Kurz & bündig
- Um Mangelerscheinungen vorzubeugen, müssen die Spurenelemente Eisen und Selen bei Kälbern supplementiert werden.
- Die Supplementierung führt zu besseren Tageszunahmen und geringerer Krankheitsanfälligkeit.
- Während Kühe meist kein zusätzliches Eisen benötigen, profitieren sie jedoch oft von einer Selenzufütterung.

Die Aufnahme der Spurenelemente Selen und Eisen ist für Mensch und Tier essenziell. Beide Spurenelemente müssen sowohl in der Mutterkuh- als auch in der Milchviehhaltung in ausreichender Form zugeführt werden, um die Gesundheit der Tiere zu gewährleisten.

In den ersten Wochen nach der Geburt sind Kälber besonders anfällig für Mangelerscheinungen. Somit müssen die Kälber in dieser Zeit gut betreut und bei Bedarf mit Präparaten zugefüttert werden. Darüber sind sich die Experten Katrin Müller, Kälberexpertin und Beraterin beim Strickhof, und Reto Spörri, Leiter Bildung Landwirtschaft am Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg, einig.

Eisen für die Kälber: Paste, Spritze oder Grundfutter

«Der Eisenvorrat neugeborener Kälber ist gering und kann weder über die normale Milch noch über die Kolostralmilch aufgefüllt werden», erklärt Katrin Müller. Orale oder injizierte Eisengaben führen zu deutlich besseren Tageszunahmen und geringerer Krankheitsanfälligkeit, so die Kälberspezialistin. Eine Eiseninjektion habe den Vorteil, dass das Eisen direkt in den Blutkreislauf gelangt und seine Wirkung sofort entfaltet, während eine orale Gabe erst den Weg über den Verdauungstrakt nehmen muss. «Neuste Untersuchungen konnten keinen Einfluss auf die Tageszunahmen und Krankheitsanfälligkeit zwischen oralen und injizierten Präparaten feststellen. Für eine zusätzliche Versorgung mit Eisen kann den Kälbern zudem Torf als Wühlerde angeboten werden», berichtet Katrin Müller und erklärt weiter, dass Eisenmangel sehr häufig bei Kälbern auftrete, die kein oder wenig Rau- oder Kraftfutter zu sich nehmen und keine Mineral-/Vitaminpräparate erhalten. [IMG 3]

«Mutterkuhkälber fressen schon sehr früh neben der Muttermilch Grundfutter, also Gras, Heu oder Grassilage. So erhalten sie eine gute Eisenabdeckung», sagt Reto Spörri. Mache sich bei den Kälbern dennoch eine Unterversorgung an Eisen bemerkbar, muss eine einmalige Eisenverabreichung in Erwägung gezogen werden.

Aber Achtung: Eine zu hohe Eisenverabreichung kann sowohl beim Kalb als auch bei der Kuh zu Störungen im Stoffwechsel führen und die Aufnahme anderer Spurenelemente (Co, Cu, Mn, Se, Zn) reduzieren. «Durch den Mangel an anderen Spurenelementen wird die Immunität geschwächt und die Anfälligkeit auf bakterielle Infektionen steigt. Dadurch kann es zum Beispiel zu Durchfällen kommen», gibt Katrin Müller zu bedenken.

Selen für die Kälber: über die Muttermilch möglich

Bei der Selenversorgung der Kälber verhält es sich, aufgrund der unzureichenden Mengen des Spurenelements im Schweizer Boden und somit auch im Grundfutter, anders. Daher sei ein Augenmerk auf die Selenversorgung der Kälber zu legen, sagt Reto Spörri und empfiehlt, «dass den Kälbern nach der Geburt eine Selenpaste eingegeben wird oder analog der Eisenversorgung ein Selenpräparat als Depot direkt unter die Haut gespritzt wird». Auf diese Weise sei man sicher, dass die verabreichte Menge an Selen durch das Kalb auch aufgenommen wird.

Grundsätzlich können Kälber Selen auch über die Muttermilch aufnehmen. «Die Selenversorgung bei Kühen steht daher im direkten Zusammenhang mit der Versorgung ihrer Kälber», erklärt Spörri.

[IMG 4] Wichtig zu bedenken sei, dass Kühe mit wenig Selenaufnahme durch die Fütterung auch ihren Kälbern wenig Selen über die Muttermilch zukommen lassen können. «Hier kann es ratsam sein, den Kühen einen Mineralstoff speziell angereichert mit Selen zu verfüttern», sagt Reto Spörri. Zudem ist es für Landwirte wichtig zu wissen, ob sich der Boden, auf dem ihr Grundfutter wächst, in einem Selenmangelgebiet befindet. Es gibt zudem verschiedene Futterlabore, an die Grundfutterproben zur Messung des Selengehaltes geschickt werden können. Das gibt Auskunft darüber, wie viel Selen übers Grundfutter bereitgestellt wird.

Selen für die Kuh: mindestens während der Galtphase

Die Selenaufnahme der tragenden Kuh sei von vielen externen Faktoren wie Klima, Fütterung, Futterzusammensetzung oder Mineralstoffmischung abhängig. Pauschal könne man also nicht sagen, wie viel Selen eine tragende Kuh aufnehmen sollte. «Grundsätzlich ist aber zu empfehlen, den Kühen mindestens in der Galtphase je nach Grundfutterfütterung 50 bis 150 g Mineralstoff täglich zu füttern, damit nach der Abkalbung die Milch der Kühe einen guten Wert ausweist», erklärt Reto Spörri. 

AboEin Kalb liegt müde im Stroh.KälbergesundheitIst das Eisen knapp, sind die Kälber schlappMittwoch, 6. April 2022 Werden hingegen Leckschalen ad libitum eingesetzt, kann die Menge nicht gesteuert werden. Dann hängt die Aufnahme vom Bedarf der Kuh und Schmackhaftigkeit der Mineralstoffschale ab. Während der Trächtigkeit sollten 0,2 bis 0,3 mg Selen pro kg Trockensubstanz des Gesamtverzehrs der Kuh in der Mineralstoffmischung enthalten sein, um den Bedarf ausreichend zu decken. 

Eine mangelhafte Versorgung in der Serviceperiode, also dem Zeitraum zwischen dem Abkalben und der erfolgreichen Besamung, könne zu verminderter Milchleistung, Reproduktionsstörungen und Immunstörungen führen, erklärt Katrin Müller dazu. Kühe seien dann speziell auf Mastitis und Gebärmutterentzündungen anfälliger. Von einer bedarfsgerechten Selenversorgung in der Galtphase profitiert auch das Kalb.

Selen könne der Kuh zudem in verschiedenen Bindungsformen verabreicht werden, ergänzt Müller. Man unterscheide dabei zwischen organischen und anorganischen Selenformen. Organische Selenformen seien unter anderem in verschiedenen Hefen enthalten. «Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die organische Form wesentlich besser aufgenommen werden kann. Ferner sind auch die Kälber von Kühen, welchen organisches Selen supplementiert worden ist, vergleichsweise besser mit Selen versorgt», berichtet Katrin Müller.

Eisen für die Kuh: in den meisten Fällen nicht nötig

Sowohl bei Milch- als auch bei Mutterkühen sieht es mit der Eisenversorgung anders aus. Kühe absorbieren Eisen im Dünndarm. Durch die hohe Grobfutteraufnahme ist ein Eisenmangel praktisch ausgeschlossen. «Liegt dennoch ein Eisenmangel vor, wird dieser durch sekundäre Ursachen wie zum Beispiel Überschüsse an verschiedenen Spurenelementen (Selen, Kupfer, Mangan), Entzündungen, chronische Infekte oder blutige Verletzungen verursacht», erklärt Katrin Müller.

Sie rät, bei einem Eisenmangel vor dem prophylaktischen Einsatz einer Mineralstoffmischung die genaue Ursache abzuklären. Zudem zu beachten sind erdige Verunreinigungen des Frühlings- und Herbstfutters. In solchen Verunreinigungen liegt das Eisen in einer schwer löslichen Verbindung vor, welche aber durch den Silierprozess in der Regel in eine besser verfügbare Form umgewandelt wird. «Der saisonal bedingte erhöhte Verzehr von eisenhaltiger Erde im Frühjahr oder Herbst beim Weidegang kann bei der Kuh zu saisonalem Durchfall führen», sagt Müller.

Die Spurenelemente Selen und Eisen

Selen ist ein Bestandteil von Enzymen und schützt den Organismus vor Stoffwechselradikalen, wirkt entzündungshemmend und sorgt für eine funktionierende Schilddrüse. Natürlicherweise kommt Selen im Boden vor und wird von darauf wachsenden Pflanzen aufgenommen. In grossen Teilen der Schweizer Böden ist dieses Spurenelement allerdings nur unzureichend vorhanden, sodass auch das Grundfutter keine ausreichenden Mengen davon enthält

Auch Eisen ist ein lebensnotwendiges Spurenelement, da es unter anderem für den Sauerstofftransport im Blut, die Energieversorgung der Zellen und die Abwehr von Infektionen zuständig ist. Genau wie Selen, kommt Eisen im Boden vor und stammt meist aus verwitterten Gesteinen. Bei direktem Kontakt der Pflanzenwurzel mit den eisenhaltigen Bodenpartikeln wird das Element von der Pflanze aufgenommen.