Wie viel soll in die Vorsorge investiert werden, damit man beim Zeitpunkt der Pensionierung seinen Lebensstandard halten kann?
Thomas Haas: Ein Ehepaar erhält oft um die 40'000 Franken von der AHV. Mit Ergänzungsleistungen können bis zu 54'000 Franken pro Jahr bezogen werden. Dies ermöglicht allen einen minimalen Lebensstandard. Die wirtschaftlich schwächeren Haushalte haben nach der Pensionierung sogar mehr Geld zur Verfügung, sofern sie Ergänzungsleistungen beantragen.
Wer nach der Pensionierung mehr Geld zur Verfügung haben möchte, braucht eine gute Vorsorge. Grundsätzlich gilt: Wer eine Vorsorge hat, erhält keine Ergänzungsleistungen. Bei einer Pensionierung sollten deshalb mindestens 500'000 Franken angespart sein. Dies ermöglicht bei einer rechnerischen Umwandlung zu 5 % und der AHV ein Einkommen von etwa 65'000 Franken pro Jahr. (siehe Tabelle)
Jeder Erwachsene, der pro Jahr im Erwerbsleben 10'000 Franken auf die Seite legt, hat gut vorgesorgt. Dabei ist es nicht wichtig, ob das Ersparte in die Pensionskasse fliesst, in die 3. Säule investiert wird oder in den Betrieb. Im Betrieb muss es aber einen Mehrwert im Alter generieren, was nicht bei jeder Investition gegeben ist.
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Welche Formen der Vorsorge sind in der Landwirtschaft sinnvoll?
Eine Risikoversicherung bei Invalidität ist insbesondere in jungen Jahren nötig, wenn die restliche Vorsorge noch klein ist. Sobald Kinder ein konkretes Thema werden, müssen sich die Eltern auch über eine Risikoversicherung beim Todesfall Gedanken machen. Eine solche stellt sicher, dass die Hinterbliebenen Versicherungsleistungen erhalten.
Für das Alter sollte kontinuierlich gespart werden. Sparen kann auch eine Investition in den Betrieb bedeuten. Eine Investition erhöht das Einkommen oder den langfristigen Wert des Betriebes. Insbesondere Investitionen in Maschinen und Einrichtungen verlieren aber ihren Wert innert zwanzig Jahren und dienen deshalb nicht der Altersvorsorge.
Wie gehen junge Leute mit der Vorsorgeplanung um?
Im landwirtschaftlichen Umfeld machen es viele junge Leute in Bezug auf ihre langfristigen Ziele richtig und legen jedes Jahr Geld auf die Seite. Hier lauert einzig die Gefahr, dass eine Lebensversicherung abgeschlossen wird, die oft überteuert und unflexibel ist. Der Trend der Gesellschaft, gerade bei Jungen, ist aber, dass der gesamte Lohn verbraucht wird. Es ist «cool», nur neun Monate zu arbeiten und den Rest des Jahres auf Reisen zu sein.
Was stellen Sie bei Landwirten fest, die kurz vor der Pensionierung stehen?
Oft täuscht das Eigenkapital der Buchhaltung eine zu grosse Vorsorge vor. Entscheidend ist, was nach der Hofübergabe übrig bleibt. Einige Betriebe werden trotz schlechter Wirtschaftlichkeit bis zur Pensionierung gleich weitergeführt. Dies kann für eine Generation zwar die sinnvollste Lösung sein.
Was mir zu denken gibt: Wenn jemand mit dem Leben und Arbeiten auf dem Bauernhof überhaupt nicht glücklich war, aber trotzdem nichts an der Situation geändert hat.
Inwiefern kann man mit der Vorsorge die Steuern beeinflussen?
Die Altersvorsorge wird in der Schweiz mit tieferen Sätzen besteuert. Deshalb lohnen sich Einzahlungen in die 2. und 3. Säule oder eine fiktive Einzahlung bei der Betriebsaufgabe. (siehe Kästchen)
Es gibt hier aber nur ein Optimieren und nicht ein Vermeiden der Steuerlast. Eine gute Vorsorge erreicht man nur durch hohe Einkommen und entsprechend hohen Steuern.
Wie gestaltet man die Altersvorsorge für den Ehepartner, der kein Einkommen hat?
Die AHV ist bereits bei kleinen Einkommen durch den Ehepartner erfüllt. Die restliche Vorsorge muss für beide ausreichen.
Wie gestaltet man die Altersvorsorge für den nicht-ehelichen Partner, der kein Einkommen hat?
Ohne Einkommen kann keine Altersvorsorge aufgebaut werden. Im Konkubinat braucht es aber zwingend eine Entschädigung für die Arbeit auf dem Betrieb, dem Haushalt oder für die Betreuung der Kinder. Die minimalen AHV-Beiträge sollten in jedem Fall bezahlt werden. Und ein Teil des Einkommens sollte in die Vorsorge fliessen.
Braucht es für die Vorsorgeplanung eine Beratung?
Jeder sollte sich die Frage stellen, welche langfristigen Ziele er erreichen möchte und sich über die Wege dazu informieren. Gerade auf einem Landwirtschaftsbetrieb ist bereits die Analyse der Ausgangslage komplex. Eine Sicht von aussen kann sinnvoll sein.
Betriebsaufgabe: Privilegierte Besteuerung
Bei einer Betriebsaufgabe gibt es einen Liquidationsgewinn, wenn das Geschäftsvermögen über dem Buchwert verkauft wird. Dies führt zu einem höheren Anteil Steuern, da der Anteil bei hohen Einkommen überproportional ansteigt. Zudem sind auf dem Gewinn auch AHV-Beiträge fällig.
Damit die Steuerbelastung tiefer ausfällt, kann der Verkäufer den Liquidationsgewinn ab 55. Jahren privilegiert abrechnen. Geschieht dies bis Vollendung des 64. Altersjahres, wird der abgerechnete Gewinn rentenwirksam.
Wurden bis zur Betriebsaufgabe keine oder nur wenig private Vorsorge getätigt, kann der Landwirt Einkäufe in die Pensionskasse tätigen und dadurch von tieferen Steuersätzen profitieren.
Zur Person
Thomas Haas (40) ist seit zehn Jahren Lehrer und Berater am Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung Hohenrain LU. Seine Schwerpunkte sind Betriebskonzepte, Hofübergaben, Entlöhnung, Versicherung, ländliche Entwicklung und Ertragswertschätzung. Thomas Haas ist auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Hellbühl LU aufgewachsen. Er ist Landwirt EFZ und Agronom FH. Haas ist verheiratet und Vater von vier Mädchen.