Den Kälbern von Pirmin Wandeler steht Milch zur freien Verfügung, ad libitum. «Die Kälber trinken 10 bis 14 Liter am Tag. Das hätte ich vorher nicht erwartet», sagt der Landwirt aus Ruswil LU. Auch mit den Tageszunahmen von durchschnittlich 860 Gramm ist er sehr zufrieden.
Pirmin Wandeler hält 70 Holstein-Milchkühe. Pro Jahr kommen um die 80 Kälber auf die Welt. Etwa 15 dieser Kälber sind für die eigene Aufzucht gedacht. Die restlichen Kälber stammen von einem Mastrasse-Stier ab.
Es gibt zwei Mal am Tag sechs bis sieben Liter Milch
Im Januar 2023 passte Wandeler das Tränkeregime bei den Kälbern an – auf Anraten von Rindergesundheit Schweiz (RGS, früher Kälbergesundheitsdienst und Rindergesundheitsdienst). Es habe immer wieder Phasen gegeben, in denen es mit den Kälbern schlechter lief. Im Januar 2023 hatten dann viele Kälber Durchfall. «Da wollte ich etwas ändern», sagt Wandeler. RGS empfahl, die Milchmenge zu erhöhen, indem ad libitum getränkt wird.
Wandeler setzte dies um, indem er von drei auf zwei Mal Tränken am Tag umstellte. Gleichzeitig wurde jedoch die Milchmenge hochgefahren. So erhalten die Kälber neu morgens und abends je sechs bis sieben Liter Milch, im Milchtaxi aufgewärmt auf rund 42 Grad.
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Keine Angst vor kalter Milch
Ist der Eimer schon mittags leer, wird nicht extra nachgefüllt. Streng genommen ist das zwar nur semi ad libitum. Doch Wandeler beobachtet bei seinen Kälbern eine Sättigung, die ihm zeigt, dass die Kälber genügend Milch erhalten. «Sie trinken den Grossteil der Milch, wenn sie noch warm ist.»
Diese Erfahrung bestätigt Helen Huber, Tierärztin bei RGS. «Die restliche Milch wird dann in kleinen Portionen über den Tag verteilt getrunken. So kann sie vom Kalb problemlos auf Körpertemperatur aufgewärmt werden.» Bei ad libitum sei daher die Angst davor, dass Kälber kalte Milch trinken und dann deshalb Durchfall haben, unbegründet. Apropos Temperaturen: Bei sommerlicher Hitze rät Huber, die Milch im Eimer mit einem Deckel vor Fliegen zu schützen. Im Winter könne sich wiederum lohnen, eine dritte Mahlzeit anzubieten, damit sich kein Milch-Eis bildet.
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Mit Milchpulver und ohne Ansäuerung
Die ad libitum-Tränke gilt als optimale Methode bei den Kälbern, schreibt RGS in einem ihrer Artikel in «die grüne» (siehe auch unser Dossier «Kälbergesundheitsdienst»).
Pirmin Wandeler vertränkt keine Milch, sondern mischt Vollmilchpulver an, in einer Konzentration von 135 g/L Tränke. Ursprünglich entschied er sich dafür, weil er die Milch nicht ansäuern wollte. «Ich wollte keine Chemie beimischen. Auch wenn das bei anderen eine gute Option ist: Für mich persönlich stimmt das so nicht.» Vom Milchpulver versprach er sich, dass sich die Milch im Eimer länger halten würde. Die Überlegung scheint aufzugehen: Die Milch im Eimer wird nicht schlecht – auch ohne Ansäuerung.
Mittlerweile ist Wandeler überzeugt, dass auch das Vertränken von frischer Kuhmilch ohne Ansäuern möglich wäre. «Wie gesagt, die Kälber trinken sowieso das meiste frisch», so der Landwirt. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Hygiene: Die Eimer werden vor jedem Tränken gewaschen und dann wieder vor dasselbe Kalb gestellt, sodass jedes Kalb von seinem eigenen Nuggi trinkt.
Vielleicht werde er auch wieder auf die betriebseigene Kuhmilch wechseln, wer weiss. «Allerdings ändere ich ungerne etwas, das funktioniert», sagt Wandeler und lacht.
Mutterschutzimpfung und andere Produkte erübrigen sich
[IMG 4] Pirmin Wandeler hat gute Erfahrungen mit der (semi) ad libitum-Tränke gemacht. «Es ist einfacher geworden im Vergleich zu vorher: Ich tränke einmal weniger am Tag. Die Kälber sind gesund und vital.» Die Mutterschutzimpfung, die Wandeler früher einsetzte, erübrigt sich und auch Produkte zur Unterstützung der Kälbergesundheit braucht er nicht mehr.
Durch den dickeren Kot verbraucht Pirmin Wandeler weniger Stroh und der Arbeitsaufwand beim Ausmisten des Iglus ist geringer. Die durchschnittlichen Tageszunahmen sind auch erfreulich, sodass die Mastkälber den Betrieb nach 36 Tagen verlassen, was deutlich früher ist als zuvor. Dies hat zudem zur Folge, dass die Mastkälber bis zum Erreichen von 80 kg insgesamt weniger Milchpulver brauchen als früher. Zusammenfassend sieht der Landwirt nur Vorteile: «Ich habe die Vollkostenrechnung zwar nicht gemacht. Aber für mich stimmt es auf jeden Fall, das Positive überwiegt.»