Kurz & bündig

- Ein guter Start in die Laktation ist das A & O. Dazu gehört eine ausgewogene Ration.
- Eine angepasste Fütterung beugt zum Beispiel einer Pansenazidose vor.
- Bei Kälbern verhilft eine intensive Tränkung zu einem guten Start ins Leben, tadellose Hygiene vermindert das Risiko für Durchfall-Erkrankungen.

Die Anfrage des Bestandestierarztes war unspektakulär: Der Landwirt sei ein versierter Züchter und überdurchschnittlich engagiert. Er habe keine massiven Bestandesprobleme, doch während der zurückliegenden Monate recht hohe Tierarztkosten. Nun wünsche der Landwirt eine Auswertung der Situation und Empfehlungen für eine Verbesserung.

Der Besuch fand wenig später statt, auf einem schönen Hof in der Nähe von St. Gallen, wo Jakob Gahlen 30 Braunviehkühe in einem Boxenlaufstall hält und 27 ha Grünland bewirtschaftet. Die durchschnittliche Milchleistung lag bei 8200 kg Milch/305 Tage, die mittlere Zellzahl unter 90 000/mL und das Erstkalbealter bei 27 Monaten. Tatsächlich waren aber die Tierarztkosten im zurückliegenden Jahr mit 12 000 Franken hoch. Die Frage war: Was steckte dahinter?

Eine Bestandesaufnahme der Auffälligkeiten in der Herde

Folgende Ergebnisse ergab eine ausführliche Befragung von Landwirt und Bestandestierarzt bei einer sehr guten Tasse Kaffee im gemütlich eingerichteten Besprechungsraum:

  • Die Kälberaufzucht war eigentlich zufriedenstellend. Zwar litten einige Tiere in der zweiten Lebenswoche an Durchfall, doch schon nach zwei Tagen sei die Kotkonsistenz der meisten Kälber wieder normal.
  • Klinische Euterentzündungen waren relativ selten.
  • Hinsichtlich der Fruchtbarkeit fiel auf, dass die Rinder praktisch alle mit der ersten Besamung tragend wurden, bei den mehrkalbigen Kühen jedoch nach einer freiwilligen Wartezeit von 45 Tagen deutlich mehr Aufwand getrieben werden musste. Zudem waren in der letzten Zeit Nachgeburtsverhaltungen häufig.
  • Ein Herdenschnitt wurde routinemässig dreimal im Jahr durchgeführt, wobei neben einigen Tieren mit Mortellaro in den zurückliegenden Monaten immer wieder Weisse-Linie-Defekte und doppelte Sohlen auffielen.
  • Sieben Kühe mussten im letzten Jahr wegen Milchfieber tierärztlich behandelt werden.
  • Während der Galtperiode erhielten die Trockensteher Futterreste der anderen Milchkühe, altes Heu und ältere Grassilage.
  • Die Tiefliegeboxen der laktierenden Kühe enthielten Strohmehl und Kalk und waren dank täglich zweimaliger Pflege in einem sehr guten Zustand.
  • Der Betrieb verfügte über einen Futtermischwagen und legte die Ration bestehend aus einem Grassilageballen, Emd, Heu und Maissilage täglich frisch vor. Zusätzlich wurden eine Vierkornmischung (4 bis 5 kg pro Tier pro Tag), Eiweissfutter und Mineralfutter angeboten.

Eiweisskonzentration beeindruckend, Milchleistung schwankt

Einen Hinweis auf das eigentliche Problem ergab ein Stalldurchgang mit Befundung der Körperkondition der Tiere sowie eine intensivere Betrachtung der Milchkontrollergebnisse des letzten halben Jahres.

Zwar waren die Eiweisskonzentrationen der Herde nicht zuletzt aufgrund züchterischer Bemühungen beeindruckend, doch schwankte die mittlere Milchmenge zwischen aufeinanderfolgenden Monaten auffallend (im Extrem zwischen 26 und 32 l/Tag).

Zudem fiel auf, dass der Anteil der Kühe der Herde mit einem Fett-Eiweiss-Quotienten von unter 1 stark variierte. In einem Monat war das bei keiner Kuh der Fall, in einem anderen Monat bei 11 von 23 Kühen (48 %).

Diese Befunde deuten auf eine Pansenazidose bei vielen Kühen hin, d. h. eine Übersäuerung des Panseninhalts aufgrund eines hohen Kraftfuttereinsatzes. Auch die bei der Klauenpflege aufgefallenen doppelten Sohlen mit oder ohne Weisse-Linie-Defekten werden häufig als Begleitsymptom von Pansenazidosen gefunden. Insbesondere in der Frühlaktation fiel zudem auf, dass die Eiweisskonzentrationen in der Milch bei bis zu 70 % der Tiere in den ersten 100 Tagen der Laktation unter 3 Prozent lag: Ein klarer Hinweis auf eine ungenügende Energieversorgung.

Somit ergaben sich folgende Problemfelder:

  • Ein zu hoher Anteil festliegender Kühe als Konsequenz einer nicht optimalen Galtperiode.
  • Die schwankende Zusammensetzung der Ration mit teilweise zu hohem Kraftfutteranteil.
  • Die insbesondere in der Frühlaktation häufig ungenügende Energieversorgung der Kühe.
  • Der relativ hohe Anteil durchfallkranker Kälber.

Erste Hinweise für die Fütterung der Galtkühe

Im Hinblick auf das Problem des Festliegens wurde empfohlen, die Mineralstoffversorgung auf ein spezielles Trockenstehermineral mit sehr niedrigem Kalziumgehalt umzustellen. Zusätzlich sollte ein Kalzium-Bolus bei allen mehrkalbigen Kühen bereits in den Stunden vor der Kalbung sowie ein weiterer Bolus direkt nach der Geburt verabreicht werden.

Grundsätzlich gilt bezüglich der Galtperiode, keine Futterreste anderer Kühe zu verfüttern, sondern nur hygienisch einwandfreies Futter mit niedriger Energiekonzentration (ca. 5,6 MJ NEL/kg TS), um dann in den letzten Tagen vor der Kalbung die Ration anzufüttern, die auch nach der Kalbung vorgelegt wird.

Die Ration konstant halten und der Leistung anpassen

Eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Milchproduktion ist eine der Leistung angepasste und vor allem konstante Rations-Zusammenstellung. Entsprechend empfiehlt es sich, die Ration möglichst immer von der gleichen Person oder bestmöglichst abgestimmt anzumischen. Dabei entscheidet die Reihenfolge der Zugabe der Komponenten über die Mischgenauigkeit: grundsätzlich Langgut vor Kurzgut und trockenes Futter vor nassem Futter.

Der hohe Anteil energetisch unterversorgter Kühe in der Frühlaktation bei gleichzeitig immer wieder azidotischer Stoffwechsellage ist eine besondere Herausforderung, denn als Konsequenz sollte die Grundration energetisch aufgewertet werden, während gleichzeitig die Kraftfuttermenge tendenziell vermindert wird.

Um diese scheinbar widersprüchlichen Ziele zu erreichen, bietet sich der Einsatz von Pressschnitzelsilage an. Mit 10 bis 20 kg Frischmasse (2 bis 5 kg TM) je Tier und Tag können hohe Leistungen effizient ausgefüttert werden, denn Pressschnitzelsilage enthält aufgrund eines hohen Pektingehalts eine hohe Energiekonzentration. Andererseits wird der pH-Wert im Pansen durch die geringen Zucker- bzw. Stärkemengen in Pressschnitzeln kaum beeinflusst. Auch ein erhöhter Anteil an Maissilage in der Ration kann das Grundproblem in dieser Herde reduzieren.

Im Kälberstall Wert auf Hygiene legen und intensiv tränken

Bleibt noch der Kälberstall: Hier hat sich die intensive Tränkung bewährt, d. h. Milch sollte ab dem ersten Lebenstag möglichst zur freien Aufnahme («ad libitum») angeboten werden. Für die Vermeidung von Durchfällen ist es zudem wichtig, dass die Kälberiglus nach der Ausstallung des letzten Kalbes gemistet, mit einem Hochdruckreiniger gesäubert und mehrere Tage leer stehengelassen werden. Das gründliche Abtrocknen und Sonnenlicht führen dann zu einer nachhaltigen Verminderung des Infektionsdrucks und damit einem reduzierten Risiko für Durchfall.

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Schon wenige Wochen später hatte sich die Situation auf dem Betrieb durch die Umsetzung der meisten Empfehlungen erheblich gebessert: die Milchleistung stieg auf im Mittel 30 Liter pro Tag, die Kälber kamen überwiegend problemlos durch die ersten Lebenswochen und die Tierarztkosten sanken deutlich. Was können doch relativ einfache Massnahmen die Herdengesundheit verbessern – und damit für zufriedene Mienen bei allen Beteiligten sorgen!