Kurz & bündig

- Für die Hoftötung rechnet Blunier mit einer Vor- und Nach-bereitungszeit von drei Stunden.
- Die grösste Investition war der Trailer, der rund 12 000 Franken kostete.
- Er rechnet mit Mehrkosten von 350 bis 400 Franken pro Tier.
- Diese Mehrkosten schlägt er auf den Fleischpreis.
- Vor der Hoftötung muss ein Tierarzt für die Lebendtierschau vorbeikommen.
- Blunier möchte seine Tiere künftig selber betäuben.

Georg Blunier vom Hof Dusch in Paspels GR ist mitten in den Vorbereitungen für eine Hoftötung. Das Ganze muss schnell gehen. Nach dem Bolzenschuss im Fressgitter muss er eine Kette am Hinterbein befestigen und das Tier mit dem Frontlader aufziehen, damit der Metzger den Entblutungs-Schnitt durchführen kann. All das in nur 60 Sekunden.

«Die Vorbereitung ist enorm wichtig», sagt Georg Blunier und stellt fein säuberlich die benötigten Utensilien bereit:

  • Lockfutter, damit Blunier das Tier ins Selbstfanggitter locken kann, falls es nicht von alleine kommt.
  • Eine Kette, mit welcher das Tier am Hinterbein aufgezogen wird.
  • Frisches, heisses Wasser, damit der Metzger nach dem Entblutungs-Schnitt seine Hände waschen kann.
  • Ein Becken, um das Blut aufzufangen.
  • Etwas Sägemehl als Saugmaterial, falls etwas Blut daneben geht.

Zuvor hat Blunier den Laufhof geputzt und den Bereich beim Selbstfanggitter, wo das Tier zu Boden gehen wird, mit dem Hochdruckreiniger sauber gemacht. Der Frontlader mit der Verlängerung steht bereit. Damit wird das Tier aufgezogen. Danach wird der Tierkörper auf den T-Trailer auf einen Rollwagen gelegt und festgebunden.

Die Vorbereitungen sind beinahe abgeschlossen. Auf der anderen Seite des Laufhofs, an der langen Fressachse, lässt Blunier Grassilage-Mischung heraus. Die Muttertiere, alles Grauvieh, kommen fressen und sind sogleich im Selbstfanggitter fixiert. «So sind die Tiere beschäftigt und ruhig», sagt Blunier.

Das Tier wird im Selbstfangitter mit Bolzenschuss betäubt

Blunier geht zum Fressbereich der Jungtiere und verteilt ebenfalls Grassilage. Ausnahmslos alle kommen fressen. «Ich füttere am Vorabend einer Hoftötung bewusst etwas weniger», sagt er. So sei er sicher, dass auch alle fressen kommen und sicher eines im ersten Platz, im Selbstfanggitter fressen geht. Sollte dennoch keines von selber ins Fressgitter gehen, steht der Kübel mit dem Lockfutter bereit.

Und so ist es auch an diesem Tag. Blunier schwingt den Kessel mit dem Lockfutter. Rind Sonja lässt sich leicht überzeugen. Es kommt und das Fressgitter schnappt zu.

Bei Blunier sitzt jeder Handgriff. Er geht zu Sonja rein und trennt die anderen Jungtiere von ihr ab. «Das machen wir vor allem wegen der Arbeitssicherheit», denn nach dem Betäuben mittels Bolzenschuss muss es schnell gehen.

Die Lebendtierschau durch den Tierarzt ist ein Muss

Es fehlt noch die Tierärztin für die Lebendtierschau – und der Metzger, welcher den Bolzenschuss setzt und die Schnitte für das Entbluten macht. Doch heute wird kein Tier getötet:

Blunier demonstriert für «die grüne» nur, worauf es ankommt, damit die Hoftötung stressfrei abläuft. Bei einer realen Hoftötung bliebe keine Zeit für detailreiche Erklärungen. Eine Trockenübung also.

Sonja steht immer noch im Fress-gitter und frisst das Lockfutter. Das Selbstfanggitter ist gegen oben offen. Es ist eine Eigenkonstruktion. Diese war nötig, weil man den Kopf eines behornten Tieres nach dem Bolzenschuss kaum wieder aus einem normalen Selbstfanggitter herausbrächte. Bluniers Konstruktion lässt sich durch einen Handgriff komplett lösen.

Die anderen Tiere fressen bei der Hoftötung ruhig weiter

Bei einer realen Hoftötung würde der Metzger jetzt an den Kopf des Tieres fassen. So weiss er, ob das Tier nachher den Kopf zurückziehen würde oder nicht. Die Jungtiere auf dem Hof Dusch sind sehr zahm. «Möglichst bei jeder Fütterung berühre ich sie am Kopf», sagt Blunier.

Als auf dem Hof Dusch im Frühling 2018 die ersten Hoftötungen stattfanden, wusste Blunier noch nicht, wie die anderen Tiere reagieren würden, wenn ein Artgenosse betäubt zu Boden sackt.

Er fand es anfangs selbst erstaunlich, dass die anderen Tiere ruhig bleiben und einfach weiterfressen. Er ist überzeugt: «Das muss man der Kundschaft erklären, weil sie sonst bestimmt ganz andere Vorstellungen davon haben.»

60 Sekunden zwischen Bolzenschuss und den Entblutungs-Schnitt

Heute ist Sonjas Glückstag, denn Blunier entlässt sie wieder aus dem Fressgitter und erklärt, was die folgenden Schritte wären: «Nach dem Bolzenschuss befreie ich den Kopf des Tieres vom Fressgitter, befestige die Kette am Hinterbein und ziehe das Tier mit dem Frontlader auf.» Der Metzger stellt das Auffangbecken für das Blut unter den Kopf und macht den Entblutungs-Schnitt.

Zwischen Bolzenschuss und den Schnitten dürfen nicht mehr als 60 Sekunden verstreichen. Das Schiessen und Entbluten findet auf einem befestigten Platz statt. Es darf wortwörtlich kein Blut vergossen werden – nur in das Auffangbecken.

Nach etwa vier Minuten fliesst kein Blut mehr und Blunier fährt mit dem Tier zum Trailer. Der Tierkörper lässt sich gut zu zweit verladen und festbinden.

Wegen den Gewässerschutz-Bestimmungen muss das Blut in einem Fass mit in den Schlachthof gefahren und dort entsorgt werden. Deshalb schüttet Blunier das mittlerweile gestockte Blut ein Fass um, währendem der Metzger schon losfährt.

Der Transportweg zum Schlachthaus muss kurz sein

Das Schlachthaus befindet sich im nahegelegenen Bonaduz GR. 13 Minuten dauert die Fahrt dorthin. Damit liegt Blunier in den vorgegebenen 45 Minuten, die er als Vorgabe einzuhalten hat. Die 45 Minuten beziehen sich auf die Zeit zwischen dem Bolzenschuss und der Entnahme der Eingeweide.

Im Schlachthaus angekommen, wird der Rollwagen mit dem Tierkörper mit einer im Trailer integrierten Seilwinde von der Rampe runtergelassen, dann von Hand in den Schlachtraum geschoben und dort verarbeitet. Anschliessend macht der Tierarzt die Fleisch-Schau.

Die Rechnung geht auf – trotz höheren Kosten

Betrachtet man die Kosten, käme es Bluniers günstiger, ihre Tiere zu verladen und in den nächsten Schlachthof zu fahren. Deshalb schlagen sie die Zusatzkosten vollumfänglich auf das Produkt, also auf den Fleischpreis.

Blunier rechnet mit 350 bis 400 Franken Mehrkosten pro Tier. Darin enthalten sind drei Stunden Vorbereitungszeit, aber auch die Nachbereitungszeit, wie beispielsweise das Waschen des Trailers.

Auch müssen Bluniers den Tierarzt und den Metzger bezahlen. Für den T-Trailer verrechnet Blunier intern 100 Franken pro Nutzung.

Bis zum Schluss machen die gesamten Mehrkosten pro Kilogramm verkaufsfertiges Fleisch einen Mehrpreis von etwa 2.50 Franken aus. «Die Rechnung muss aufgehen, auch wenn wir die Hoftötung in erster Linie aus Gründen des Tierwohls machen», sagt Blunier.

Die Investitionen in die Einrichtung sind überschaubar

Der Trailer (inkl. Import und Zulassung) kostete rund 12 000 Franken. Er ist flüssigkeitsdicht. Für Blunier bewährt sich das System mit der Winde und dem Rollwagen.

Die Verlängerung für den Frontlader kostete etwa 800 Franken. Sie ist nötig, weil man den Tierkörper sonst zu wenig hoch anheben könnte. Blunier erklärt: «Die benötigte Länge täuscht: Die Verbindungskette, die gestreckte Länge des Tieres plus etwa50 cm sind nötig, sonst kann ich das Tier nicht optimal auf den Trailer legen.»

Die baulichen Massnahmen umfassten eine Betonplatte neben dem Fressgitter, wo das Tier ausgeblutet wird. Die Zwischenräume der Verbundsteine beim Fressgitter musste Blunier mit einer Zementmischung versiegeln. Und den Platz für das Verladen des Tierkörpers ebnete er aus.

Georg Blunier will seine Tiere künftig selber betäuben

Georg Blunier ist mit dem Ablauf mehrheitlich zufrieden. Er könnte sich sogar vorstellen, dass er zukünftig seine Tiere mit dem Bolzenschuss-Apparat selber betäuben und den Schnitt zum Entbluten machen würde. Dafür müsste er aber zuerst die nötige Ausbildung absolvieren und die entsprechend Fachkompetenzen nachweisen können. «Für den Gesamtprozess wäre das besser», sagt Blunier. Damit meint Blunier, dass er nie genau weiss, ob auch wirklich ein Tier selber ins Selbstfanggitter geht.

«Bis jetzt hat das immer geklappt», sagt er. Der Tierarzt und der Metzger seien bei bisher allen 20 Schlachtungen nie vergebens gekommen. Könnte er das Tier selber betäuben und töten, wäre er etwas flexibler im Zeitmanagement. Die Verantwortung und das Know-how würden dadurch zunehmen.

Blunier will die Tiere künftig mit 24 Monaten schlachten

Bezüglich Einrichtung hat Blunier seit den ersten Hoftötungen im Frühling 2018 nur das Fressgitter anpassen müssen. Sein System funktioniere gut. Blunier plant aber eine grundsätzliche Änderung im Management seines Grauviehs, was auch eine Änderung der Einrichtung mit sich zieht: «Bisher haben wir die Jungtiere mit 12 bis 14 Monaten geschlachtet.» Neu will er sie bis zu zwei Jahre alt werden lassen.

Das habe verschieden Vorteile: «Ältere Tiere sind besser an uns gewöhnt und meistens überhaupt nicht kopfscheu», sagt Blunier. Ein weiterer Grund sei, dass die Muttertiere nicht nach ihnen suchen, weil sie dann ein frisches Kalb hätten. Und der wohl wichtigste Grund für Blunier: «Ein älteres Tier liefert mehr Fleisch als ein junges – so sind insgesamt weniger Schlachtungen nötig.»

Der Landwirt aus dem Bündnerland sucht Nachahmer

Für die bis zu 24 Monaten alten Tiere wird Blunier ein neues Selbstfanggitter anschaffen. «Für drei oder vier Tiere», sagt er. «Dann kann ich die Tiere rauslassen, die ich noch nicht schiessen will.»

Blunier betont, dass die Hoftötungen nicht auf jeden Betrieb passen. Es brauche viel Engagement und Wille. Es gebe gewisse Herausforderungen: «Man muss beispielsweise einen Metzger finden, der das machen will», sagt er. Blunier rät, sich Partner zu suchen, um sich beispielsweise den Trailer gemeinsam anzuschaffen.

Als wir uns verabschieden, steht auf dem Hof Dusch noch immer alles bereit für die Hofschlachtung. «Morgen kommt eine Gruppe Landwirte für eine weitere Trockenübung», sagt Georg Blunier und lacht.

Ob er denn nicht Bedenken hat, sein Alleinstellungsmerkmal zu verlieren? Doch davon will der Landwirt aus dem Bündnerland nichts wissen. Er hofft auf viele Nachahmer. Zum Wohl der Tiere.

Betriebsspiegel Biohof Dusch

Claudia (35) und Georg (38) Blunier mit Men (7), Luzius (5) und Ignaz (1) aus Paspels GR

LN: 30 ha
Bewirtschaftung:Demeter, KAGfreiland
Kulturen: Dauergrünland, Kunstwiesen, Emmer, Weizen, Hartweizen, Hirse, Buchweizen, Linsen, Hanf, Raps
Tierbestand: 20 Mutterkühe mit Kälbern, 15 Spiegel- und Coburger-Fuchsschafe, 2 bis 3 Turopolije-Schweine
Weitere Betriebszweige: Direktvermarktung (Hofladen, online, Gastronomie), weitere Verkaufskanäle: Granalpin, Biofarm und Naturkraftwerke
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar, Lernender, Zivildienstleistender im Sommer

www.hof-dusch.ch

SRF-Dokumentarfilm «Mona mittendrin: Hofschlachtung» 

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