Kurz & bündig
- Aktuell sind Hoftötungen und Weidetötungen nur mit Ausnahmebewilligung erlaubt.
- Voraussichtlich im Sommer 2020 entscheidet der Bundesrat über eine Änderung der Verordnung.
- Für den Transport der Tierkörper braucht es spezielle Transporter.
- Schweizer Hersteller haben Anfragen, warten aber ab.
- Deutsche Hersteller haben verschiedene Fahrzeuge. Knackpunkt ist deren Zulassung in der Schweiz.
Tiere auf dem Hof töten und entbluten: Das ist stressfrei und kommt dem Konsumentenwunsch nach tierfreundlicher Haltung bis zum Ende entgegen.
Aktuell gibt es schweizweit sechs Betriebe mit Bewilligungen. Diese liegen in den Kantonen Zürich, Graubünden, Solothurn, Neuenburg und Zug. Davon sind vier Bewilligungen für die Hoftötung und zwei Betriebe für die Weidetötung.
Laut der eidgenössischen Verordnung über das Schlachten und die Fleischkontrolle müssen Nutztiere im Schlachthof getötet werden. Die Hof- und Weidetötungen sind mit Ausnahmebewilligungen gestattet. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV teilt auf Anfrage mit, dass die Verordnung über das Schlachten und die Fleischkontrolle aktuell angepasst wird.
Dadurch wird der erste Schritt der Schlachtung (Betäuben und Entbluten) auf dem Hof respektive Weide möglich. Die weiteren Schritte müssen in einem bewilligten Schlachthof stattfinden. Voraussichtlich im Sommer 2020 wird der Bundesrat über die Verordnungsänderung entscheiden.
Eine Weisung ist nicht vorgesehen, da die Anforderungen rechtlich geregelt sind. Das BLV beabsichtigt jedoch ein Informationsschreiben zu publizieren, um darin die rechtlichen Anforderungen an die Hof- und Weidetötung zusammenzutragen.
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Die Zeit ist knapp, die Vorschriften sind streng
Zwischen der Tötung und der Entnahme der Eingeweide im Schlachthof dürfen maximal 45 Minuten liegen. Für abgelegene Betrieb ist Hoftötung daher unrealistisch. Und für den Transport der Tiere gelten strikte Vorschriften.
Aktuell gibt es in der Schweiz nur einen amtlich bewilligten Transporter-Typ, mit welchem nach der Hof- oder Weidetötung die Tierkörper in den Schlachthof gefahren werden dürfen. Dies ist der T-Trailer der deutschen Firma Innovative Schlachtsysteme ISS.
Der T-Trailer ist (noch) der einzige amtlich bewilligte Transporter
Georg Blunier in Paspels GR nutzt diesen Trailer. Bei seiner Art der Hoftötung wird das Tier im betriebseigenen Fressgitter getötet und dann mit einem Frontlader für den Entblutungsschnitt aufgezogen. Danach wird es auf den T-Trailer verladen und in den Schlachthof verladen.
Lea Trampenau von der Firma Innovative Schlachtsysteme ISS registriert eine stetig wachsende Nachfrage: «Die Idee der Hoftötung ist eine Bewegung geworden. Nicht nur bei uns in Deutschland, auch in den umliegenden Ländern: In Tschechien, Österreich, Frankreich, Italien – und in der Schweiz.»
Mit der Nachfrage nach der Hoftötung steige auch die Nachfrage nach technischem Equipment zur Einhaltung der Hygienevorschriften. ISS habe eine einfache, weil kostengünstige technische Lösung, die in Deutschland seit nunmehr zehn Jahren bei ständiger Weiterentwicklung im Einsatz ist.
Der T-Trailer wird an den Traktor oder PKW angehängt. Er wird in der Grundausstattung mit einer Entblute-Wanne und Hygiene-Einrichtung (Waschbecken) geliefert. Je nach Bedarf kann der T-Trailer mit Seilwinde, herausnehmbarer Bordwand und einem Schragen inklusive Schragenführung ergänzt werden. Der Trailer kostet in der Grundausführung rund 12 000 Franken.
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«Platzhirsch Hofschlachtungen GmbH» wartet auf Bewilligung
Ein anderes System möchte Mischa Hofer von der «Platzhirsch Hofschlachtungen GmbH» anwenden. Bei Redaktionsschluss Ende Februar 2020 stand die Bewilligung des Fahrzeugs noch aus.
Hofer will mit einer «mobilen Schlachteinheit» arbeiten. Der Anhänger enthält eine ausfahrbare Plattform mit integriertem Fressgitter, in dem die Tiere betäubt werden. Danach werden sie ins Fahrzeuginnere gezogen, dort im geschlossenen Raum entblutet und zum Schlachthof gefahren. Im Schlachthof findet die Entnahme der Eingeweide und die weitere Verarbeitung statt.
Hofer ist medial und bei den Landwirten aktuell stark präsent und wirbt für seine Art der Hoftötung: «Ich sehe einen möglichen Nischenmarkt für Landwirte mit Direktvermarktung und Metzgereien.» Künftig will er in seiner «mobilen Schlachteinheit» MSE-200A videoüberwachte Tötungen durchführen. Zudem bietet er sie auch zum Verkauf an.
Die MSE-200A kostet rund 92'000 Franken. Wer sich die Anschaffung überlegt, braucht eine Stromversorgung (Drehstrom, 400V/10A) auf dem Hof. Die Bedienung der mobilen Schlachteinheit erfolgt ausschliesslich durch eine eingewiesene Person mit entsprechendem Sachkunde-Nachweis (gemäss Tierschutz-Schlachtverordnung). Die Rinder müssen an ein Fressgitter gewöhnt sein und der Einsatzstandort muss den technischen Anforderungen entsprechen.
Thomas Mayer von der deutschen IG Schlachtung mit Achtung arbeitet bereits mit der MSE-200A und führte damit 2019 in Baden Württemberg rund hundert Hoftötungen durch.
Er betont aber: «Die Tiere müssen ans Fressgitter gewöhnt sein und freiwillig hineingehen. Nur, wenn dies der Fall ist und die Tiere völlig entspannt sind, setze ich den Bolzenschuss.» Sobald jemand das Tier hineintreiben wolle, breche er den Vorgang ab. «Hat ein Tier Angst, schüttet es Cortisol aus. Das riechen seine Artgenossen und dann gehen sie nicht mehr ins Fressgitter.»
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Schweizer Fahrzeug-Hersteller warten noch ab
«die grüne» hat bei Fahrzeug-Herstellern in der Schweiz und im Ausland nachgefragt, ob sie eine Nachfrage nach Schlachtkörper-Fahrzeugen spüren und wie sie den Markt sehen. Die Schweizer Hersteller Scherz Fahrzeugbau, Schölly AG und Fankhauser Fahrzeugbau melden zurück, dass sie noch keine Anfragen hatten.
Martin Scherz schreibt, dass er durchaus einen Markt für solche Spezial-Anhänger sieht. «Das Problem wird der Preis sein, denn sobald Massenware-Anhänger aus dem Ausland verwendet werden können, ist ein vergleichbarer Preis für Schweizer Hersteller unrealistisch zu erreichen.» Doch: «Diese typengeprüften Anhänger erfüllen auch oft nicht die geforderten Vorschriften betreffend Dichtheit usw., wie sie bei uns Standard sind», so Scherz.
Adrian Schölly schätzt den Markt als eher klein ein: «Aber für spezielle Lösungen sind wir immer offen.»
Peter Flückiger von der Fankhauser AG sieht keinen Markt, die Firma werde auch keine spezielle Lösung vorstellen. Für seine Region sei das kein Thema: «An unseren Betrieb angrenzend steht ein Notschlachthaus für die ganze Region.»
Patrick Remy von Animal CorbiTransport aus Gümmenen macht Transporte von toten Tieren. Vor allem für die Kantone Freiburg und Waadt, zum Teil auch für den Kanton Bern. Er sieht Angebot und Nachfrage kritisch, da das Fleisch teurer werde: «Es braucht einen amtlichen Tierarzt, für die Lebendschau und die Fleischkontrolle.» Schwierigkeiten sieht er bei den kantonalen Hygienevorschriften, welche strenger sein könnten als die nationalen Vorgaben. Obwohl er die Hoftötung als positiv fürs Tierwohl sieht, setzt er bei der Rentabilität ein grosses Fragezeichen. Der ausgebildete Metzger und amtliche Fachassistent Remy hatte Anfragen zum Thema, bietet aktuell aber nichts an.
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Lebendtransport nach Möglichkeit vermeiden
Ein weiterer Anbieter von Tierkörper-Transportern ist die deutsche Firma BAOS. Gerhard Rempe von BAOS schreibt, dass sie Anfragen zu der Thematik sowohl aus Deutschland als auch vermehrt aus ganz Europa erhalten. In der Regel geht es den Landwirten, Metzgern und Schlachtern um eine stressfreiere Tötung ihrer Tiere. Ein Lebendtransport soll vermieden werden.
BAOS fertigt seit über zehn Jahren Fahrzeuge für Schlachtbetriebe, die frisch verletzte oder transportunfähige Tiere bei den Landwirten auf deren Höfe schiessen, dann innerhalb von 60 Sekunden den Entblutungsschnitt ausführen und in der Folge zum Schlachthof bringen.
Der BAOS-Anhänger ist komplett aus Aluminium verschweisst, und ist mit einer Seilwinde und einer ausreichend dimensionierten Blutwanne ausgestattet. Der Anhänger ist hygienisch konzipiert und leicht zu reinigen. Die Preise liegen je nach Ausstattung und Anforderung zwischen 25'000 bis 40'000 Euro. Bei individuellen Kundenwünschen kann es durchaus auch mehr werden. Die Preise verstehen sich zzgl. Fracht, Verzollung und ggf. Steuern. Die Fahrzeuge werden auftragsbezogen produziert und haben Stand Ende Februar 2020 eine Lieferzeit von sechs bis acht Monaten.