperma in der Schweiz verkauft. In Deutschland und Belgien waren es rund 22 500 solcher Blister. Die Lizenzeinnahmen aus den Sperma- und Jungsauenverkäufen mit Schweizer Genetik im Ausland tragen inzwischen nennenswert zur Finanzierung der Zuchtarbeit in der Schweiz bei.
Welche Bedeutung hat die Rasse Premo in der Schweiz?
Die Rasse Edelschwein Vaterlinie ESV (PREMO®) kann bezüglich Herdebuch-Zahlen nicht mit der Mutterlinie Edelschwein verglichen werden. Bei Premo, der einzigen eigenständig gezüchteten Schweizer Vaterrasse, geht es darum, gute Väter der künftigen Mast- und Schlachtschweine zu züchten: Leistungsstarke Eber mit besten Fleischqualitäts-Eigenschaften und Coli-Resistenz.
Bei Premo steht eine sehr kleine reinrassige Population von rund 200 Sauen auf acht Eberzucht-Betrieben in der Schweiz. Premo-Eber sind aber die Väter von über 1 Million Mastferkel in der Schweiz. Sie haben damit eine grosse Bedeutung für die Schweizer Schweinefleisch-Produktion.
Unser Ziel in der Premo-Zucht sind 400 bis 500 reinrassige Zuchtwürfe. Das ist züchterisch anspruchsvoll und bedingt ein konsequentes Zuchtmanagement mit genomisch optimierter Zuchtwertschätzung.
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