Kurz & bündig
- Das Bundesamt für Landwirtschaft fördert überbetriebliche Zusammenarbeitsformen, da diese Kosten sparen, Ressourcen schonen und Überlastung von Familien vermeiden können.
- Finanzielle Beiträge erhalten Projekte, die Grundlagenarbeit leisten.
- Wissen, zum Beispiel in Form von Musterverträgen und Checklisten, steht allen zur Verfügung.
Die Schweizer Agrarpolitik fördert die überbetriebliche Zusammenarbeit.» Doch was ist darunter zu verstehen? Martin Würsch leitet beim Bundesamt für Landwirtschaft BLW den Fachbereich Betriebsentwicklung und Bodenrecht.
Er erklärt, dass diese Förderung auf zwei Ebenen laufe: Zum einen stellt das BLW Wissen zur Verfügung. Konkret etwa auf der neuen Website www.agripedia.ch der Agridea, wo Interessierte zum Beispiel Musterverträge und Checklisten finden. Finanziert wurde diese Wissensdatenbank vom BLW. Diese Unterlagen sparen nicht nur Zeit, sondern auch Geld, das Landwirte für Beratungen ausgeben würden.
Zum anderen unterstützt das BLW komplexe Projekte mit «à fonds perdu»-Beiträgen in der Höhe von bis zu 20'000 Franken. Diese laufen unter dem Begriff «Strukturverbesserung». Das sind nicht einfache Betriebsgemeinschaften, die wie in der Reportage eine neue Lagerhalle bauen, sondern Projekte, bei denen es Grundlagenarbeit braucht. Martin Würsch bringt als Beispiel eine Idee aus dem Wallis: «Dort möchten Landwirte die Schotten aus der Käserei in einer Biogas-Anlage zu Energie umwandeln.»
Um die Machbarkeit zu klären, braucht es Studien. Entsprechend werden Gesuche für die «à fonds perdu»-Beiträge auch eher von Forschungsstätten eingereicht.
Die überbetriebliche Zusammenarbeit ist fürs BLW aus drei Hauptgründen sinnvoll, erklärt Martin Würsch:
- Zusammenarbeit spart Kosten, etwa bei der Mechanisierung durch sinnvoll ausgelastete Maschinen.
- Zusammenarbeit führt zu einem haushälterischen Umgang mit dem Boden und der Umwelt. Dadurch können auch die «Umweltziele Landwirtschaft» eher erreicht werden.
- Zusammenarbeit kann vermeiden, dass Familien überlastet werden. Denn ist die Arbeitslast auf mehrere Schultern verteilt, kann etwa bei einem Unfall der Betrieb weiterlaufen.
Zuerst eine Strategie mit Varianten überlegen
Doch bevor sich Landwirtinnen oder Landwirte zu einer Zusammenarbeit entschliessen, müssen sie eine klare Strategie haben, sagt Würsch.
«Am besten überlegt man sich Varianten für seinen Betrieb mit oder ohne Partner.» Auch ein Ausstiegs-Szenario gehört von Anfang an dazu. Danach beginne die Suche nach Partnern: Das sei eine enorm wichtige Phase, betont Würsch. Denn da spiele das Zwischenmenschliche hinein und die Partner müssen die Situation des anderen verstehen.
«Wer zum Beispiel seinen Stall sanieren will, das aber nicht alleine stemmen kann oder will, braucht nicht einfach einen Partner für den Stallbau.» Welche Strategie wollen die beiden mit dem gemeinsamen Stall verwirklichen?
Würsch findet es sinnvoll, Berater beizuziehen, warnt aber davor, Entscheide zu delegieren. Berater hätten viel Erfahrung und die nötigen Checklisten, die etwa bei der Gründung einer Betriebsgemeinschaft hilfreich sind. Sie können auch helfen, die Auflösungs-Szenarien und damit das Scheitern durchzudenken. Auch beim Erstellen des Vertrags brauche es Berater oder Juristen, damit im ganzen Papierwerk keine Widersprüche drin sind. Klar geregelt werden muss alles, bei dem es um Geld geht, so Würsch. Er rät dazu, auch die Arbeitsorganisation, Kontrollinstrumente und natürlich die Auflösungsmodalitäten zu regeln.
Die Starthilfe für junge Landwirte ist bekannt und bewährt
Finanzielle Unterstützung gibt es für Betriebsgemeinschaften über das bekannte Instrument der Starthilfe. Wer jünger als 35 ist, eine landwirtschaftliche Ausbildung (EFZ) oder eine erfolgreiche Betriebsführung vorweisen kann, auf seinem Betrieb 1 SAK beschäftigt und Tragbarkeit sowie einen Finanzierungsplan vorweist, kann beim Kanton ein Gesuch einreichen. 2020 wurden 536 Starthilfen bewilligt, meist bei Hofübergaben.
Lohnt sich eine GmbH für eine Gemeinschaft?
Die meisten Betriebsgemeinschaften sind einfache Gesellschaften – die Gemeinschafter haften solidarisch. Die Übergänge zur Kollektivgesellschaft sind fliessend. Im Handelsregister eingetragen wird nur die Kollektivgesellschaft.
Hat aber ein Betrieb eine gute Wertschöpfung, kann es sich durchaus lohnen, eine GmbH oder eine AG zu gründen, denn juristische Personen werden tiefer besteuert. Martin Würsch weist darauf hin, dass so eine «dritte Person» entstehe: «Daran müssen die Beteiligten stets denken.» Es sei also nicht mehr möglich, einfach Geld zum Beispiel für Haushalt, Ferien oder private Bedürfnisse aus der GmbH-Kasse zu nehmen. Zielführend und steuerlich interessant sei, das Geld stets im Kreis des Unternehmens zu behalten und Investitionen zu tätigen.
Keine Benachteiligungen für Gemeinschaften
Die Bestimmungen zu Betriebsgemeinschaften sehen vor, dass der Nebenerwerb 75 Prozent nicht überschreiten darf (Art. 10 Bst. c Landwirtschaftliche Begriffsverordnung, LBV). «Dadurch sollen «Pseudo-Betriebsgemeinschaften» vermieden werden», erklärt Martin Würsch.
Da in der Schweiz der Nebenerwerb in der Landwirtschaft, insbesondere auch im Berggebiet eine grosse Rolle spielt, ist nur eine minimale Arbeitsleistung von 25 Prozent für die Gemeinschaft Pflicht. Gemeinschaften sollen gegenüber dem Einzelbetrieb nicht behindert werden. Sie erhalten aber auch keine zusätzlichen Beiträge bei Direktzahlungen und Strukturverbesserungen.
Distanzkriterium bei anerkannten Zusammenarbeitsformen
In die gleiche Richtung geht die Vorgabe, dass die Betriebe einer Gemeinschaft maximal 15 Kilometer voneinander entfernt sein dürfen. Das benachteilige Betriebe im Berggebiet nicht, sagt Martin Würsch: «Eine erfolgreiche und wirtschaftliche enge Kooperation zwischen zwei Betrieben ist über 15 Kilometer kaum denkbar.»
Nebst der reinen Fahrdistanz kommen zusätzliche Hindernisse wie Topografie und Höhenunterschiede zum Tragen. «Der positive Effekt der Zusammenarbeit soll sich schliesslich auch positiv auf das wirtschaftliche Ergebnis der mitwirkenden Betriebe auswirken.»
Das Limit bei der Fahrdistanz kommt nur bei den anerkannten Zusammenarbeitsformen zu tragen. Es verhindert nicht, dass zum Beispiel ein Landwirt mit seinen Spezialmaschinen auch Arbeiten auf anderen Betrieben ausführen kann.
Zudem ergänzt Martin Würsch: «Im Berggebiet bestehen zum Beispiel mit Alpkooperationen oder Alpgenossenschaften für die Sömmerungsgebiete langjährige und historisch über Jahrhunderte hinweg gewachsene Kooperationsformen.» Auch ist diese Zusammenarbeit nicht abhängig von einem Distanzkriterium.