Wer ist gesünder? Sind es Milchvieh-Kälber, die an am Euter trinken oder Kälber, die per Eimer getränkt werden? Beide gleich, sagt eine FiBL-Studie im Projekt ProYoungStock, die auf zwei Milchviehbetrieben durchgeführt wurde. Zweimal täglich erhielten Kälber die ungefähr gleiche Menge Milch – eine Gruppe per Eimer, die andere Gruppe per Euter der Mutter. Das Resultat: Es war kein Unterschied der Immunwerte im Blut erkennbar, beide Gruppen waren gleich gesund. Nur was die psychische Gesundheit angeht, gab es einen klaren Unterschied: Die Eimer-Kälber zeigten viel häufiger die Verhaltensstörung des gegenseitigen Besaugens.

Je mehr Milch Kälber trinken, desto gesünder sind sie

Doch warum beobachten LandwirtInnen oft, dass es den am Euter trinkenden Kälbern gesundheitlich besser geht? Dem kam eine FiBL-Doktorarbeit auf die Spur. Eine Literaturrecherche belegte die guten Tageszunahmen bei kuhgebunden aufgezogenen Kälbern. Zusätzlich wurden Gesundheitsdaten von Kälbern auf 14 Milchviehbetrieben mit kuhgebundener Aufzucht erfasst.

Die Ergebnisse der Doktorarbeit legen nahe, dass der entscheidende Faktor für die Kälbergesundheit die Milchmenge sein muss: Je mehr Milch und gute Zunahmen, desto gesünder. Aber einen grossen Vorteil zeigte das Saugen am Euter dennoch, reduzierte es doch deutlich die Menge und Einsatzhäufigkeit von Antibiotika bei den Kälbern. Dass der Gesundheitsstatus auch mit weniger Antibiotika in der Praxis so gut ist, mag daran liegen, dass Haltung, Management und eine gute Beobachtung der Kälber in der kuhgebundenen Kälberaufzucht systembedingt stärker im Fokus stehen.

 MERKBLATT: MUTTER- UND AMMENGEBUNDENE KÄLBERAUFZUCHT IN DER MILCHVIEHHALTUNG

 

StandPunkt von Peter Schmid, Landwirt: Tschüss Cabaret! [IMG 2]

Meist pünktlich nach sechs Wochen begann das «Cabaret»: Die Kälber bekamen Durchfall und anderes. Mit intensiver Pflege kamen sie über den Berg, aber Wachstums-verzögerung war die Quittung.

Vor anderthalb Jahren haben wir dann vom Eimer aufs Euter umgestellt: Zweimal täglich wurden die Kühe zu den Kälbern gelassen, dazwischen in der Gruppe auf die Weide. Seitdem sind die Kälber gesund, fressen mit zwei Wochen schon Gras, das Besaugen stoppte und das Sozialverhalten war besser. Die Jungen lernten von den Älteren, gingen von Anfang an in der Gruppe auf der Weide. Das Minus im Milchtank glich sich durch schwerere Kälber aus.

Seit kurzem gehen wir einen Schritt weiter. Die Kälber bleiben 24 Stunden bei der Mutter. Der Vorteil: Noch mehr Zeitersparnis. Im Milchtank gibt es trotz «rund um die Uhr»-Trinkmöglichkeit kaum einen Unterschied, denn die Kühe geben beim Melken die Milch besser ab. Doch aller Anfang ist schwer, nicht alle kommen mit der Umstellung gut klar. Einige Kühe sind gestresst, entzündete Viertel treten auf.