Kurz & bündig

- Eine ideale Kolostrum-Versorgung und eine warme Unterbringung des neugeborenen Kalbes bilden die Grundlage für ein schlagkräftiges Immunsystem.
- Werden Eimer, Nuckel und Ventile regelmässig gereinigt, kontrolliert und ersetzt, kann eine Erregerausbreitung beim Tränken deutlich reduziert werden.
- Wenn jedes Kalb seinen eigenen Eimer hat, wird die Durchfallproblematik reduziert.
- Automatenhygiene und die Wasserqualität sind wichtige Faktoren für den erfolgreichen Einsatz eines Tränkeautomaten.

Die kritischen Fragen von Landwirten sind oft ähnlich und absolut verständlich: «In der Natur ist doch auch nicht alles steril. Warum ist es denn im Stall so wichtig?» oder «Ich habe schon immer mehrere Kälber mit nur einem Nuggi getränkt. Warum soll ich das nun ändern?».

Darauf folgt die Gegenfrage der KGD-Tierärztin: «Wie soll die Schoppenflasche des eigenen Säuglings aussehen?» Stille. Niemand erzählt dann, die Flasche würde nur kurz ausgespült und das Nachbarskind dürfe sie noch mitbenutzen. Das macht auch absolut Sinn, sagt uns der gesunde Menschenverstand. Ähnliches gilt auch für die Kälber.

Das Immunsystem neugeborener Kälber ist noch «unerfahren» und kaum belastungsfähig. Besonders wichtig für die Abwehr ist zunächst die rechtzeitige und ausreichende Kolostrum-Versorgung. Es kann nicht oft genug betont werden: Kolostrum ist keine Milch, Kolostrum ist ein hoch wirksames Arzneimittel, das zudem nichts kostet!

Ziel ist das Vertränken von vier Liter sauber ermolkenem Kolostrum einer eutergesunden Kuh in den ersten sechs bis zwölf Lebensstunden. Ist kein oder nur ungenügend hochwertiges Kolostrum vorhanden, helfen eingefrorene Reserven aus der Gefriertruhe weiter.

Der nächste wichtige Faktor ist die Umgebung. Wiederum kommt niemand auf die Idee, dem eigenen Kleinkind die gebrauchten Windeln des Nachbarkindes anzulegen und es damit in die Kälte zu setzen.

Ebenso selbstverständlich sollte es sein, dass jedes Kalb in einem sauberen Böxli oder Iglu mit viel trockenem Stroh untergebracht wird. Kälber sollen in den ersten Lebensstunden und -Wochen nicht mit krankmachenden Keimen konfrontiert werden, etwa mit den Durchfallerregern des zuvor aufgestallten Kalbes.

Ebenso sollten sie möglichst wenig Energie für die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur verwenden müssen. Die Wohlfühltemperatur für Kälber liegt bei 15 bis 20 Grad. Frieren verursacht Stress und schwächt somit das Immunsystem.

Die Bedürfnisse der Kälber in der Stallhaltung berücksichtigen

Die Stallhaltung von Wiederkäuern bringt bei uns zwei wichtige Unterschiede zur «freien Wildbahn» mit sich. Erstens werden die Kälber natürlicherweise im Frühling, also in der warmen Jahreszeit geboren. Im Stall hingegen kommen die Kälber ganzjährig oder, auf vielen Betrieben, vor allem im Herbst und Winter auf die Welt, also in der kalten Jahreszeit.

Und zweitens wird eine frei lebende Kuh für die Geburt einen geschützten, sauberen Platz auswählen und das Kalb im Liegen durch ihre eigene Körperwärme warmhalten bzw. vor Zugluft schützen. In der Stallhaltung ist das kaum möglich und die Körperwärme der Mutter entfällt vollständig, ausser bei der Mutterkuhhaltung.

Es lohnt sich daher, diese Unterschiede in der Stallhaltung zu berücksichtigen und die Bedürfnisse der neugeborenen Kälber optimal zu befriedigen – sie werden es später mit starken Milch- oder Mastleistungen «danken».

Tränken mit Eimer und Nuggi – aber sauber!

Die Tränkebehältnisse müssen (und werden) nicht steril sein, aber sie dürfen sauber sein. Sauber bedeutet, dass die Eimer auch bei ad libitum-Tränke mindestens einmal täglich mit warmem Wasser und alkalischem Reinigungsmittel ausgewaschen und die Nuckel kurz durchgespült werden.

Regelmässiges Aufschrauben der Dichtungen und Ventile ermöglicht die Entfernung von Ablagerungen und die Überprüfung auf Risse und spröde Stellen. Beides kann dazu führen, dass sich Keime festsetzen können und so bei jedem Tränken «verteilt» werden.

Dies gilt auch für die Tränkeflasche, mit welcher das Kolostrum verabreicht wird. Ein Deckel oder Netz (z. B. Haarnetz) auf den Eimern verhindert zusätzlich eine Verschmutzung durch Fliegen. Generell gilt: Je jünger die Tiere, desto sauberer soll das verwendete Material sein.

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Um bei bestehenden Problemen mit Kälberdurchfall die Verschleppung von Keimen zwischen den Kälbern zu verhindern, empfiehlt der Kälbergesundheitsdienst KGD, jedem Kalb in den ersten zwei bis vier Lebenswochen stets seinen «eigenen» Eimer zur Verfügung zu stellen.

Da Beschriftungen am Kessel beim Waschen leicht verwischen, eignet sich zum Beispiel das Anbringen von Halsbandnummern mit Kabelbindern. Auch die Empfehlung eines eigenen Eimers richtet sich nach dem natürlichen Verhalten der Tiere, wo ein neugeborenes Kalb (meist) nur an seiner eigenen Mutter trinkt.

Da in der Stallhaltung zudem die Tierdichte deutlich höher ist als auf dem freien Feld und die Tierzahlen pro Betrieb weiter zunehmen, steigt entsprechend der Erregerdruck pro Fläche an. Je mehr krankmachende Keime pro Luftvolumen oder Fläche in der Umgebung vorhanden sind, desto höher ist leider die Wahrscheinlichkeit für Erkrankungen der Kälber.

Hygiene-Kriterien beim Tränken am Automaten

Werden die Kälber am Automaten getränkt, spielen neben Dosierung und Qualität des verwendeten Milchaustauschers zwei weitere Faktoren eine grosse Rolle: Die Sauberkeit des Automaten und die Wasserqualität.

Folgende Kriterien bezüglich Hygiene sind dabei wichtig:

  • Hygiene beginnt mit dem Standort. Der Automat soll an einem trockenen, gut belüfteten und gut zugänglichen Ort stehen.
  • Die Schlauchlänge zum Nuckel soll so kurz wie möglich gehalten werden und nicht durchhängen, damit sich keine Ablagerungen bilden können.
  • Moderne Geräte verfügen meist über automatische Reinigungsprogramme. Falls nicht, lohnt es sich, eigene Routinen an fixen Wochentagen zur Reinigung und Prüfung zu definieren.
  • Der Pulverauswurf soll täglich überprüft und die Kalibrierung wöchentlich kontrolliert werden. Dafür eignen sich eine einfache Küchenwaage und ein Messbecher. Der Test soll zeigen: Kommt wirklich das raus, was eingestellt ist?
  • Zudem soll der Automat regelmässig durch Fachleute gewartet werden. Die Hygiene des Boilers ist dabei unbedingt zu beachten. Denn dort können sich Keime festsetzen, welche dann in jede Tränkeportion mit hineingespült werden.

Kälber nehmen am Automaten täglich grosse Wassermengen auf, was eine hohe Wasserqualität unabdingbar macht. Immer wieder stellen die KGD-TierärztInnen fest, dass Wasser entweder verunreinigt in die Automaten gelangt oder dort verunreinigt wird.

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Schlechte Wasserqualität kann zu Durchfall und Blähungen führen

Die Kälber zeigen bei verunreinigtem Wasser gehäuft Verdauungsstörungen wie Blähungen und Durchfall. Hier einige Merkpunkte aus Beratungsfällen in der Praxis:

  • Kommt das Wasser aus eigener Quelle, lohnt sich eine regelmässige Prüfung der Wasserqualität.
  • Ablagerungen entstehen oft in alten oder umgenutzten Leitungen, welche dann einen zu grossen Durchmesser und somit eine zu geringe Durchflussrate aufweisen.
  • Sogenannte Stichleitungen, die beim Automaten enden, haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko, Ablagerungen zu bilden.
  • Wird der Automat über ein Zwischenstück (z. B. Gartenschlauch) an die Wasserleitung angeschlossen, ist dieses regelmässig zu ersetzen.
  • Besteht der Verdacht auf schlechte Wasserqualität, lohnt sich das korrekte Entnehmen von Stufenproben an mehreren Stellen.