Wie entwickeln sich die Bestände der Freiberger?
Pauline Queloz, Geschäftsführerin SFV: Die totale Anzahl der Freibergerpferde in der Schweiz ist konstant. Allerdings nahm die Anzahl Zuchttiere im Herdebuch über die letzten Jahre ab. Der Rückgang der Bestände ist eindeutig besorgniserregend.
Dann fehlt es nicht an den Tieren, sondern an den ZüchterInnen?
Es ist schwierig, diese Frage genau zu beantworten, da uns keine Zahlen dazu vorliegen. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Zahl der Züchter rückläufig ist, insbesondere angesichts der sinkenden Zahl der Fohlengeburten in den letzten Jahren. Es ist möglich, dass einige Zuchtbetriebe nach einem Generationenwechsel nicht fortgeführt werden oder dass einige Züchter die Zucht aus Rentabilitätsgründen aufgeben müssen.
Woran arbeiten Sie züchterisch?
Derzeit wird geprüft, ob Fremdblut in die Rasse eingebracht werden kann. Die Delegiertenversammlung wird spätestens im April 2023 über diese Frage entscheiden. Darüber hinaus ist es unser Wunsch, gefährdete Hengstlinien zu erhalten. In diesem Sinne werden wir uns wahrscheinlich bald mit einem neuen Programm zur Erhaltung von Zuchtlinien befassen.
Schliesslich steht ein wissenschaftliches Projekt mit dem Namen «Modell 2.0» kurz vor dem Abschluss. Es befasst sich mit der automatischen Beurteilung des Exterieurs von Pferden und der computergestützten Berechnung ihrer Gangarten (Schritt, Trab). Letztendlich könnte dieses Messsystem zu einer effizienteren und marktgerechteren Auswahl von Pferden führen.
Die Anzahl Zuchttiere nimmt ab, gleichzeitig überprüfen Sie die Option des Fremdbluts – ist denn die Genetik der Schweizer Freiberger nicht breit genug aufgestellt?
Die Genetik ist aktuell gut aufgestellt, aber wir müssen alles tun, damit das so bleibt. Deshalb haben wir ein Computertool entwickelt, mit dem Züchter virtuelle Paarungen durchführen können. Die Auswahl der Zuchthengste und ihr richtiger Einsatz bei den Stuten ist von Bedeutung.
Der angesprochene Abwärtstrend bei den FM-Fohlengeburten ist tatsächlich eine unserer grössten Herausforderungen. Den Trend müssen wir umkehren, um den Fortbestand der Rasse zu sichern.
Es ist die Leidenschaft, welche die FM-Zucht am Leben erhält.
Pauline Queloz, SFV
Schliesslich ist es eine unserer Aufgaben, Junge für die Freiberger Zucht zu motivieren. Wir planen, Kurse für junge Menschen zu veranstalten, in denen sie die Grundlagen der Haltung und Pflege von Pferden lernen. Bei unserer wichtigsten Veranstaltung, dem National FM, gibt es einen Wettbewerb für Jungzüchter, bei dem sie dem Publikum zeigen können, was sie mit ihren Pferden können.
Kürzlich erklärte Bundesrat Guy Parmelin, dass der Beitrag von 500 Franken pro Pferd beibehalten wird. Sind diese finanziellen Mittel motivierend genug?
Wir haben das Glück, die Unterstützung des BLW zu haben, das diesen Beitrag für die Erhaltung der Rasse zahlt und uns auch bei Forschungsprojekten hilft. Es ist für die Züchter unerlässlich, dass sie sich vom Bund unterstützt wissen, um ihre Motivation zu erhalten.
Aber die Zucht von Freibergern ist auch mit den 500 Franken nicht rentabel. Mit diesem Betrag können die Deckgebühren und ein Teil der Verwaltungskosten gedeckt werden. Hinzu kommen die Kosten für Futter, Pension, Tierarzt oder Hufschmied.
Die Zucht ist sehr zeit- und kostenintensiv. Es kostet oft mehr, als es am Ende einbringt. Es ist die Leidenschaft, welche die FM-Zucht am Leben erhält.
Nachtrag: Entscheid gegen fremdes Blut
Nach Redaktionsschluss fand am 17. Oktober 2022 eine ausserordentliche Delegiertenversammlung des Schweizerischen Freibergerverbands SFV statt. Dabei wurde der Vorschlag des Vorstands klar angenommen: Das Projekt zur Einführung von fremdem Blut in die Schweizer Freiberger-Population wird sistiert. Das berichtete die BauernZeitung.
Der Grund dafür: Die Stutenprämie von 500 Franken müsse erhalten bleiben, hiess es an der Delegiertenversammlung. Da künftig nur Stuten mit einem Fremdblutanteil unter 12,5 % beitragsberechtigt sein werden, reagierte der SFV proaktiv.
Definitiv entscheiden wird der Bundesrat Anfang November 2022, im Rahmen der Tierzuchtverordnungsanpassung im landwirtschaftlichen Verordnungspaket 2022. Details über die neuen Beiträge und die künftige Unterstützung der Freibergerrasse werden erst danach bekannt gegeben, zitiert die BauernZeitung das Bundesamt für Landwirtschaft BLW.
Grundsätzlich werden jedoch alle Freiberger, die seit 1999 im Herdebuch eingetragen sind, als beitragsberechtigt hinsichtlich der neuen Erhaltungsbeiträge gelten. Das bedeutet, dass die bisher im Herdebuch eingetragenen Freiberger neu alle als reinrassig gelten werden, mit 0 % Fremdblut.
Zum Artikel der BauernZeitung: Der Freiberger verliert beim Bund seinen gesonderten Status
Schweizer Nutztierrassen-Lexikon
Aus der Vielfalt der in der Schweiz gezüchteten Nutztier-Rassen gelten heute 38 als Schweizer Rassen.
Wir stellen diese Rinder, Schweine, Hühner und Co. im neuen Nutztier-Lexikon vor.