Kurz & bündig
- Kolostrum früh verabreichen: innerhalb erster zwölf Lebensstunden «ad libitum», mind. 4 l.
- Milch zur freien Aufnahme anbieten: > 8 l pro Kalb und Tag.
- Milch in drei Schritten reduzieren: 6. Lebenswoche 2 x 4 l/Tag7./8. Lebenswoche 2 x 3 l/Tag9./10. Lebenswoche 2 x 2 l/Tag
- Kälber-Booster am ersten Lebens-tag einige Stunden nach erster Kolostrumgabe verabreichen.
Kolostrum ist für die Tiergesundheit von übergrosser Bedeutung. Deshalb sollte jeder Betrieb seine Kolostrum-Versorgung mindestens einmal pro Jahr überprüfen. Wichtig ist das auch für Betriebe, die aktuell keine Probleme in der Kälberaufzucht haben.
Ziel ist es, herauszufinden, wie hoch der Anteil der Kälber ist, welche nicht ausreichend mit Kolostrum versorgt werden. Der Kälbergesundheitsdienst begleitet Betriebe bei dieser Untersuchung. Sie ist für Züchter und Mäster von grosser Bedeutung ist.
Kälber-Booster begünstigen den Start des Kalbes
Vollmilch als entscheidende Nahrungsgrundlage des neugeborenen Kalbes enthält nur geringe Mengen an wichtigen Spurenelementen (wie Eisen, Kupfer, Mangan, Selen), fettlöslichen Vitaminen (Vitamin D und Vitamin E) und Mineralstoffen (Calcium, Phosphor und Magnesium).
Diese geringen Mengen reichen nicht aus für ein zügiges Wachstum und damit eine optimale Entwicklung des Kalbes. Um die Defizite auszugleichen, sollten Landwirte am ersten Lebenstag einige Stunden nach der ersten Kolostrum-Versorgung einen Kälber-Booster verabreichen.
Diese Präparate werden von vielen Futtermittelfirmen angeboten, meistens als Paste in Tuben. Sie enthalten neben Spurenelementen, fettlöslichen Vitaminen und Mineralstoffen Probiotika (meist Enterococcus faecium SF 68 oder Milchsäurebakterien), B-Vitamine sowie Pflanzenextrakte. Die verschiedenen Produkte variieren stark hinsichtlich der Menge an Spurenelementen und anderen Inhaltsstoffen.
Gesunde Kälber werden leistungsstarke Masttiere und Milchkühe
Die «ad libitum»-Tränke gilt heute als die optimale Methode, um bereits in den ersten Lebenswochen tägliche Zunahmen zwischen 700 und 1000 g zu erreichen. Das Prinzip ist, dass die Kälber wie bei der Aufzucht am Muttertier so viel Milch trinken können, wie sie wollen. Dies begünstigt eine gute Tiergesundheit insbesondere in der kalten Jahreszeit.
Die «ad libitum»-Tränke ist kurzfristig vorteilhaft für eine starke Konstitution. Die Kälber erkranken seltener.
Langfristig ergeben sich Vorteile für die spätere Leistungsfähigkeit als Masttier oder Milchkuh im Zusammenhang mit der sogenannten metabolischen Programmierung.
Die Ansäuerung der Milch auf einen pH-Wert von 5,5 soll eine Vermehrung der Bakterien der Milch im Tränke-Eimer verhindern. Dieser Aspekt ist primär in der warmen Jahreszeit wichtig. In der kalten Jahreszeit verzichtet die Mehrzahl der intensiv tränkenden Betriebe inzwischen auf jegliche Ansäuerung.
Sofortmassnahmen für die Praxis
- Bei der praktischen Umsetzung des Konzeptes «ad libitum-Tränke» gilt es zu berücksichtigen:
- Die Kälber müssen die Milch stets ab dem ersten Lebenstag «ad libitum» erhalten (nach Belieben). Zwei Mal täglich wird warme Vollmilch angeboten. Die im Laufe des Tages erfolgende Abkühlung ist unproblematisch.
- Bewährt haben sich weiche Nuckel, die einen relativ hohen Saug-Widerstand haben. Grundsätzlich ist langsames Trinken vorteilhaft für die Verdauungs-vorgänge. Entscheidend ist, dass die Kälber nie den Eindruck haben, dass Milch sehr knapp ist. Denn dann trinken sie schnell, was Verdauungsstörungen begünstigt (Pansentrinken, Aufblähen, Durchfall).
- Die Nuckel-Eimer sollten mit einem Deckel versehen werden, um Verschmutzungen zu vermeiden. Die Nuckel-Eimer werden nur zum erneuten Befüllen abgenommen. In der übrigen Zeit bleiben sie beim Kalb. Einmal pro Tag soll der Eimer mit warmem Wasser ausgespült und der Nuckel mit Wasser durchgemolken werden.
- Im Durchschnitt saufen die Kälber in der ersten Lebenswoche etwa 8 Liter pro Tag, in der zweiten Lebenswoche 10 Liter und in der dritten und vierten Lebenswoche 10 bis 12 Liter Milch. Die Tränkeaufnahme der «ad libitum» getränkten Kälber variiert allerdings von Kalb zu Kalb erheblich.
- Gutes, weiches Heu und Kraftfutter (pelletiert oder Flakes) sollten bereits in der ersten Lebenswoche angeboten werden. Die Kraftfutter-Aufnahme ist in den ersten drei Lebenswochen zwar sehr gering. Der spielerische Umgang mit dem Kraftfutter führt aber zu einer frühen Gewöhnung an Beifutter und begünstigt eine hohe Aufnahme in der späteren Aufzucht.
- Um einen Wachstums-Einbruch während des Abtränkens zu verhindern, empfiehlt sich die «ad libitum»-Tränke über fünf Wochen. Anschliessend sollte zügig abgetränkt werden. Empfohlen wird das «step down»-Verfahren. Schritt für Schritt wird reduziert:6. Lebenswoche 2 x 4 l/Tag7./8. Lebenswoche 2 x 3 l/Tag9./10. Lebenswoche 2 x 2 l/Tag
Aus dem Alltag der KGD-Tierärzte . . .
Regelmässig stellen Tierärzte des Kälbergesundheitsdienst (KGD) Fälle und deren Lösung vor. Martin Kaske und Rebecca Scheidegger vom Schweizer Kälbergesundheitsdienst der Vetsuisse-Fakultät Zürich haben sich mit der Tränkephase befasst.