Kurz & bündig
- Es gibt eine Fülle von Produkten zur Durchfallbehandlung auf dem Markt. Wichtig ist zu wissen, was drin ist, da der Einsatz verschiedener Präparate zusammen nicht immer sinnvoll ist.
- Ein Kalb mit starkem Durchfall verliert schnell viel Flüssigkeit und Elektrolyte. Die drohende Austrocknung und Übersäuerung schnell zu behandeln, ist eine grosse Herausforderung.
- Durchfallkranke Kälber müssen häufig und über den Tag verteilt getränkt werden.
- Wenn ein Kalb nicht mehr selbst trinkt, hilft die Infusion des Tierarztes, die Austrocknung und Übersäuerung zu behandeln.
- Ausreichende Kolostrum-Versorgung ist das beste Mittel, damit Durchfall gar nicht erst entsteht.
Nicht schon wieder! Eine Betriebsleiterin stellt beim morgendlichen Tränken fest, dass eines der Kälber Durchfall hat. Der Patient ist 14 Tage alt und trinkt seine Milch noch mit recht viel Appetit, setzt jedoch sehr flüssigen Mist ab und lässt auch etwas mehr Milch übrig als sonst. Um das Kalb zu unterstützen, gibt sie ein Durchfallpulver der Tierarztpraxis in die Milch.
Beim Mittagessen erinnert ihr Mann sie daran, dass der Besamer beim letzten Besuch ein neues Pulver dagelassen hat, welches gut wirken solle. Das könne sie ja mal ausprobieren. Auf der Packung steht, dass man das Produkt sowohl in der Milch als auch nur mit Wasser vermischt geben kann. Aber kann man es auch zusammen mit dem Pulver vom Tierarzt geben?
Was ist in Tränkezusätzen zur Durchfallbehandlung drin?
Grundsätzlich lassen sich die Tränkezusätze zur Durchfallbehandlung in zwei Arten einteilen:
Einerseits gibt es Elektrolyt-Tränken, welche zum Ziel haben, die entstandenen Flüssigkeits- und Elektrolytverluste auszugleichen. Diese Produkte werden meist mit Wasser angemischt und zusätzlich zu den Milchmahlzeiten angeboten. Es gibt auch Elektrolytprodukte in Form von Pasten, Gels oder Boli, welche direkt ins Maul gegeben werden.
Hier ist wichtig zu wissen, dass in dem Fall das Kalb Zugang zu Wasser haben muss und auch noch fit genug sein muss, um zu trinken, sonst trocknet es trotzdem aus. Würden wir einen trockenen Bouillon-Würfel schlucken, so hätten wir bald darauf auch Durst!
Andererseits gibt es Tränkezusätze mit stopfender Wirkung (Styptika), welche in die Milchtränke oder in Wasser gemischt werden können und die Darmpassage verlangsamen. Zudem enthalten sie Wirkstoffe, welche Giftstoffe im Darm binden können.
Ausserdem ist oft auch Natrium-Bikarbonat (Puffer) enthalten, welches der Übersäuerung entgegenwirkt. Pflanzliche Gerbstoffe wie Eichen-rinde oder auch ätherische Öle (z.B. Oregano-Öl) haben eine unterstützende Wirkung. Häufig sind auch Vitamine und Immunglobuline zugesetzt, welche das Immunsystem des Kalbes stärken.
Einige Produkte enthalten zusätzlich Probiotika (gesunde Darmbakterien), welche die Darmflora unterstützen und den krankmachenden Keimen den Platz wegnehmen sollen. Ausserdem gibt es angesäuerte Durchfalltränken.
Die zwei letztgenannten Produkte (mit Probiotika und angesäuert) werden jedoch häufiger zur Vorbeugung oder dann wieder nach überstandenem Durchfall zur Regeneration der Darmflora eingesetzt.
Nur in der Tierarztpraxis erhältlich sind zudem Tränkezusätze, welche Antibiotika enthalten. Da Durchfall bei jungen Kälbern am häufigsten durch Viren oder Parasiten ausgelöst wird, ist deren Einsatz als erste Massnahme häufig nicht nötig.
Wann kommt welches Mittel zur Anwendung?
Ganz zuerst ein grundsätzlicher Hinweis: Durchfallkranke Kälber profitieren enorm davon, wenn man statt zwei grossen mehrere kleinere Mahlzeiten anbietet. Dies entlastet die Verdauung und meist mögen sie durch den reduzierten Appetit auch nicht so viel aufs Mal saufen.[IMG 2]
Hat das Kalb nur etwas breiigen Mist und ist ansonsten noch munter, so kann gut ein pflanzliches Durchfallpulver zur Unterstützung in die Milch gegeben werden. Zum Ausgleich des Verlustes an Elektrolyten und Flüssigkeit wird entweder eine entsprechende Tränke oder auch ein Gel oder eine Paste gegeben.
Jedoch muss man gut beobachten, ob das Kalb noch Wasser trinkt. Sonst trocknet es trotzdem aus! Diese Gels oder Pasten sind auch bei Mutterkuhkälbern sehr nützlich, da diese Kälber meist nicht gerne aus der Flasche trinken. So ist das Eingeben einfacher.
Kälber mit sehr flüssigem Durchfall brauchen intensive Pflege
Hat das Kalb sehr flüssigen Durchfall, der durch das Stroh durchläuft, so verliert es täglich zwischen 10 und 20 Prozent seines Körpergewichtes an Flüssigkeit. Es ist also eine intensive Pflege nötig, damit dieser übermässige Verlust ausgeglichen werden kann und es nicht zu einer gefährlichen Dehydratation (Austrocknung) kommt.
Ein so schwer erkranktes Kalb mit einem Körpergewicht von 50 kg würde entsprechend 5 bis 10 l zusätzliche Flüssigkeit benötigen, was enorm viel ist. In einem solchen Fall müssen zusätzlich zu den (verkleinerten) Milchmahlzeiten noch 3 bis 6-mal täglich jeweils 2 l Elektrolyttränke verabreicht werden. Dabei sollte auch ein Puffer enthalten sein, da starker und anhaltender Durchfall zu einer Übersäuerung des Körpers führt. Puffer ist entweder im Pulver bereits enthalten oder als grosse Pille zum Eingeben erhältlich.
Mag das Kalb nicht mehr selbst saugen, so kann die Elektrolyttränke auch mit der Sonde verabreicht werden. Aber Vorsicht, das Kalb muss noch schlucken können. Stellt sich der Saugreflex jedoch nicht wieder ein oder kann das Kalb nicht mehr stehen, so ist es jetzt Zeit für eine Flüssigkeitszufuhr über die Vene (Infusion), also einen Anruf in der Tierarztpraxis.
Unser Betriebsleiterpaar hat mittlerweile nach gründlicher Lektüre der Inhaltsstoffe herausgefunden, dass das Pulver vom Tierarzt einen Puffer enthält, jenes vom Besamer hingegen die Milch etwas ansäuert. Die beiden würden sich in der Wirkung also teilweise aufheben, insofern ist eine Mischung nicht ideal. Sie geben statt-dessen Elektrolyt-Gel ins Maul.
Ein guter Plan hilft, rechtzeitig und richtig zu reagieren
[IMG 3]Leider reicht das Elektrolyt-Gel nicht, am Abend mag das Kalb nicht mehr trinken und ist matt. Die Tierärztin kommt und stellt fest, dass das Kalb bereits stark ausgetrocknet ist und legt ihm eine Infusion. Obwohl es einen Wassereimer zur Verfügung hat, hat es nicht genügend getrunken, um seine Verluste auszugleichen.
Hätte dies mit dem Angebot einer Elektrolyttränke verhindert werden können? Im Nachhinein ist das schwierig zu sagen. Jedoch wird die Gelegenheit genutzt, die verschiedenen Produkte zusammen anzuschauen und einen Plan aufzustellen, was wann eingesetzt wird, um beim nächsten Mal möglichst effizient zu reagieren.
Einen Zaubertrank gibt es: das Kolostrum!
Den einzigen wirklichen Zaubertrank haben die Kühe selbst schon lange erfunden, nämlich das Kolostrum. Eine gute Versorgung (4 l in den ersten 6 bis 12 Lebensstunden für jedes Kalb) schützt vor manchem Übel. Später müssen wir uns (vorerst) mit den handelsüblichen Produkten begnügen