Kurz & bündig

- Noch ist der Anbau von Körnerleguminosen für die menschliche Ernährung eine Nische.
- Wirtschaftlich machen Ertragsschwankungen die Kulturen zur Herausforderung.
- Doch der Einzelkulturbeitrag von Fr. 1000.–/ha ist interessant.
- Wer Körnerleguminosen anbauen will, muss die Anforderungen der Absatzkanäle kennen.

Körnerleguminosen wie Ackerbohnen, Eiweisserbsen, Kichererbsen, Lupinen oder Soja sind auf hiesigen Äckern vermehrt anzutreffen.

Eiweisserbsen oder Linsen werden mit einer Stützfrucht wie Gerste, oder im Falle von Linsen mit Kurzstrohhafer oder Leindotter angesät, was den sich rankenden Pflanzen mehr Standfestigkeit verleiht.

«Die Standfestigkeit ist eines der noch ungelösten Probleme im Eiweisserbsen-Anbau», bemerkt Sonja Basler vom Strickhof. Die Anbaufläche von pflanzlichen Proteinträgern ist steigend. Mit einer Fläche von 3500 ha übernehmen die Eiweisserbsen den Spitzenplatz, gefolgt von Ackerbohnen, Soja, Lupinen und Kichererbsen.

Aus Lupinen wird beispielsweise Joghurt hergestellt, erklärt Sonja Basler. Kichererbsen werden vom Start-Up Fabas zu Schweizer Humus verarbeitet. Aus Eiweisserbsen und Ackerbohnen wird Falafel, und Ackerbohnen finden ihren Platz als Proteinkonzentrat im Ackerhack, so Basler.

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Aber nicht nur in der Verarbeitung sind Körnerleguminosen vielfältig – sie bieten auch im Ackerbau Vorteile. Durch die Symbiose mit Knöllchenbakterien ist es den Pflanzen möglich, Stickstoff aus der Luft zu fixieren. Dieser steht der Kultur selbst und auch Folgekulturen wie Getreide zur Verfügung.

Eine wichtige Nährstoffversorgung des Bodens mit Stickstoff kann so gewährleistet werden. Zudem senkt der verminderte Stickstoffeinsatz auch die Kosten für Mineraldünger – eine ökonomisch sinnvolle Sache – wie Jürg Hiltbrunner von Agroscope anmerkt.

Das sind Körnerleguminosen

Körnerleguminosen sind grundsätzlich wärmeliebende Pflanzen. Sie mögen es warm bei der Aussaat und brauchen während der Blüte genügend Wasser. Meistens wird die Winterfeuchte bei der Aussaat ausgenutzt, damit sich das Korn vollsaugen kann, um zu keimen. Die unregelmässige Abreife ist bei den Körnerleguminosen (Kichererbsen) eine Herausforderung. Die Ernte der Körnerleguminosen, z.B. Sommereiweisserbsen und Kichererbsen erfolgt genügend früh, damit noch eine Zwischenfrucht vor dem Wintergetreide gesät werden kann.

Wohin mit Eiweisserbsen, Ackerbohnen und Co.?

Doch sind die Kulturen angebaut, müssen sie auch einen Abnehmer haben. Aus diesem Blickwinkel ist es für die Landwirte wichtig zu wissen, was am Markt gefragt ist, betont Sonja Basler. Die Körnerleguminosen durchlaufen diverse Schritte, bis sie in verarbeiteter Form oder als ganzes Korn bei den KonsumentInnen auf dem Teller landen.

Die Abnehmerseite für Körnerleguminosen gestalte sich sehr heterogen, berichtet Stephan Scheuner von Swiss Granum. Die Palette der Abnehmer reicht von der M-Industrie bis zum Start-up Fabas, welche einheimische Rohstoffe nachfragen.

Für Stephan Scheuner stellen sich neben dem Anbau von Ackerkulturen für die menschliche Ernährung weitere Herausforderungen entlang der Wertschöpfungskette. Er weist etwa auf die höheren Anforderungen bezüglich der Reinigung hin (z.B. Besatz mit Fremdgetreide), da aus diesen Produkten Lebensmittel hergestellt werden.

Daneben bestehen je nach Absatzkanal (z.B. Direktvermarktung oder weiterverarbeitende Industrie) unterschiedliche Anforderungen an die Rohstoffe respektive die daraus hergestellten Produkte.

Wichtig ist aus Scheuners Sicht, dass sich die verschiedenen Akteure entlang der Wertschöpfungskette kontinuierlich austauschen. Die von Swiss Granum zur Bearbeitung der Thematik der Ackerkulturen für die menschliche Ernährung eingesetzte Arbeitsgruppe bietet dafür eine entsprechende Plattform, so Stephan Scheuner.

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Höherer Ertragsschwankungen als beim Getreideanbau

Der Anbau ist jedoch herausfordernd. Proteinkulturen unterliegen Ertragsschwankungen, die höher sind, als dies beim Getreide der Fall ist – dies erklären Sonja Basler vom Strickhof und Jürg Hiltbrunner von Agroscope übereinstimmend.

«Bei einem guten Jahr wie 2022 können durchaus gute Erträge von Kichererbsen geerntet werden. In einem Jahr wie 2021, das nass und kühl war, hatten die Kichererbsenproduzenten jedoch einen Totalausfall», weiss Sonja Basler.

Auch der Anbau von Lupinen ist nicht ohne Tücken. Der pH-Wert im Boden und der Kalkgehalt müssen stimmen, sonst fühlen sich die Pflanzen nicht wohl. Sonja Basler und Jürg Hiltbrunner weisen darauf hin, dass jede Kultur ihre Anforderungen ans Umfeld (Boden, Niederschlagsmenge usw.) hat. Um gute Erträge erzielen zu können, muss nebst einer guten Sorte und Anbautechnik auch das Umfeld (Boden, Witterung) passen.

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Wegen Bitterstoffen ist bei Lupinen viel Forschung nötig

Die Forschung bei den Lupinen schreitet voran. Sorten und Züchtungen werden in einem EU-Projekt in Zusammenarbeit mit dem FiBL ausgearbeitet, sagt Strickhof-Expertin Basler. Die Bitterstoffe (Alkaloide) sind in den Lupinen eine grosse Herausforderung, denn diese sind auch mit Zuchtsorten noch nicht so weit gediehen, dass sie grösstenteils in die menschliche Ernährung gelangen können, berichtet die Expertin weiter. Auch sei das Einschicken einer Probe Lupinen sehr teuer, denn die Analyse erfolgt im Ausland.

Doch die Bereitschaft, Lupinen anzubauen ist gross. Die Ackerfläche hat sich gemäss Agristat zwischen 2018 von 163 ha auf 304 ha im Jahr 2021 gesteigert.

Bei den Eiweisserbsen sowie bei Soja kann jedoch aus dem Vollen geschöpft werden. Soja wird in der Schweiz für Speisezwecke im Biokanal angebaut und verfügt über Züchtungen und Sortenprüfungen. Auch bei den Eiweisserbsen existiert eine Sortenprüfung, die jeweils im Abstand von drei Jahren vorgenommen wird, erläutert Sonja Basler.

Bei den Kichererbsen ist dies noch nicht der Fall. Ausprobieren ist gefragt, zudem Neugierde und auch eine gewisse Bereitschaft, das Anbaurisiko zu tragen.

Hier sind Verarbeitungsbetriebe wie Fabas bereit, einen gewissen Prozentanteil des Verkaufspreises in einen Risikofonds einfliessen zu lassen, um Ernterisiken finanziell abfedern zu können.

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Ertragsschwankungen erschweren die Wirtschaftlichkeit

Wirtschaftlich ist die Produktion von pflanzlichen Proteinen allerdings nicht immer, gibt Jürg Hiltbrunner zu bedenken. Die Ertragsschwankungen spielen eine grosse Rolle sowie die Unkrautregulierung. Jedoch ist der Einzelkulturbeitrag von 1000 Fr./ha für pflanzliche Eiweissträger sehr interessant, wie Sonja Basler und Jürg Hiltbrunner anmerken.

Der Bericht des Forum Ackerbau 2022 zeigt eine Vergleichsgrafik, nach der für das selbe ökonomische Ergebnis wie für 70 dt/ha ÖLN-Weizen (Kl. I)

  • 55 dt/ha Eiweisserbsen
  • oder 5 dt/ha Bio-Speisesoja
  • oder 33 dt/ha ÖLN-Futtersoja

produziert werden müssen.

Dies, kombiniert mit dem Einzelkulturbeitrag für Körnerleguminosen, macht die Produktion für die Landwirtschaft attraktiv.

Allerdings ist bei Soja vor allem die Bioproduktion für den Speisekanal finanziell interessant, bemerkt Sonja Basler. Soja nach ÖLN-Richtlinien produziert finde praktisch nur im Futterkanal einen Absatz. Auch bei den weiteren Körnerleguminosen ist die Bioproduktion und die Produktion unter Labels wie IP Suisse oder Demeter für die Abnehmer gefragt, Basler.

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Eine Nische für die menschliche Ernährung

Körnerleguminosen für die menschliche Ernährung bewegen sich in der Anbaufläche noch in einer Nische. Grund dafür sind die Ertragsschwankungen und die Wetterkapriolen. Doch die Anbaufläche von Soja nimmt in den letzten Jahren (2017–2022) langsam, aber stetig zu, wie Daniel Erdin von Agristat auf Anfrage schreibt. Die steigende Sojafläche ist auch auf die strengeren Fütterungsvorschriften im Bioanbau zurückzuführen.

Die Fläche von Eiweisserbsen ist 2022 stark zurückgegangen, wohingegen die Ackerbohnenfläche gestiegen ist. Ein Auf und Ab in der Anbaufläche, womit auch die Abnehmenden klar kommen müssen.

Der Aufbau von Vertrauen in die Zusammenarbeit der Akteure ist gefragt», erklärt Stephan Scheuner. Vieles sei bei den Körnerleguminosen für die Humanernährung noch in der Findungsphase. Richtpreise sind in Diskussion und auch bei den Qualitätsparametern wird fleissig getüftelt.

Anik Thaler, Gründerin des Start-Up Fabas, fasst die Qualitätsparameter zusammen: Es gibt für Eiweisserbsen drei Qualitätsstufen. Sie dürfen keine Steine, Verfärbungen oder Fauligkeit aufweisen. Zudem müssen sie von Dreck gesäubert werden. Diese zwei Stufen sind essenziell, wenn die Erbsen in die menschliche Ernährung gehen. Brucherbsen oder unförmige Erbsen werden von Fabas zu Humus oder Falafel verarbeitet.

Richtpreise gibt es noch nicht. Fabas arbeitet mit den Produzentinnen und Produzenten zusammen und sammelt so Erfahrungen über den Anbau, die Marktnachfrage und das Angebot. Die Übernahmebedingungen für die Erbsen richten sich zudem nach den Verträgen der IP Suisse.

Fehlender Grenzschutz bringt hohe Konkurrenz

Körnerleguminosen besitzen zur Zeit keinen Grenzschutz und sind entsprechend einer grossen Konkurrenz ausgeliefert. Hier sei es wichtig, betonen Jürg Hiltbrunner und Sonja Basler, dass der Abnahmepreis für die Proteinpflanzen auch stimme und auch die KonsumentInnen bereit seien, für das Schweizer Produkt angemessen zu bezahlen. Denn: Wo keine Nachfrage, da kein Angebot.

Deshalb ist eine Zusammenarbeit zwischen Produzenten, Verarbeitern, Mühlen und Sammelstellen wichtig, um den noch jungen Branchenzweig der verarbeiteten Körnerleguminosen voranzubringen.

Aufgrund der klimatischen Bedingungen in der Schweiz sei «testen und lernen» gefragt, erklärt Sonja Basler. Eine nennenswerte Aktion sei hier durch das Proteinnetzwerk entstanden. Die IP Suisse startete mit der Groupe Minoteries SA und der Feldkost Food AG die Firma «Protaneo», welche sich auf die Extraktion von Proteinen aus Schweizer Körnerleguminosen spezialisiert. In «Protaneo» arbeiten Labelorganisationen, Verarbeitende und Produzenten zusammen, was einen wichtigen Schritt für die Wahrnehmung von Schweizer Körnerleguminosen darstellt, so das Fazit von Sonja Basler.