Mit extremen Forderungen und einseitigen Schuldzuweisungen lassen Initianten und Unterstützer der Trinkwasser-Initiative und der Pestizid-Initiative Respekt, Anstand und Wertschätzung gegenüber den Bauernfamilien vermissen. Diese arbeiten nicht nur tagtäglich für unser Essen. Vielmehr haben sie in den vergangenen dreissig Jahren mit vielfältigen ökologischen Massnahmen unser Landschaftsbild wieder verschönert, Flora und Fauna neue Lebensräume verschafft, den Einsatz von Hilfsstoffen gesenkt und das Tierwohl verbessert.
Natürlich gibt es weiteren Handlungsbedarf in der Schweizer Landwirtschaft. Aber dazu genügt ein konsequenter Vollzug des bestehenden Gesetzeswerkes. Zudem: Kein Land dieser Welt schreibt Bauern soviel ökologische Ausgleichsflächen vor wie die Schweiz. Und unsere Landwirte sind beim Anteil der Auslauftiere und Weidetiere weltmeisterlich.
Hierzulande verboten – aber weltweit zulässig – sind tagelange Schlachtvieh-Transporte, Käfigbatterien, Kastenstände, Kastrieren ohne Schmerzausschaltung und Dutzende andere Tierquälereien.
Bezeichnenderweise protestieren die Initianten nicht gegen die laufende Zubetonierung der Landschaft mit Autobahnen, Eisenbahn-Trassen, Häusern und Gewerbezonen. Und dies, obwohl der Natur innert weniger Jahrzehnte über 300 Quadratkilometer entrissen wurden, was der Fläche des Kantons Schaffhausen entspricht.
Auch nicht gegen riesige Mengen an chemischen Rückständen von Hormonen, Haushalts- und Chemie-Chemikalien oder Arzneimitteln in unseren Flüssen.
Ebenso wenig gegen die Schnäppchen-Jägerei eines erheblichen Teiles unserer Konsumenten, denen beim Lebensmittel-Einkauf Herkunft, Umwelt oder Tierwohl herzlich egal sind, Hauptsache billig. Statt diese von der Gesamtgesellschaft verantworteten und auch nur von uns allen durch eine Änderung des eigenen Lebensstiles zu stoppenden, schädlichen Verhaltensweisen zu thematisieren, schiebt man den schwarzen Peter einer einzigen Bevölkerungsgruppe, den Bauernfamilien, zu.
Diese Fehlanalyse der Initianten wird dazu führen, dass selbst bei einer Annahme der Initiativen diese Probleme nicht gelöst würden.
Den Initianten schwebt ein Bio-Land Schweiz vor. Dagegen ist nichts einzuwenden, hätten die Konsumenten da nicht längst beim Einkaufen den negativen Tatbeweis erbracht. Obwohl alle Detaillisten ein vielfältiges Bio-Sortiment führen, werden pro Kopf und Jahr nur mickrige 400 Franken für Bio ausgegeben – bei einem Gesamtbudget von 7600 Franken.
Mit Blick auf diese seit Jahren sehr tiefe Nachfrage nach Bio-Produkten muss man schon auf einem Auge blind und ein grosser Heuchler sein, um Bio dann per Gesetz durchzwängeln zu wollen.
Allerdings, die Initianten und ihre gutmeinenden links-grünen Unterstützer könnten sich bezüglich Anpassungsfähigkeit der Bauern massiv täuschen. Nach Annahme der Initiativen würden nämlich sehr viele Bauern das Handtuch werfen müssen, auch wegen des Zerfalls der Bio-Preise am Markt.
Es ist gut vorstellbar – Extremes zieht häufig Extremes nach – dass diese Lücke dynamische Grossbetriebe besetzen würden, die bereit wären, ohne Direktzahlungen zu wirtschaften. Aber dafür auch ohne kostentreibende Initiativ- und anderen Öko-Vorschriften, in Agrar- und Tierfabriken nach ausländischem Vorbild.