Kurz & bündig
- Durch eine Infektion mit Klebsiellen kann eine Kuh an einer Blutvergiftung sterben.
- Das Euter kann aber auch mit Klebsiellen infiziert sein, ohne dass man Krankheitsanzeichen sieht.
- Klebsiellen kommen in der Umwelt vor und lieben Feuchtigkeit. Dreckige Euter und feuchte Einstreu sind die wichtigsten Risikofaktoren.
- Der Keim kann sich auch an Kühe anpassen und wurde auf Zitzengummis nachgewiesen. Korrekte Melkarbeit und Zwischendesinfektion sind bei der Bekämpfung wichtig. Trockensteher sollten nicht vergessen werden.
Probleme mit Klebsiellen-Infektionen sind zu einer der häufigsten Anfragen bei Rindergesundheit Schweiz (RGS) geworden, und das nicht nur bei Betrieben mit einem Melkroboter.
Es ist gut möglich, dass die schwer erkrankten Kühe bei einer Problematik mit Klebsiellen (siehe Kasten «Was ist das für ein Keim?») nur die Spitze des Eisbergs sind. Nach Erkenntnissen aus den USA bleiben 30 Prozent der Infektionen bis zu 100 Tage lang unerkannt. Das heisst, die Klebsiellen sind bereits unbemerkt im Euter und werden über die Milch in die Umgebung ausgeschieden. Auch eine Kuh, die nach der Therapie wieder gesund erscheint, kann weiterhin Klebsiellen verbreiten.
Klebsiellen-Ausscheidung geschieht mit dem Mist
Klebsiellen werden ausserdem von gesunden Kühen mit dem Mist ausgeschieden. Eine kraftfutterreiche Fütterung, eine schnelle Magen-Darm-Passage und die Bildung von Biofilmen können begünstigen, dass die Keime die Reise durch den Magen-Darm-Trakt überleben.
Grundsätzlich gehören die Klebsiellen zu den Umweltkeimen. Sobald sie mit der Milch oder dem Mist in die Umwelt gelangen, besiedeln sie die Einstreu. In Einstreumaterialien wie Sägespänen oder anderen holzartigen Substanzen sind im Vergleich zu anderer Einstreu (Stroh, Sand) häufiger Keime wie Klebsiellen oder E. coli (Erreger des Kreuzviertels) nachweisbar.
Je sauberer und trockener ein Stall, desto weniger Klebsiellen
Klebsiellen lieben Feuchtigkeit. Sie hilft ihnen dabei, Biofilme zu bilden, in denen sie länger überleben können. Deshalb gilt: Je weniger Feuchtigkeit im Stall, desto weniger Klebsiellen. Es gibt Einstreu, die von Anfang an eine hohe Feuchtigkeit aufweist, wie z. B. Feststoff-separierte Gülle oder Liegeflächen in Kompostierungsställen, die aufgrund einer zu niedrigen Prozesstemperatur und/oder sehr hoher Luftfeuchtigkeit im Stall vor allem im Winter nicht abtrocknen können.
Zudem befindet sich in Liegeboxenställen häufig Einstreu zur Aufbewahrung im Kopfraum. Der Speichel beim Wiederkäuen, feuchte Ausatmungsluft sowie generell schlechte Belüftung des Stalls bringen Feuchtigkeit in das frische Nachstreumaterial, das eigentlich bei der täglichen Boxenpflege für eine saubere und trockene Euterliegefläche sorgen soll.
Die Eutersauberkeit ist einer der Faktoren, die eng mit dem Vorkommen von Klebsiellen und von Umweltkeimen ganz allgemein verbunden werden. Bei einer Beurteilung der Eutersauberkeit von 1 (sehr sauber) bis 4 (stark verdreckt), waren 55 Prozent der Euter mit einem Wert von 3 oder 4 mit Klebsiellen kontaminiert. Vom Euter in die Zitze ist der Weg dann nicht mehr so weit. Insofern ist die Vermeidung einer Kontamination der Zitzen bei der Bekämpfung zentral.
Auch die Sauberkeit der Tränken spielt eine Rolle. Schlecht zu reinigende Tränken oder eine geringe Reinigungsfrequenz bieten den Klebsiellen ideale Bedingungen. Haben sich bereits Biofilme gebildet, müssen diese mechanisch mit Bürste und allenfalls Reinigungsmittel entfernt werden.
Was ist mit den unerkannt infizierten Kühen?
Doch reicht es, die Faktoren aus der Umwelt zu bekämpfen? Es wird in verschiedenen Studien berichtet, dass Klebsiellen sich immer mehr ans Euter anpassen und dass man sie auch schon in Zitzengummis nachweisen konnte.
Ausserdem dürfen wir die Kühe nicht vergessen, die mit Klebsiellen infiziert sind, aber denen wir noch nichts ansehen. Auch sie können den Keim beim Melken übertragen. Gerade Roboterbetriebe sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, da viele Tiere an demselben Melkzeug gemolken werden. Ohne wirksame Zwischendesinfektion der Bürsten/Vormelkbecher sowie der Zitzenbecher kann das verheerend sein.
Bei freiem Tierverkehr haben die Kühe ausserdem die Möglichkeit, sich direkt nach dem Melken hinzulegen, bevor der Zitzenkanal sich wieder verschlossen hat. Penible Boxenpflege, eine gründliche Zitzenvorreinigung und wirksame Zwischendesinfektion sind entscheidend. In Betrieben mit Melkständen hat sich in Ergänzung zur normalen Melkhygiene die Anwendung eines Euterreinigungsschaums (sog. Predipping) bewährt.
Beim Trockenstellen können die Keime überhandnehmen
Was passiert, wenn die Kuh nicht mehr gemolken wird? Bereits mehrmals war Rindergesundheit Schweiz mit dem Problem konfrontiert, dass Galtkühe kurz nach dem Trockenstellen schwer erkrankten oder sogar starben.
Möglich ist, dass diese Kühe vor dem Trockenstellen bereits infiziert waren. Durch den Melkvorgang wurde das Euter täglich gespült und die Infektion war unter Kontrolle. Sobald dieser Spülvorgang wegfällt, können die Keime überhandnehmen und die Kuh wird krank.
Diese Vermutung trägt dazu bei, dass RGS bei Bestandesproblemen mit Klebsiellen vorübergehend empfiehlt, die Kühe mit einem Trockensteller, der auch gegen Klebsiellen wirksam ist, zu behandeln. Werden eutergesunde Kühe mit einem Zitzenversiegler trockengestellt, muss auf peinliche Sauberkeit geachtet werden (Link zum RGS-Merkblatt am Ende des Artikels).
Impfung gegen E. coli kann den Verlauf abschwächen
Trotz intensiver Therapie sterben Kühe an Klebsiellen-Infektionen. Da Klebsiellen-Infektionen mit E. coli so eng verwandt sind, kann die entsprechende Impfung auch dagegen ein-gesetzt werden. Das verhindert zwar die Infektion nicht, kann den Verlauf aber so weit abschwächen, dass die Kühe nicht mehr sterben.
Klebsiellen und andere Umweltkeime wird es immer rund um die Kuh geben. Eine Impfung macht deshalb nur als Teil eines Gesamtkonzepts Sinn. Die übergeordneten Ziele sollten sein, die Abwehr der Kuh zu optimieren, den Erregerdruck zu senken und die Verschleppung zu verhindern.
Klebsiellen: Was ist das für ein Keim?
Wie E. coli, der Erreger des Kreuzviertels, gehören auch Klebsiellen zu den Enterobacteriaceae. Das ist eine Gruppe von Erregern, die typischerweise den Darm bewohnen. Gelangen sie an andere Körperstellen, speziell ins Euter, so können sie zu schweren Entzündungen führen. Das liegt an den Giftstoffen, den sogenannten «Endotoxinen», die sie freisetzen. Diese können zu einer Blutvergiftung führen, die bei einer Klebsiellen-Infektion meist noch ausgeprägter ist als beim Kreuzviertel.
Klebsiellen können ausserdem tief ins Gewebe eindringen und sind dort vor dem Immunsystem und vor Antibiotika geschützt. Zusätzlich bilden sie Biofilme, eine Art schleimige Schutzschicht, welche eine Therapie erschweren kann und das Überleben in der Umwelt vereinfacht. Das erklärt, weshalb selbst der Einsatz von Reserveantibiotika häufig nicht zum erwünschten Erfolg führt.
Beim tiefen Eindringen ins Gewebe können milchbildende Zellen zerstört werden. Selbst wenn sich die Kuh von der Infektion wieder erholt, bleibt sie deshalb häufig in der Leistung zurück. Das Risiko, aus dem Bestand abzugehen, ist gegenüber dem Kreuzviertel deutlich erhöht.