Raps, das schwarze Gold der Bauern: Eine interessante Kultur, die in vielen Fruchtfolgen ein wichtiger Bestandteil bildet. Ausserdem ist die Nachfrage nach Rapsöl in den letzten Jahren gestiegen, als Ersatz für Palmöl in vielen Lebensmitteln. Dadurch hat sich die Rapsanbaufläche in der Schweiz erhöht und mit ihr auch das Risiko von Schädlingsbefall.

Raps bleibt elf Monate auf derselben Parzelle. Das ist eine lange Zeitspanne, in welcher sich verschiedene Schädlinge am Raps erfreuen. Doch zukünftig wird deren Bekämpfung erschwert. Denn die Parlamentarische Initiative 19.475 tritt per Januar 2023 in Kraft und lässt im ÖLN viele Pflanzenschutzmittel aus der Gruppe der Pyrethroide nur noch mittels Sonderbewilligung zu. Dies wird neu vor allem die Behandlung des Rapsstängelrüsslers betreffen.

Wie geht es nun weiter mit dem Rapsanbau in der Schweiz? Gibt es Alternativen und wie wird mit Sonderbewilligungen umgegangen? Drei Experten aus der Forschung, Pflanzenschutzfachstelle und der Beratung geben ihre Einschätzung ab.

Kurz & bündig

- Pyrethroid-Insektizide sind die einzigen Mittel, um den Rapsstängelrüssler zu bekämpfen.
- Der Rapsstängelrüssler kann ab 2023 nur noch mit einer Sonderbewilligung bekämpft werden.
- Wichtig ist der korrekte Einsatz von Gelbschalen zur Überwachung des Käfereinfluges.

Keine Alternativen gegen den Rapsstängelrüssler

Zu den bedeutendsten Schädlingen im Raps gehören der grosse Rapsstängelrüssler, der Rapserdfloh und der Rapsglanzkäfer. «In den vergangenen drei Jahren gab es einen Wechsel. Früher war der Glanzkäfer schlimm und der Stängelrüssler weniger bedeutsam. Heute ist es umgekehrt», erklärt Adrian Sutter, Pflanzenbauberater bei der Agroline.

«Pyrethroid-Insektizide sind die einzigen Mittel, um den Rapsstängelrüssler zu bekämpfen»

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«Pyrethroide sind die einzigen Mittel, um den Rapsstängelrüssler zu bekämpfen. Es bestehen aktuell keine Alternativen», erklärt Michel Gygax, Leiter der Fachstelle Pflanzenschutz in Bern. Das heisst, der grosse Rapsstängelrüssler kann ab dem Jahr 2023 im ÖLN nur noch mittels Sonderbewilligung behandelt werden. Dazu muss die Schadschwelle erreicht werden (siehe Kasten).

Wie geht die Pflanzenschutzfachstelle mit Sonderbewilligungen um?

Die Pflanzenschutzfachstelle hat ein eigenes Beobachtungsnetz, welches betreut wird. Dazu werden ab Mitte Februar Gelbfallen auf den zu beobachtenden Rapsparzellen in verschiedenen Regionen aufgestellt. Diese werden regelmässig kontrolliert, um einen Eindruck zu bekommen, wie gross der Einflug des Stängelrüsslers ist. Trotzdem muss jeder Landwirt seine Parzellen selber mit Gelbschalen überwachen und die Anzahl Einstiche zählen.

Schadschwelle Rapsstängelrüssler
- Stängelhöhe 1–5 cm: in Regionen mit regelmässig starkem Befall, sobald Einstiche sichtbar sind, übrige Regionen 10–20 % der Pflanzen mit Einstichen
- Stängelhöhe 5–20 cm: 40–60 % der Pflanzen mit Einstichen

Sonderbewilligung beantragen
Wenn die Schadschwelle erreicht ist, können Landwirte in den Kantonen Bern, Freiburg und Solothurn die Sonderbewilligung direkt elektronisch übers Kantonssystem Gelan beantragen. Ziel ist es, Sonderbewilligungen möglich zeitnah erstellen zu können.

Quelle: Michel Gygax / KIP-Richtlinien ÖLN

«Der Schädlingsdruck ist von Jahr zu Jahr und je nach Region verschieden, deshalb ist es wichtig, jede Parzelle einzeln zu betrachten», erklärt Rebecca Schneider, Assistentin im Bereich Pflanzenschutz an der HAFL. Dies erfordert von den Landwirten noch mehr Beobachtung der Rapsparzellen.

AboRapsstängelrüsslerSchädlingeSteckbrief zu den wichtigsten RapsschädlingenFreitag, 29. Juli 2022

 

«Der Schädlingsdruck ist von Jahr zu Jahr und je nach Region verschieden, deshalb ist es wichtig, jede Parzelle einzeln zu betrachten»

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Gelbschalen helfen bei der Überwachung des Stängelrüsslers

Als wichtigstes Beobachtungsmittel zur Überwachung der Schädlinge dient die Gelbschale. Sobald die Tage im Frühjahr Lufttemperaturen von 10 bis 12 Grad erreichen, verlassen die Rapsstängelrüssler ihr Winterquartier und fliegen bei sonnigem Wetter in die Rapsparzellen ein. Meistens ab Ende Februar bis Mitte März. «Wichtig ist es, mehrere Gelbschalen an verschiedenen Orten in der Parzelle aufzustellen und diese täglich zu kontrollieren», erklärt Adrian Sutter.

Die adulten Käfer überwintern im Boden von Altrapsparzellen. Daher ist es sinnvoll, die Gelbschalen am Rand des Rapsfeldes gegen Altrapsflächen aufzustellen. Somit kann überwacht werden, wann der Käfer einfliegt. Sobald der Stängelrüssler eingeflogen ist, beginnt er mit dem Reifungsfrass. Bisher ging man davon aus, dass dieser 10 bis 14 Tage dauert. Neue Beobachtungen zeigen, dass der Reifungsfrass deutlich kürzer sein könnte. Anschliessend erfolgt die Eiablage in den Haupttrieb.

«Wichtig ist es, mehrere Gelbschalen an verschiedenen Orten in der Parzelle aufzustellen und diese täglich zu kontrollieren»

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Wichtig ist, den Stängelrüssler vor der Eiablage zu bekämpfen. Nachher ist es zu spät und die Larve kann sich trotz Behandlung entwickeln. «Sobald fünf bis sechs Käfer in der Gelbschale sind, empfehle ich, zu behandeln», sagt Adrian Sutter. Michel Gygax erklärt aber, dass die Gelbschale nur einen Hinweis gibt, wann der Käfer einfliegt. Für die Sonderbewilligung müssen die Einstiche gezählt werden (siehe Kasten).

Die Schwierigkeit ist, den richtigen Behandlungszeitpunkt zu treffen. Deshalb sollten in der Schädlingssaison die Gelbschalen wenn möglich täglich überwacht werden.

«Wichtig ist zudem, dass zwischen dem grossen Rapsstängelrüssler und dem gefleckten Kohltriebrüssler unterschieden wird. Die beiden Käfer sehen sich ähnlich, doch der Schaden des Kohltriebrüssler ist wesentlich geringer», erklärt Rebecca Schneider.

Wird es weiterhin Schweizer Rapsöl geben?

Zur Bekämpfung des Rapsglanzkäfers bestehen zum Glück noch alternative Mittel nebst Pyrethroiden. Allgemein wird aber die Schädlingsbekämpfung mit weiteren Einschränkungen des Pflanzenschutzmittel-Einsatzes nicht einfacher werden. Der Aufwand für die Beobachtung der Parzellen wird noch grösser. Die Frage stellt sich, ob dadurch die Schweizer Rapsproduktion gefährdet ist. Werden durch die erhöhten Auflagen viele Produzenten auf den Rapsanbau verzichten?

Da sind sich alle drei Experten einig: Solange Pyrethroide zur Bekämpfung des Rapserdflohs und des Rapsstängelrüsslers weiterhin mittels Sonderbewilligung eingesetzt werden können, wird Raps angebaut werden. Denn Raps ist sowohl finanziell als auch agronomisch eine interessante Kultur, die gerne in die Fruchtfolge integriert wird.

Initiative kommt für viele Landwirte überraschend

Jedoch wissen viele Landwirte nicht, was die Parlamentarische Initiative per 2023 zu bedeuten hat, obwohl die Herbsterhebung schon bald stattfindet. «Man hat nicht damit gerechnet, dass die Initiative vom Bundesrat einfach so durchgewunken wird», glaubt Adrian Sutter. Michel Gygax erklärt jedoch, dass es klar war, dass gewisse Wirkstoffe im ÖLN verboten werden würden. «Der Spielraum ist eng, aber der politische Entscheid muss umgesetzt werden».

Ausserdem besteht das Risiko eines kompletten Pyrethroid-Verbotes. Damit müsse gerechnet werden, je nachdem wie die Bestimmungen in der EU noch verschärft werden, meint Michel Gygax. Dann wäre der Rapsanbau gefährdet – sofern bis dahin keine gute Alternative gegen den Rapsstängelrüssler und Rapserdfloh besteht oder ein Ertragsverlust für Landwirte finanziell tragbar wäre.