Kupfer ist für die Bio- und die konventionelle Landwirtschaft ein wirksames Pflanzenschutzmittel gegen Pilzkrankheiten. Ein Verzicht auf das Fungizid Kupfer würde im Bio-Weinbau zu Ertragseinbussen von 50 bis 100 Prozent führen, bei Kartoffeln bis 80 Prozent und im Obstbau bis 40 Prozent.
Kupfer steht jedoch in der Kritik, weil es sich im Boden ansammelt und dort Bodenorganismen schädigt. Wird die Trinkwasser-Initiative von den Schweizer Stimmbürgern 2021 angenommen, wäre der Kupfer-Einsatz auch für Bio-Landwirte verboten. Auch im Aktionsplan Pflanzenschutzmittel des Bundesrates wird Kupfer als Pflanzenschutzmittel mit besonderem Risikopotenzial identifiziert.
Das FIBL forscht seit 30 Jahren nach einem Kupfer-Ersatz in der Landwirtschaft
Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL forscht seit den 1980er-Jahren an Kupfer-Ersatzprodukten. Und seit 2011 betreibt es mit der Universität Basel ein entsprechendes Forschungsprogramm.
Aus 3500 Extrakten von Pflanzen und Mikroorganismen wurden 175 Extrakte identifiziert, die als Kupfer-Ersatz in Frage kommen.
«In aufwändigen Analyseverfahren wurden dieAktivsubstanzen identifiziert, die Top-Kandidaten weiterentwickelt und formulierte Prototypen des Produkts im Feld getestet», erklärt Lucius Tamm, Direktor für Kooperationen und Leiter Departement für Nutzpflanzenwissenschaften am FIBL.
Für den in Wirkung und Wirtschaftlichkeit vielversprechendsten Extrakt wurde ein Patent beantragt und die Weiterentwicklung intensiviert.
Forschungskooperation zwischen Fenaco und Bio-Forschungsinstitut FIBL
Der Agrarkonzern Fenaco und das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FIBL gehen eine strategische Forschungskooperation ein. Bis 2025 wollen sie ein Kupfer-Ersatzprodukt für die Landwirtschaft auf den Markt bringen.
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Die Fenaco soll den Kupfer-Ersatz bis zur Marktreife bringen
Hauptanwendungsgebiet soll der Falsche Mehltau bei Reben sein, der Extrakt ist aber auch gegen andere Pflanzenkrankheiten wirksam.
Das revolutionäre Pflanzenschutzmittel soll vom Schweizer Agrarkonzern Fenaco zur Marktreife gebracht werden. Eine entsprechende strategische Forschungskooperation zwischen Fenaco und FiBL gaben die beiden Partner Mitte August 2020 bekannt. Bis dahin sind zahlreiche weitere Abklärungen in Bezug auf die Produktion, die Produktzulassung und die Vermarktung notwendig.
Die Markteinführung dieses Kupfer-Ersatzproduktes ist gemäss Lucius Tamm vom FIBL frühestens im Jahr 2025 möglich. Ein Ziel, das Fenaco-CEO Martin Keller als «sehr ambitioniert» bezeichnet. «Ich würde mich aber sehr freuen, wenn Kupfer als eines der ältesten Fungizide der Welt so schnell ersetzt werden kann.»
So werden Kupfer-Fungizide in der Landwirtschaft eingesetzt
Kupfer als Pflanzenschutzmittel wird seit den 1880er-Jahren in Schweizer Rebbergen eingesetzt, um den Falschen Mehltau (Plasmopara viticola) zu bekämpfen.
Bis 1960 wurden in der Schweiz und den Nachbarländern sehr hohe Kupfer-Mengen von jährlich 50 kg/ha und mehr eingesetzt.
Die Höchstmenge für den Einsatz von Kupfer-Fungiziden bestimmen heute in der Schweiz:
- Zulassungsstelle für Pflanzenschutzmittel im BLW
- Bioverordnung (Verordnung über die biologische Landwirtschaft und die Kennzeichnung biologisch produzierter Erzeugnisse und Lebensmittel)
- Richtlinien von Bio Suisse
Die Begrenzung bezieht sich immer auf den Reinkupfer-Anteil in den Wirkstoffen wie Kupferhydroxid, Kupferoxychlorid, Bordeauxbrühe etc. In der Schweiz sind die jährlichen Höchstmengen für Kupfer-Fungizide heute (2020):
BLW-Pflanzenschutzmittelverzeichnis
- 4,0 kg/ha in den meisten Kulturen
- 6,0 kg/ha in Reben
Bioverordnung
- 4,0 kg/ha auch für Reben, wobei in kritischen Jahren bis 6 kg/ha eingesetzt werden dürfen.
Bio Suisse
- 2,0 kg/ha in Beerenkulturen
- 1,5 kg/ha im Kernobstanbau, bei Risiko von Feuerbrand bis 4 kg/ha
Eine Pilotstudie des FIBL hat gezeigt, dass Schweizer Bio-Landwirte viel weniger Kupfer ausbringen als erlaubt wäre:
- 0,7 kg/ha auf Fruchtfolgeflächen
- 1,0 kg/ha und weniger für Äpfel, Beeren, Kohl, Tomaten und resistente Rebsorten
- 1,0 kg/ha bis 2 kg/ha bei Birnen, Aprikosen und Karotten
- 2,0 kg/ha und mehr bei Kirschen, Kartoffeln, Sellerie und traditionellen europäischen Rebsorten