Kurz & bündig

- Güllegaben nach dem letzten Schnitt sind pflanzenbaulich gesehen nicht sinnvoll. Das Risiko von Nährstoffauswaschung im Winter wird dadurch erhöht.
- Späte Güllegaben sollten auf intensiv genutzte gut entwickelte Natur- oder Kunstwiesen ausgebracht werden, welche moderat gedüngt wurden.
- Eine rechtzeitige Güllegabe im Frühling ist sinnvoller, setzt aber genügend Güllelagerraum oder Güllewegfuhr voraus.

Bald ist das Jahr zu Ende und die Vegetationsruhe tritt ein. Für viele Betriebe kommt jetzt die Zeit, die Güllelager und Mistplätze vor dem Winter zu leeren. Doch wie sinnvoll ist eine späte Güllegabe überhaupt nach dem letzten Schnitt? In diesem Punkt sind sich die drei Experten einig: «Aus pflanzenbaulicher Sicht ist eine Düngung nach dem letzten Schnitt nicht sinnvoll», sagt Daniel Nyfeler, Futterbauberater vom Arenenberg.

«Beim Gras düngt man grundsätzlich den Aufwuchs. Die gute fachliche Praxis wäre daher, im Herbst nach dem letzten Schnitt nichts mehr zu düngen», erklärt Frank Liebisch von der Forschungsgruppe Gewässerschutz und Stoffflüsse bei Agroscope.

Gülle besser für den Frühling aufsparen

«Pflanzenbaulich gesehen wäre es am sinnvollsten, die Gülle für den Frühling aufzusparen. Dies erfordert aber ein grösseres Güllelager, was wiederum teurer im Bau ist», erläutert Daniel Widmer, Berater im Bereich Boden, Düngung und Biodiversität am Strickhof.

Die Gülleausbringung im Herbst führt alljährlich zu Diskussionen. Ein Zielkonflikt zwischen genügend Güllelagerkapazität während der Vegetationsruhe und pflanzenbaulich sinnvoller Ausbringung. [IMG 2]

«Die gute fachliche Praxis wäre, im Herbst nach dem letzten Schnitt nichts mehr zu düngen.»

Frank Liebisch, Agroscope

Das Problem der späten Gülleausbringung ist, dass zu dieser Zeit langsam die Vegetationsruhe eintritt. Dann stellen die Pflanzen ihr Wachstum kontinuierlich ein. Mit den zunehmend tieferen Temperaturen wird auch die mikrobielle Aktivität im Boden geringer.

Durch diese natürlichen Effekte nimmt auch der Nährstoffbedarf der Pflanzen ab. Wenn also kurz vor der Vegetationsruhe nach dem letzten Schnitt noch gegüllt wird, kann nur ein kleiner Teil des Stickstoffs noch von den Pflanzen aufgenommen werden.

«Solange die Pflanzen noch wachsen, wie das im Oktober und auch zeitweise noch im November der Fall ist, kann ein Teil des Stickstoffs noch von den Pflanzen genutzt werden», sagt Daniel Nyfeler.

Das Risiko für Nährstoffverluste, insbesondere von Stickstoff, ist aber erhöht. Der nicht aufgenommene Stickstoff kann verloren gehen. Das ist nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht ein Verlust, es kann auch zu Belastung von Oberflächengewässer und Grundwasser führen.

«Wenn möglich sollte auf eine Spätherbst-Düngung verzichtet werden. Viel besser wäre es, die Gülle für den Frühling aufzusparen und zeitig bei Vegetationsbeginn und guten Bodenbedingungen auszubringen», erklärt Daniel Widmer. Im Frühling nimmt das Pflanzenwachstum mit zunehmenden Temperaturen kontinuierlich zu und entsprechend auch der Nährstoffbedarf.

Ist die späte Güllegabe noch ertragsrelevant?

Bezüglich der Ertragswirkung der Spätherbstdüngung gibt es keine eindeutigen Aussagen. Die spät ausgebrachte Gülle kann für den Frühlingsaufwuchs noch eine Stickstoffwirkung haben, welche aber nicht grösser ist als bei einer Frühlingsdüngung. Fakt ist aber, dass die Gefahr von Nitratauswaschung oder Nährstoff-Abschwemmung im Winter je nach Witterung grösser ist als der mögliche Ertragsvorteil der Herbstdüngung. [IMG 3]

«Im Herbst auf von Gewässern entfernten, möglichst ebenen Flächen ohne Drainagen güllen.»

Daniel Widmer, Strickhof

Pflanzenbaulich gesehen spricht also wenig für eine späte Herbstdüngung. Wenn aus Platzgründen aber trotzdem Hofdünger ausgebracht werden muss, sollten einige Dinge beachtet werden.

Was ist, wenn im Herbst die Güllelager geleert werden müssen?

In den meisten Fällen müssen die Güllelager im Herbst geleert werden, damit die vorgeschriebene Lagerkapazität für den Winter ausgenutzt werden kann. Dabei ist es wichtig, gewisse Punkte zu beachten.

Was man beachten sollte bei der Gülleausbringung nach dem letzten Schnitt

- Auf gut entwickelte, gut durchwurzelte Naturwiesen- oder Kunstwiesenflächen ausbringen (Letztere nur ab dem ersten Hauptnutzungsjahr).
- Auf intensiv genutzte Bestände ausbringen (im Talgebiet 5 bis 6 Schnitte), welche bisher etwas weniger intensiv gegüllt wurden (3 bis 4 Mal).
- Die im Herbst nach dem letzten Schnitt gegüllten Flächen nicht im Frühling vor dem Schnitt schon wieder güllen, sonst doppelte Düngung.
- Maximal 20 m3 pro Hektare.
- Auf Flächen mit möglichst geringer Hangneigung ausbringen, weit entfernt von Gewässer und ohne Drainagen wegen Nährstoff-Abschwemmung.
- Nicht auf gefrorene oder wassergesättigte Flächen ausbringen.
- Möglichst keine Schweinegülle im Herbst ausbringen wegen höherem Nährstoffgehalt gegenüber Rindergülle höhere Auswaschungs- oder Abschwemmungsgefahr.

 

Frank Liebisch hebt hervor, dass wenn nach dem letzten Schnitt noch eine Düngung erfolgt, im Frühling nicht nochmal dieselbe Parzelle gedüngt werden sollte. Das wäre sonst eine doppelte Düngung zwischen den beiden Schnitten. Zudem sollte die Gülle möglichst auf gut durchwurzelte Natur- oder Kunstwiesenbestände ausgebracht werden – letztere nur ab dem ersten Hauptnutzungsjahr. Diese sind besser befahrbar und können mehr Nährstoffe aufnehmen bzw. haben ein geringeres Auswaschungsrisiko als Ackerkulturen.

Ausserdem sollte die Gülle auf eher intensiv genutzte Flächen ausgebracht werden, welche durchs Jahr etwas weniger intensiv gegüllt wurden. Diese Bestände können etwas mehr Nährstoffe aufnehmen. Optimalerweise würde der grösste Teil der Gülle nach dem vorletzten Schnitt ausgebracht und mit dem letzten Schnitt genutzt werden. Nach dem letzten Schnitt sollten nur noch geringe Güllemengen bis maximal 20 m3 pro Hektare ausgebracht werden.

«Ich möchte den Landwirten mit auf den Weg geben, wenn unbedingt während der Vegetationsruhe noch Gülle ausgebracht werden muss, dann so wenig wie möglich. Dabei sollten unbedingt Parzellen ohne Drainagen und wenig Hangneigung berücksichtigt werden, welche weit entfernt sind von Gewässern», sagt Daniel Widmer.

Die Kantone haben verschiedene Regelungen

Die Zeit des Gülleausbringungsverbotes ist Sache der Kantone und teilweise unterschiedlich geregelt. Gewisse Kantone arbeiten mit einer Sperrfrist, andere mit einer Checkliste welche die Berücksichtigung der regionalen Vegetationsruhe voraussetzt.

Die Sperrfristen geben zwar einen klaren Zeitrahmen an, der bei einem Verstoss die Haftungsfrage erleichtert. Jedoch ist die Sperrfrist pflanzenbaulich gesehen wenig sinnvoll. Nur weil die datierte Sperrfrist aufgehoben ist, heisst es nicht, dass die Bedingungen für eine Gülleausbringung gegeben sind. Es besteht immer noch die Gefahr von Gewässerverschmutzung mit der Folge einer Busse. Bei einem Verstoss haftet immer der Landwirt.

Viel sinnvoller ist hier die Berücksichtigung der Vegetationsruhe. Einige Kantone wie beispielsweise Zürich, Thurgau und St. Gallen arbeiten mit einer Checkliste. Die aktuellen Temperaturverläufe können auf der Webseite des Kantons nachgeschaut werden. Somit wird der Gülleausbringzeitpunkt individuell bestimmt – was wiederum mehr Handlungsspielraum erzeugt.

Mehr Güllelagerraum schaffen oder Gülle abgeben

Damit die Gülle im Herbst nicht «entsorgt» werden muss, wäre es sinnvoll, grössere Güllelagerräume zu schaffen. Es bestehen bereits zonenabhängige Richtlinien zum nötigen Güllelagervolumen für den Winter. Dies bedingt aber, dass die Güllekästen im Herbst komplett geleert werden, damit die Lagerkapazität für den Winter ausgeschöpft werden kann. [IMG 4]

«Gülle sollte man als wertvollen Dünger betrachten, nicht als Entsorgungsgut.»

Daniel Nyfeler, Arenenberg

Um das Güllevolumen im Winter möglichst klein zu halten, kann zum Beispiel etwas weniger Meteorwasser eingeleitet und mit dem Spülwasser sparsamer umgegangen werden. Die Konsequenz davon ist dafür etwas dickere Gülle im Frühling, was wiederum negative Folgen auf die Einsickerung hat oder eine Verdünnung der Gülle erfordert, bevor sie ausgebracht wird. Grosse Güllelager sind aber teuer und die Wirtschaftlichkeit schwierig abzuschätzen.

Alternativ könnten, wenn vorhanden, Güllelager von viehlosen Betrieben in der Nähe gemietet oder Gülle über einen Lohnunternehmer abgegeben werden.

Bei knappem Gülleraum ist es wichtig, frühzeitig im Herbst bereits Gülle abzugeben, da Anfang Jahr die meisten Lager bereits voll sind.

 

Definition der Vegetationsruhe

Die Vegetationsruhe ist der Zeitraum, in welchem die Pflanzen den Stickstoff unzureichend aufnehmen können. Sie beginnt, wenn die durchschnittliche Lufttemperatur, gemessen 2 Meter über dem Boden, an fünf aufeinander folgenden unter 5 Grad liegt. Die Vegetationsruhe ist beendet oder vorübergehend unterbrochen, wenn die durchschnittliche Lufttemperatur an sieben aufeinanderfolgenden Tagen über 5 Grad liegt.