Kurz & bündig

- Kälber brauchen neben bedarfsgerechter Fütterung viel Wärme, Luft und Licht.
- Eine Reduktion der Schadgase kann durch häufige Entmistung und durch Frischluftzufuhr gewährleistet werden.
- Zugluft (> 0,2 m/sec) muss vermieden werden.
- Die Wohlfühlzone für Kälber bis 150 kg Körpergewicht liegt bei 15 bis 20 Grad.
- Sobald der Pansen gut funktioniert, gibt er Wärme ab und kann als innere Heizung bezeichnet werden (frühestens ab einem Körpergewicht von 180 kg).
- Kälber können sich auch an kältere Temperaturen anpassen, brauchen aber Zeit und Energie, tiefe, trockene Einstreu und Schutz vor Wind und Nässe.

Eine Familie erwartet ein Baby und richtet das Kinderzimmer ein. Worauf wird dabei wohl geachtet? Im Keller wird das Kind bestimmt nicht untergebracht. Dort ist nämlich die Luft schlecht (zu kalt und feucht, kaum Frischluftzufuhr), es gibt kein Licht (ohne Fenster kein Tageslicht) – und einfach zugänglich ist der Keller auch nicht.

Fragen Sie sich nun als Landwirt, was das soll? Die Antwort ist einfach: Kälber sind wie Babys, sie brauchen neben artgerechter Fütterung auch unbedingt Wärme, Luft und Licht. Luft und Licht, das kostet nicht! Und trotzdem ist beides nicht in allen Kälberställen eine Selbstverständlichkeit.

Wie hoch ist die Wohlfühltemperatur für Kälber?

Für jedes Tier gibt es eine Zone der Umgebungstemperatur, innerhalb welcher der Körper seine Temperatur mit minimalem Aufwand aufrecht erhalten kann. In dieser Temperaturzone muss kaum Energie aufgewendet werden, um zu kühlen oder Wärme zu produzieren.

Die Wohlfühl-Temperaturzone liegt bei jungen Tieren deutlich höher als bei ausgewachsenen Tieren: Die Temperatur bei Kälbern mit einem Körpergewicht von 50 bis 150 kg sollte zwischen 15 bis 20 Grad liegen. Bei hochleistenden Tieren wie Milchkühen oder Mastmunis liegt der Optimalbereich bei 0 bis 15 Grad. Denn ab dem Körpergewicht von 300 kg produziert der Pansen viel Wärme und ist damit eine körpereigene Heizung.

Kühe oder Munis leiden demnach eher unter Hitzestress, wohingegen für unsere Jungtiere die Kälte schwierig ist. Dies erklärt auch, warum Kälber bis mindestens 180 kg auf Hochboxen nur in einem geheizten Stall oder aber in tiefer Einstreu untergebracht werden sollten.

Alle Tiere, auch Kälber, können sich in bedingtem Masse an Temperaturen unterhalb des Optimalbereichs anpassen. Sie brauchen dafür aber Zeit und Energie, genügend saubere und trockene Einstreu sowie Schutz vor Wind und Nässe.

Die unterschiedlichen Jahreszeiten stellen für das Klima in unseren Ställen eine grosse Herausforderung dar. Die Tierschutzverordnung fordert, dass in Räumen und Innengehegen ein dem Tier angepasstes Klima herrschen muss.

Es ist somit in der Verantwortung des Tierhalters, dafür zu sorgen, dass die Anpassungsfähigkeit der einzelnen Tiergruppen nicht überfordert wird. Passiert dies dennoch, führt dies zu Leistungseinbussen (schlechte Tageszunahmen) und vermehrt Krankheiten infolge der geschwächten Immunabwehr.

Welche Faktoren entscheiden über gute Luft für Kälber?

«Gute Luft» wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst: Luftfeuchtigkeit, Luftbewegung sowie Schadgas- und Staubbelastung.

Luftfeuchtigkeit (LF)

Die optimale relative Luftfeuchtigkeit für Nutztiere liegt im Bereich von 50 bis 70  Prozent und lässt sich mittels einem sogenannten Psychrometer messen. Tiere können sich an grosse Schwankungen in der relativen Luftfeuchtigkeit anpassen, da diese in der Natur auch so vorkommen.

Belastend für die Tiere wird es, wenn ein «Dampfbad» (hohe LF und hohe Temperatur) oder «Kellerfeuchte» (hohe LF und tiefe Temperatur) herrscht. Deutliche Anzeichen für zu hohe LF sind schlecht trocknende Stallböden, verschimmelte Decken und Wände sowie Kondenswasser an Decken, Wänden und auf den Tieren.

Achtung: Kälber «schwitzen» nicht auf dem Rücken! Wenn das Fell der Kälber entlang der Wirbelsäule feucht und die Haut darunter trocken ist, dann handelt es sich um Kondenswasser, und nicht um Schweiss.

Luftbewegung

Luft im Kälberstall soll sich im Liegebereich nicht schneller als 0,2 m/sec bewegen. Gemessen wird die Luftgeschwindigkeit mittels einem sogenannten Anemometer. Bei hohen Temperaturen soll die Luftgeschwindigkeit angemessen erhöht werden, damit Wärme abgeführt werden kann. Bei tiefen Temperaturen hingegen sollten unbedingt zugfreie, isolierte Rückzugs-Möglichkeiten angeboten werden.

Zugluft ist bei allen Tierarten möglichst zu vermeiden, da sie vor allem im Winter massive Wärmeverluste verursacht und weil sie zur Austrocknung der Schleimhäute führt, was wiederum die Anfälligkeit für Krankheiten erhöht.

Sind die Luftbewegung beziehungsweise der Luftaustausch hingegen zu gering, wird nicht genügend Sauerstoff zugeführt und Feuchtigkeit, Schadgase und Staub werden nicht abtransportiert. Es gibt also immer eine temperaturabhängige Gratwanderung zwischen genügend hoher Luftaustauschrate und nicht zu hoher Luftgeschwindigkeit. Die Faustregel für den Luftaustausch in einem Kälberstall lautet im Winter 6 bis 10 pro Stunde und im Sommer 15 bis 20 pro Stunde.

Schadgase

Unter Schadgasen versteht man vor allem Kohlendioxid (CO2), Schwefelwasserstoff (H2S) und Ammoniak (NH3). Ammoniak entsteht insbesondere durch Kot im Zusammenhang mit Urin und kann durch Reinigung reduziert werden.

Hohe Konzentrationen der in Ställen typischen Schadgase treten in der Natur nicht auf, weshalb unsere Nutztiere sich solchen Situationen nicht anpassen können. Langfristig einwirkende hohe Konzentrationen beeinträchtigen das Wohlbefinden der Tiere und führen zu massiven Gesundheitsschäden und Leistungseinbussen.

In Warmställen – insbesondere mit ungenügender (oft nur passiver) Lüftung – treten im Gegensatz zu Aussenklimaställen erfahrungsgemäss oft hohe Schadgaskonzentrationen auf.

Staub

Auch langanhaltende hohe Staub-Konzentrationen führen zu Problemen. Staub setzt sich vorwiegend aus feinen Partikeln von Einstreu, Futter, Kot und Haarbestandteilen zusammen. Besonders belastend ist der Feinstaub, welcher in die kleinsten Lungenstrukturen vordringen kann. Zudem können sich Erreger (Viren und Bakterien) an Staubpartikel binden und in die Lunge gelangen. Eine hohe Staubbelastung in der Luft ist im einfallenden Licht relativ einfach erkennbar.

Wie viel Licht braucht es im Kälberstall?

Gemäss Tierschutzverordnung (Art. 33 Abs. 2) müssen Räume, in denen sich Tiere überwiegend aufhalten, durch Tageslicht beleuchtet werden. Die Beleuchtungsstärke muss tagsüber mindestens 15 Lux betragen. Dies ermöglicht Mensch und Tier eine visuelle Orientierung, ist für uns aber nur knapp hell genug, um längere Zeit lesen oder schreiben zu können. Die Verwendung von UVC-Lampen bildet keinen Ersatz für Tageslicht, da es eine ganz andere Wellenlänge hat.

Die Luft im Kälberstall analysieren

Vorschlag: Gehen Sie in Ihren Kälberstall, begeben Sie sich auf Nasenhöhe der Kälber, holen Sie tief Luft und stellen Sie sich die Frage: Möchte ich hier übernachten?

Wenn bei den Kälbern vermehrt Probleme mit Lungenentzündungen auftreten, lohnt es sich auf jeden Fall, das Stallklima mit einem Tierarzt (Bestandestierarzt oder KGD) oder einem Lüftungsspezialisten zu analysieren und bei Bedarf zu verbessern. Idealerweise werden dabei Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftgeschwindigkeit und CO2-Gehalt gemessen und die Luftaustausch-Rate mittels Nebelmaschine ermittelt.

Je besser die Luft, desto gesünder die Lungen, desto geringer der Medikamenteneinsatz und desto besser die Leistungen der Tiere.

Drei verschiedene Schadgase

  • Kohlendioxid CO2 ist ein geruchloses Atemgas und schwerer als Luft. Ein zu hoher Gehalt in der Luft wird als stickig empfunden. Da CO2 mit relativ preiswerten Geräten einfach gemessen werden kann, eignet sich eine CO2-Messung stellvertretend für andere Gase gut zur Einschätzung der Schadgassituation in einem Stall. Die gesetzlich zulässige Maximalkonzentration ist mit 3000 ppm sehr hoch angesetzt. Es ist zu empfehlen, den CO2-Gehalt möglichst unter 1000 ppm zu halten.
  • Ammoniak NH3 ist ein Gas, welches Bakterien im Kot aus Harnstoff produzieren. Ein hoher NH3-Gehalt wird als stechender Geruch wahrgenommen und löst tränende Augen und Hustenreiz aus. Es ist leichter als Luft, trotzdem herrschen am Boden über dem Mist die höchsten Konzentrationen, da dort das Gas entsteht. Daher ist es wichtig, die NH3-Konzentration direkt über der Einstreu zu messen. Die zulässige Maximalkonzentration liegt bei 10 ppm, sollte aber so tief wie möglich liegen. Es sind verschiedene Messmethoden möglich. Im Stall am praktikabelsten sind Teststreifen für Stallluft, welche vorher angefeuchtet werden müssen.
  • Schwefelwasserstoff H2S ist ein hochgiftiges Güllegas, schwerer als Luft, es riecht nach faulen Eiern. Hohe Konzentrationen dürfen nur kurzfristig beim Aufrühren von Gülle freigesetzt werden, da es sonst schnell lebensbedrohlich sein kann. Die zulässige Maximalkonzentration liegt bei 0.5 ppm (kurzfristig bei 5 ppm während der Entmistung). Achtung: Während der Entmistung immer gut lüften.