Die Robinie ist eine fremde Baumart, die vor rund zweihundert Jahren ins Tessin eingeführt wurde und sich seither stark ausbreitet. Die Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, die Holzindustrie-Vereinigung Federlegno, Agroscope, die kantonale Fachhochschule Mezzana, das Inforama in Koppigen BE sowie die Küferei Suppiger haben in einem dreijährigen Projekt untersucht, ob sich die Robinie wirtschaftlich nutzen lässt. Konkret: Ob sie sich zur Herstellung von Holzfässern für den Grappa-Ausbau eignet.
An einer Degustation konnten sich Interessierte ein Bild des versuchsweise produzierten Robinien-Grappas machen. Das angenehm fruchtige, rauchige Aroma des sechs Monate alten Grappas hat das Interesse der regionalen Produzenten sofort geweckt. Diverse 25-Liter-Fässer sowie ein 225-Liter-Barrique-Fass wurden bereits bestellt.
In Tessiner und Südbündner Robinien-Holz ausgebauter Grappa von Merlot-Traubentrester hat offensichtlich ein erhebliches Potenzial als Nischenprodukt und bietet die Möglichkeit zur kontrollierten Herkunftsbezeichnung IGP (Indication Géographique Protégée), einer Qualitätsauszeichnung, welche vom Schweizer Gesetz geschützt wird. Das neue Produkt ist also nicht nur speziell im Aroma, es kann auch mit Herkunftsgarantie angepriesen werden – ein geschätztes Merkmal in Zeiten, in welchen wir uns der Fragilität internationaler Lieferketten wieder mehr bewusst geworden sind.
Kommentar von Fabian Wahl, Bereichsleiter Mikrobielle Systeme Lebensmittel, Agroscope: Eine Co-Kreation [IMG 2]
Mit anwendungsorientierter Forschung will Agroscope mit diversen Akteuren (Kantone, Bund, Industrie, Produzenten) gemeinsam forschen. Diese Co-Kreation trägt zur Verbesserung der Wirkung der Forschungsaktivitäten bei, indem von Beginn an zusammen nach innovativen Lösungen gesucht wird. Damit ist die Motivation zur Umsetzung von Anfang an gegeben, die vorgeschlagenen Lösungen und Entwicklungen werden zu innovativen Selbstläufern.
Das Einhalten von gewissen Grundregeln erhöht die Erfolgschancen. Respektvoller Umgang mit anderen Ideen und Ansichten, die Erwartungen der anderen kennen und respektieren sowie einander zuhören und offen kommunizieren gehören ebenfalls dazu.
Das Projekt «Grappa im Robinien-Holz», welches finanziell durch den Fond zur Förderung des Wald- und Holzforschung im BAFU sowie durch Eigenleistung aller Projektbeteiligten zustande kam, ist ein Beispiel für erfolgreiche Co-Kreation in der Landwirtschaft.