«Révolte agricole Suisse» breitet sich in Facebook aus wie ein Lauffeuer. Die erst vor einer Woche gegründete Facebook-Gruppe «Révolte agricole Suisse» hat heute (1. Februar 2024) schon rund 7000 Mitglieder.

Und die Diskussionen verlaufen ziemlich hitzig: über 700 Beiträge haben wütende und oft auch verzweifelte LandwirtInnen geschrieben. Beiträge, in denen Politikern, Konsumenten und den Detailhändlern Migros, Coop, Aldi und Lidl so richtig die Kutteln geputzt werden.

Hinter «Révolte agricole Suisse» stehen drei LandwirtInnen aus der Romandie

Hinter der geschlossenen Facebook-Gruppe steht Arnaud Rochat, ein junger landwirtschaftlicher Angestellter in Bonvillars VD. Ihm zur Seite stehen die Gruppen-Administratoren und LandwirtInnen Marlène Perroud aus Dompierre FR und Christian Hofmann aus Avry FR. Nicht nur die Idee und der Name «Révolte agricole Suisse», auch die Köpfe dahinter, kommen also aus der französischsprachigen Schweiz.

«Révolte agricole Suisse» hat aktuell vor allem Mitglieder aus der Westschweiz. LandwirtInnen aus den Kantonen Waadt, Jura und Neuenburg sind am stärksten vertreten. Es sind vor allem junge Landwirtinnen im Alter von 25 bis 35 Jahren, die ihre Zukunft durch sinkende Produzentenpreise und gleichzeitig steigende Produktionskosten in Gefahr sehen.

«Révolte agricole Suisse» nimmt die Detailhändler Migros, Coop, Aldi und Lidl ins Visier

Traktoren-Kolonne mitten in der Stadt Genf.Bauernproteste«Révolte agricole Suisse»: Erste kleine Bauernproteste in Genf und BasellandSonntag, 4. Februar 2024 Eine Situation, die auch dem Schweizer Bauernverband SBV Sorge macht. Der Bauernverband erklärte deshalb bereits Anfang Januar 2024 «Viele Bauernfamilien haben den Koller» und forderte 5 bis 10 Prozent höhere Produzentenpreise. Mit einer eigenen SBV-Petition eine Erhöhung der Produzentenpreise von 5 bis 10 Prozent unterstrich der SBV diese Forderung Ende Januar 2024. Diese Petition haben in den ersten vier Tagen in allen drei Sprachregionen 62'000 Leute unterzeichnet.

Die «Révolte agricole Suisse» will ebenfalls beim Detailhandel ansetzen, aus der Romandie tönt es aber deutlich kämpferischer: «Wir nehmen die Detailhändler ins Visier!».

Gemäss der Bewegung erzielen die vier grossen Schweizer Detailhändler Migros, Coop, Aldi und Lidl einen Umsatz von 68 Milliarden Franken pro Jahr. Damit beherrschen sie den Markt gegenüber den produzierenden Landwirten und auf der anderen Seite gegenüber den KonsumentInnen.

Die radikalen Forderungen von «Révolte agricole Suisse»

Um das zu ändern präsentierte «Révolte agricole Suisse» am 31. Januar 2024 ihre ersten Forderungen:

  1. Die Produzentenpreise sollen (wie auch vom Schweizer Bauernverband gefordert) um 10 Prozent erhöht werden. «Damit werden die Handelsbeziehungen zwischen dem Detailhandel und den LandwirtInnen ausgeglichen, die wirtschaftliche Tragfähigkeit und der soziale Frieden würde bewahrt», schreibt die Bewegung.
     
  2. Die Detailhändler sollen 0,738 Prozent oder 500 Millionen Schweizer Franken ihres Umsatzes vom tertiären Sektor (Detailhandel) zum primären Sektor (produzierenden LandwirtInnen) übertragen. «Diese Übertragung würde die Handelsbilanz ausgleichen, ohne die KonsumentInnen zu belasten. Und es würde gleichzeitig die wirtschaftliche Situation beim Handel nicht gefährden», schreibt die Bewegung.
     
  3. Durch eine Indexierung der Preise sollen Inflation und Disparitäten zwischen den Sektoren korrigiert werden. «Die Schweiz wäre damit das erste Land der Welt, bei dem die Landwirtschaft von einem fairen Markt profitiert, ohne das Portemonnaie des Konsumenten zu belasten», schreibt die Bewegung.

Wenn die Forderungen nicht erfüllt werden, droht «Révolte agricole Suisse» mit Blockaden

Wenn der Detailhandel nicht auf die Forderungen von «Révolte agricole Suisse» eingehe, seien Blockaden wie in den Niederlanden, in Deutschland und Frankreich möglich. «Aber eigentlich wollen wir nicht unsere Traktoren zeigen, das brauchen wir nicht», erklärte einer der Gründer im Interview mit dem «Schweizer Bauer».

Tatsächlich kam es in den letzten Tagen in der Romandie schon in mehreren Kantonen zu Aktionen, bei denen Ortsschilder umgedreht wurden. Dies in Anspielung auf den Slogan der französischen Landwirte «on marche sur la tête!» («die Situation ist verkehrt/falsch»).

Der Schweizer Bauernverband warnt vor einer Eskalation

In der Fernsehsendung «Forum» von Radio Télévision Suisse RTS erklärte der Stellvertretende Direktor des Schweizerischen Bauernverbandes, Francis Egger, er verstehe die Wut und die Verzweiflung der Landwirte. Und der Slogan «on marche sur la tête!» sei auch für die Schweizer LandwirtInnen eine treffende Beschreibung des bäuerlichen Alltags:

«Um ein aktuelles Beispiel zu nennen: Letzte Woche haben wir das Verordnungspaket 2024 zur Agrarpolitik AP22+ mit 26 neuen Bestimmungen erhalten. Von diesen 26 Bestimmungen sind 17 Bestimmungen, die korrigiert werden. Das sind mehr als 120 Seiten Text. Und es ist jedes Jahr das Gleiche. Es reicht wirklich, es muss eine Vereinfachung geben!»

Im Falle von Blockaden befürchtet Francis Egger aber, dass die Dinge eskalieren könnten: «Was wir nicht wollen, ist, dass es zu gewalttätigen und illegalen Aktionen kommt. Das gehört nicht zu unserer Schweizer Kultur. Wir sind immer noch in einer Situation, in der man einen Dialog führen kann.»