Kurz & bündig
- Dass die Schottenfütterung das Fleisch der Alpschweine verwässert, ist ein Mythos.
- Über die Fütterung kann lediglich die Fettqualität, nicht aber die Muskelqualität beeinflusst werden.
- Die Zufütterung von Schotte führt zu sehr guter Fettqualität.
- Bei der Mast von Alpschweinen gibt es in Sachen Anfütterung über Hygiene und Stallklima einiges zu beachten.
«Dass Schotte einen Einfluss auf das Fleisch hat, ist zu 100 Prozent ein Mythos», stellt Prof. Peter Spring, Leiter des Fachbereichs Agronomie an der Berner Fachhochschule (BFH) von vorneherein klar.
«Den einzigen Zusammenhang, den ich mir hinsichtlich der Alpschweine und deren angeblich geringerer Fleischqualität vorstellen könnte, ist der Stress beim Transportweg zum Schlachthof. Vielleicht führte der lange Transport von den Alpen bei stressanfälligen Schweinen in den 1980er-Jahren vereinzelt zu wässerigem Fleisch. Aber das hätte absolut nichts mit der Schottenfütterung zu tun», so Spring.
PSE ist heute kein Thema mehr
Der Spezialist in Sachen Tierernährung erklärt, dass man in der Branche bis in die 1990er-Jahre mit dem PSE-Gendefekt zu kämpfen hatte, der das Fleisch von Schweinen blass, weich und wässerig werden liess, wenn diese vor der Schlachtung in Stress gerieten.
Aus gesundheitlicher Sicht war dieses Fleisch noch immer uneingeschränkt verzehrfähig, wurde jedoch nach der Zubereitung sehr zäh. Die Abkürzung PSE setzt sich aus der englischen Übersetzung der Fleischeigenschaften zusammen: pale, soft und exudative.
PSE sei aber heutzutage kein Thema mehr, die heutigen Schweinegenetik in der Schweiz sei stressresistent und bringe sehr gute Fleischqualität, führt Peter Spring weiter aus.
Fütterung beeinflusst nicht das Muskelfleisch
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«Wenn Schottenfütterung bei den Alpschweinen zu einer geringeren Fleischqualität geführt hätte, hätte jeder Käsereimastbetrieb mit Schottenfütterung auch ein Qualitätsproblem gehabt», ergänzt Tobias Küng. Der gelernte Landwirt und wissenschaftliche Mitarbeiter an der BFH im Bereich Tierhaltung entkräftet damit den Schotten-Mythos weiter.
«Den Muskel kann man im Sinne seiner degustativen Qualität durch die Fütterung nicht beeinflussen. Mit der Fütterung hat man einen riesigen Einfluss auf die Fettqualität beziehungsweise auf das Fleischmuskel-Verhältnis und die Muskelgrösse. Die Ausprägung des Muskelfleisches selbst ist allerdings nur zurückzuführen auf die Wachstumsphysiologie, das Alter und die Genetik», erklärt Peter Spring dazu tiefergehend.
Die Fleischqualität als solche werde vor allem durch die Qualität des Muskel- und des Fettgewebes und dessen Verhältnis beeinflusst. Für die Muskelqualität ist zudem Ruhe vor der Schlachtung und der Schlachtungsprozess selbst entscheidend.
Die Schotte als Futtermittel beim Schwein
Wird die Milch beim Käsen mit Milchsäurebakterien oder Labenzymen versetzt, führt dies dazu, dass das Kasein gerinnt und Schotte, oder auch Molke, entsteht. Diese besteht zu 94 Prozent aus Wasser und zu vier bis fünf Prozent aus Milchzucker. Sie enthält zudem Milchsäure, die Vitamine B1, B2 und B6 sowie Kalium, Kalzium, Phosphor und bis zu einem Prozent Molkenprotein.
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«Muskelgewebe ist durch Fütterung nicht beeinflussbar.»
Prof. Peter Spring
Schotte weist einen tiefen PMI (PUFA-MUFA-Index, siehe Kasten am Ende des Artikels) auf, und ist in ihrer Funktion als Futtermittel für Schweine sehr zuträglich für deren Fettqualität.
Hoher Wassergehalt begrenzt Schottenmenge
«Schotte ist ein gutes, hoch verdauliches Energiefutter», bestätigt Peter Spring. Das darin enthaltene Protein sei, dank der hohen Verdaulichkeit und dem sehr guten Aminosäuremuster, von ausgezeichneter Qualität.
«Aufgrund des hohen Wassergehalts ist die Gesamtmenge an Nährstoffen, welche man dem Schwein über Schotte zuführen kann, allerdings begrenzt. Man kann mit Schotte etwa 30 Prozent des gesamten Bedarfs decken. Mehr geht nicht», gibt der Tierernährungs-Experte zu bedenken. Den Rest der Ration bildet normales Mastfutter, so wie auch im Tal.
Ein guter Start für Alpschweine
Auf die Frage, wie die Schweinemast auf der Alp gelingt, betont Peter Spring die Wichtigkeit der ersten Woche auf der Alp.
Zu Beginn der neuen Saison findet man am Berg in der Regel nicht geheizte Ställe und schlechte Liegenester vor. Liegen die Temperaturen, so wie im letzten Jahr, zum Saisonstart auf der Alp bei 20 Grad, ermöglicht dies den Ferkeln einen super Start.
«Kommen die Jungtiere aber aus dem warmen Ferkelstall im Tal in kaum isolierte Alpställe und die Temperaturen sinken in der Nacht gegen null, dann ist das für die Ferkel eine enorme Herausforderung und ein hohes Mass an Stress», sagt Peter Spring.
Anfütterung auf der Alp empfehlenswert
Wichtig sei also ein gutes Stallklima mit isoliertem Liegebereich und frisch eingestreuter Liegefläche, vor allem in den ersten Tagen. Nur so können starke Temperaturabfälle in den anfänglich noch kalten Nächten für die Tiere abgemildert werden.
Zudem ist es wichtig, die Ferkel auf der Alp anzufüttern und an die bislang unbekannte Schottenfütterung zu gewöhnen. «Da kann man nicht am ersten Tag mit sechs Litern Schotte einsteigen, das ist klar», so Spring. Die ersten zehn Tage auf der Alp sollten dazu dienen, die Futtermenge, die Trockensubstanzaufnahme und das Futter-Schotten-Verhältnis hochzufahren.
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Die Schotte nicht zu dünn anrühren
Sind die Tiere ausreichend angefüttert, ist das Ziel aber schon, die Schottenmenge zu maximieren, sodass keine Schotte übrig bleibt und entsorgt werden muss.
Aber Vorsicht, wird die sogenannte «Suppe» aus Schotte und Futtermehl zu dünn angerührt, bleibt zwar wenig Schotte übrig. Es ergibt sich aber ein anderes Problem, und zwar für die kleineren Tiere mit wenig Futteraufnahmekapazität. Diese fressen dann nämlich vor allem Wasser und nehmen zu wenig Nährstoffe auf.
Peter Spring empfiehlt diesbezüglich, die Suppe zweimal täglich mit 25 Prozent Trockensubstanz TS anzurühren. «Auf der Alp ist ja oft alles Handgelenk mal Pi aber ein Futter-Schotte-Verhältnis von 4:1 sollte man anpeilen. Das ergibt eine recht dicke Suppe. Wenn dann alles aufgefressen ist, haben auch die Tiere mit wenig Aufnahmekapazität viele Nährstoffe aufgenommen», erklärt Spring.
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Danach wird die Rest-Schotte für die Tiere in den Trog gegeben. So kann die Aufnahmekapazität der Schotte maximiert und überständiges Futter im Trog vermieden werden. Zudem wachsen die Tiere auch weniger auseinander.
«Man muss sich natürlich fragen, ob man diesen Aufwand betreiben will. Für uns war es auf der Alp gerechtfertigt, weil wir direkt neben dem Schweinestall gewohnt haben und es uns nur fünf Minuten gekostet hat, die Rest-Schotte nach der Suppe nachzureichen», berichtet der Experte aus eigener Erfahrung.
Wichtige Hygiene: Alle Leitungen im Herbst spülen
Auch in Sachen Hygiene sind einige Punkte zu beachten. «Eigentlich beginnt dies schon im Herbst vom Vorjahr», erläutert Tobias Küng, «indem man die Stallanlage säubert, bevor man die Alp für den Winter verlässt.»
Dazu sollten alle Leitungen gut gespült werden, um Ablagerungen vorzubeugen, die wiederum zu Fehlgärungen führen können. Die Leitungen müssen zudem leer sein.
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«Hygiene ist auch bei der Fütterung auf der Alp wichtig.»
Landwirt und Wissenschaftler Tobias Küng
Beim Alpbeginn ist es zudem wichtig, den Futtertrog sorgfältig zu waschen. Denn in der Praxis wird dies während der Alpsaison meist nicht oft wiederholt», berichtet der Landwirt. Wichtig zur Vermeidung des Bakterienwachstums ist auch die Ansäuerung.
Darin sind sich die Experten einig, verfolgen diesbezüglich aber unterschiedliche Strategien. Peter Spring empfiehlt, täglich vor dem Abpumpen in den Schottentank Ameisensäure mit 0,4 Promille in den Kessel zu geben und diesen dann jeden Tag zu leeren.
Auf der Alp von Tobias Küng wird nur einmal angesäuert: «Wir säuern zu Beginn einmal an und lassen dann immer eine Rest-Schottenmenge vom Vortag im Tank», erklärt Küng.
Schottenfütterung als Qualitätsmerkmal beim Alpschwein-Label
Bei der Mast der Alpschweine gibt es also einiges zu beachten. Dass sich dies aber lohnt, zeigen Labelprogramme, die mit der Mast auf der Alp, und speziell der Schottenfütterung als Qualitätsmerkmal werben.
«Die ungesättigten Fettsäuren, die in der Schotte vorkommen, machen den Speck der Alpschweine ölig, aromatisch, kernig und allgemein besser in der Struktur», sagt Astrid Oetiker. Die gelernte Metzgerin ist bei der Silvestri AG als Bereichsleiterin Schweine und Lamm zuständig.
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«Schottenfütterung ist für mich einfach sinnvoll.»
Metzgerin Astrid Oetiker
Silvestri entwickelte vor 20 Jahren das Alpschwein-Label «Silvestri-Alpschwein». Landwirte, die das Fleisch ihrer Alpschweine unter diesem Label vermarkten, müssen für ihre Tiere auf der Alp einige Kriterien erfüllen.
Unter anderem müssen die Tiere mit Schotte und einer Getreidemischung gefüttert werden. Jedem Tier müssen mindestens 10 Quadratmeter Auslauf auf Naturboden, sowie eine Suhle und eine eingestreute Liegefläche zur Verfügung stehen. Pro Milchkuh dürfen Älpler maximal ein Alpschwein halten, um dem Reglement von Silvestri zu entsprechen.
«Die vorgegebene Fütterung und die vermehrte Bewegung der Schweine auf der Alp sind eine gute Kombination und wirken sich positiv auf die Fleischqualität aus», so Astrid Oetiker. Mit diesem Prinzip könne eine artgerechte Haltung mit einem geschlossenen Kreislauf kombiniert werden.
Dabei trage die Schotte als Nebenerzeugnis der Käseherstellung zu der Entstehung eines Top-Produktes, dem Fleisch des Alpschweins, bei. «Das ist für mich einfach sinnvoll», schliesst die Metzgerin.
Fette in der Ernährung
Zunächst fungiert Fett als Energiespeicher und wirkt als konzentrierte Energiequelle, da ein Gramm Fett mehr als doppelt so viele Kilokalorien aufweist als Proteine oder Kohlenhydrate.
Zudem ist Fett Träger der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K und ermöglicht dem Darm die Aufnahme dieser Vitamine aus der Nahrung.
90 Prozent aller Fette sind ähnlich aufgebaut und enthalten eine Kohlenstoffkette (variierend in der Länge), sowie Doppelbindungen (variierend in der Anzahl). Anhand dieser Merkmale werden Fettsäuren klassifiziert. Einfach ungesättigte Fettsäuren (MUFA = mono-unsaturated fatty acids) enthalten eine Doppelbindung; mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA = poly-unsaturated fatty acids) enthalten zwei oder mehr Doppelbindungen.
Während der Körper MUFAs selbst bilden kann, müssen PUFAs über die Nahrung aufgenommen werden.
Der PUFA-MUFA-Index (PMI) errechnet sich wie folgt: PMI = PUFA + 1,3 × MUFA.
Durch die Verwendung des PMI kann die Tierfütterung durch die erleichterte Kombination fettreicher Futterkomponenten flexibler optimiert werden.
Quellen: Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV, Agroscope