Kurz & bündig
- Die Erträge der Saatkartoffeln im Vorjahr 2021 waren unterdurchschnittlich.
- Die fehlende Menge konnte der Handel im Ausland beschaffen.
- Dennoch wird zertifiziertes Schweizer Saatgut an Kühe verfüttert.
- Um das zu ändern, bräuchte es mehr Flexibilität bei der Sortenwahl.
Das Herz von Meisterlandwirt Daniel Niklaus aus Müntschemier BE schlägt für den Kartoffelanbau. Er baut diese Kultur auf rund 18 Hektaren an, der grösste Teil davon sind Saatkartoffeln. Als Verwaltungsratspräsident der Semag und Vorstand bei Swisssem und Delley Samen und Pflanzen AG dreht sich bei Daniel Niklaus zudem alles um das Pflanzgut.
«Für die Pflanzung 2022 musste der Handel für die Schweiz deutlich mehr Saatkartoffeln vom Ausland importieren als im Durchschnitt der letzten Jahre», gibt Daniel Niklaus Auskunft.
Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die schwierige Witterung hat auch den Saatkartoffel-Produzenten zu schaffen gemacht. «Die durchschnittlichen Erträge lagen tiefer als sonst üblich. Einzelne Parzellen konnten nur zum Teil oder gar nicht geerntet werden. Der Bedarf der Kartoffelproduzenten von rund 27 000 Tonnen Saatkartoffeln konnte nur dank deutlich mehr Import-Saatkartoffeln aus dem Ausland sichergestellt werden», sagt Daniel Niklaus.
Ein Teil des Saatguts endet als Futter für Kühe
6500 Tonnen Saatkartoffeln kamen 2021 vom Ausland in die Schweiz – das entspricht rund 25 Prozent. Dass ein Teil des Saatgutes importiert werden muss, ist auch in guten Jahren durchaus üblich.
Aber auch nach der schlechten Ernte 2021 werden einige hundert Tonnen Schweizer Saatkartoffeln an die Kühe verfüttert. Das sind Einzelposten, Kleinsortierung oder Restposten. Gäbe es da nicht andere Lösungen als die Vernichtung von inländischer Wertschöpfung und den Import von ausländischem Pflanzgut?
Es wäre theoretisch möglich, die Kaliber anzupassen. Man könnte Kleinsortierungen anbieten oder grössere Kaliber, die eventuell von den Produzenten vor dem Setzen geschnitten werden könnten. [IMG 3]
«Kleine Kaliber sind unbeliebt»
Daniel Niklaus, Müntschemier BE
«Die Praxis zeigt, dass die Produzenten kaum bereit sind, kleine Saatkartoffeln auf ihre Felder zu setzen. Es besteht viel Respekt vor zu wenig Triebkraft aus der Knolle. Bei grossfallenden Saatkartoffeln haben wir hingegen ein anderes Problem. Bei grossen Kalibern braucht die gleiche Stückzahl Saatkartoffeln deutlich mehr Platz, was die Logistik, die Lagerung und den Transport verteuert», sagt Daniel Niklaus.
Er räumt aber ein, dass in den letzten Jahren bei Chipssorten bereits kleinere Anpassungen bei den Kalibergrössen erfolgreich umgesetzt und von der Praxis akzeptiert wurden.
Ein wesentlicher Grund für die im Durchschnitt jährlich anfallenden 1500 Tonnen überschüssigen Saatkartoffeln liegt in der Sortenvielfalt und dem schnellen Sortenwechsel. Es ist nicht einfach, gutes Vermehrungs-Saatgut zu erhalten, um damit eine neue Sorte in der Schweiz aufzubauen.
Ist dann heimisches Saatgut vorhanden, kann es sein, dass die erste Euphorie beim Verarbeiter, der Lagerung oder beim Produzenten bereits wieder vorbei ist.
2022 hat es 73 Sorten auf der Kartoffel-Sortenliste
Die Schweizer Sortenliste für Kartoffeln umfasst für dieses Jahr 73 verschiedene Kartoffelsorten. Hier sieht Daniel Niklaus Verbesserungspotenzial: «Ich wünschte mir, dass der Handel innerhalb der Segmente festkochend, mehligkochend, Frites und Chips flexibler wäre, was die Sorte angeht. Wenn es in einem Jahr wenig Saatkartoffeln der festkochenden Sorte Erika hat, könnte man beispielsweise auf eine vergleichbare Sorte wie Annabelle ausweichen, wenn von dieser noch Reserven an Lager sind.
Wenn die Händler und Produzenten aber stur auf ihrer Wunschsorte beharren, führt das dazu, dass bei jeder Sorte mehr oder weniger grosse Restposten anfallen, die dann als Überschüsse übrigbleiben. Saatkartoffeln kann man schliesslich nicht überlagern wie Getreide-, Mais- oder Zuckerrüben-Saatgut», so Niklaus.
Daniel Niklaus ist zuversichtlich für die neue Kartoffel-Saison
«Diese Überschüsse sind schade. Die Produktion von Saatkartoffeln ist aufwändig, anspruchsvoll und ressourcenintensiv. Es ist unökologisch, dieses hochwertige Produkt schlussendlich an die Kühe zu verfüttern», so der Meisterlandwirt.
Für die Anbausaison 2022 ist Daniel Niklaus zuversichtlich. Die Qualität des Pflanzgutes sollte stimmen, und die gewünschte Menge ist dank Importen aus Deutschland, Holland und Frankreich verfügbar. «Es war das Glück vieler Produzenten, dass die Hagelgewitter erst spät kamen und die Saatkartoffeln zu diesem Zeitpunkt schon fast reif für die Krautvernichtung waren», sagt Niklaus.
Die guten Erntebedingungen im Herbst haben das ihre dazu beigetragen, dass kaum Fäulnis am Lager aufgetreten sei. So wurden im Jahr 2021 nicht mehr Saatkartoffelposten als üblich aufgrund mangelhafter Qualität deklassiert.
«Einzig mit der Schwarzbeinigkeit hatten wir etwas mehr Probleme als sonst üblich. Die betroffenen Felder wurden aber von der Vermehrung ausgeschlossen», so Niklaus.
Auch er ist bereit für die neue Saison. Bei ihm in Boden kommen Pflanzkartoffeln aus der Schweiz und aus dem Ausland – und auch gross- und kleinfallende Posten.
Betriebsspiegel der Familie Niklaus
Daniel Niklaus,Müntschemier BE
LN: 50,1 ha
Kulturen: Wintergerste, Sommerweizen, Zuckerrüben, Industrie- und Frischkonsumbohnen, Kartoffeln
Arbeitskräfte: Betriebsleiterehepaar, Mutter, diverse saisonale Aushilfen