Kurz & bündig
- Im Mai 18 wurde eine Kuh auf dem Betrieb Geissberg positiv auf BVD getestet.
- Nach acht Monaten war der Betrieb nicht mehr gesperrt.
- Der Seuchen-Fall verursachte hohe Arbeitskosten.
- Bei der Hälfte aller Betriebe mit gesperrten Kühen findet man die Ursache nicht.
- Landwirt Benno Föhn wünscht sich mehr Offenheit und Kommunikation zwischen den Ämtern und den Landwirten.
Es ist ein stürmischer Herbsttag. Der Betrieb der Familie Föhn liegt am Fuss des grossen Mythen, hoch über Rickenbach SZ. «Wir haben gerade die Geissen trocken gestellt, Ende Dezember kommen schon die ersten Zicklein», erklärt Landwirt Benno Föhn. Er schiebt bei den Milchkühen das Futter zu.
Der Betrieb Geissberg ist topmodern eingerichtet. Er bietet Platz für 140 Milchziegen und 45 Milchkühe im unteren Stock, wo es auch eine Hofkäserei hat. Auf der oberen Etage sind die Kälber, die Heulagerung mit Kran und sämtliche Maschinen. Die Arbeitsaufteilung und die Abläufe sind auf dem Geissberg klar durchgeplant – die Betriebsleiter und der Angestellte ausgelastet.
Ein Jahr zuvor war hier vieles anders. Etliche Kühe aus Föhns Bestand waren wegen BVD gesperrt und befanden sich deshalb im 6 km entfernten Schwyz – wo sie keine anderen Kühe anstecken konnten. Das hiess täglich zwei Mal an zwei Standorten melken.
Angefangen hat alles im Mai 2018. Nachdem Kuh Mungli verworfen hatte, wurden vom Bestandestierarzt die Proben im Auftrag des Laboratoriums der Urkantone in das vorgegebene Labor eingeschickt. Tage später dann die Schreckens-Nachricht – BVD.
«Es ist schwierig, zu glauben, dass man einen Seuchen-Fall im Stall hat», sagt Föhn. Der Kuh sehe man das Virus nicht an. Und trotzdem ist das Virus da und es ist unklar, wie viele weitere Kühe es in sich tragen.
Mitte Juni 2018, weitere Blut-Tests bringen Klarheit. Neun Kühe wurden positiv getestet. Der Landwirt war einerseits froh, ein Ergebnis zu haben.
So konnte er mit den Kühen endlich auf die Alp. Alp Goldplangg ist mehrstufig. Die unterste Stufe ist mit Bäumen und Felsen eingegrenzt, ideal für die BVD-Kühe. Dort war es unmöglich, dass sie mit anderen Kühen in Kontakt kommen konnten.
BVD verursacht grosse Arbeits- und Futterkosten
Doch von nun an ging es erst richtig los. «Der Arbeitsaufwand ist riesig, wenn man die Kühe nicht am gleichen Standort hat», sagt Föhn. Und das Futter reichte auf der untersten Stufe natürlich nicht aus und musste zugekauft werden.
Noch arbeitsintensiver wurde es im Herbst. Er brachte die BVD-Kühe zum Abkalben in einen Stall in Schwyz, 6 km weg vom Heimbetrieb. Dort installierte Föhn eine Melkanlage.
Im März 2019 kalbte die letzte Kuh. Die Testresultate der neun Kälber waren alle negativ. Der Betrieb war damit nicht mehr gesperrt – acht Monate nach dem Ausbruch.
«Verglichen mit anderen Betrieben kamen wir mit den acht Monaten Sperrung noch gut weg», sagt Föhn. «Wir wurden vom kantonalen Veterinäramt telefonisch über das BVD-positive Ergebnis informiert», erklärt Föhn. Dann folgte ein eingeschriebener Brief und in einem weiteren Schritt nahm ein Kontrolltierarzt Blutproben. Warum genau diese neun Kühe und die anderen nicht, wurde nicht erklärt.
Zu wenig Unterstützung und Offenheit seitens der Behörde
«Es ist genug schlimm, dass man einen Seuchen-Fall im Stall hat», sagt Föhn. Er hätte sich in dieser Situation mehr Unterstützung und Offenheit vom Veterinärdienst der Urkantone VdU erhofft. «Es kam nie jemand vorbei, um die Situation zu analysieren und zu diskutieren», sagt Föhn. Es wurde ihm gar gesagt, er solle nicht herumerzählen, dass er BVD im Stall habe. Er könne ausgegrenzt werden, war die Erklärung dazu.
Auf Anfrage beim Veterinärdienst der Urkantone erklärt Martin Grisiger, Leiter Tiergesundheit und BVD-Bekämpfung, dass sie grundsätzlich auf jedem Betrieb vorbeigehen würden, sollte dies gewünscht sein. «Manchmal war das nicht möglich», sagt Grisiger, «im Kanton Uri hatten wir zeitweise über 70 Betriebe mit einer oder mehreren gesperrten Kühen.»
BVD sei eine sehr komplexe Krankheit. «Die Abläufe und die Kommunikation nach einem positiven BVD-Befund hängen von vielen Faktoren ab und können total unterschiedlich sein», erklärt Grisiger. Etwa davon, ob Antikörper oder Antigene gefunden wurden, ob es sich um eine Tankmilchprobe handelt oder ein Abort der Auslöser ist, und zu welchem Zeitpunkt im Jahr der Befund auftaucht.
Bei einer BVD-Verdachtsmeldung informiert immer der Blut nehmende Tierarzt vor Ort, weshalb und welche Proben genommen werden müssen. Bei einem bestätigten BVD positiven Tier, einem sogenannten PI-Tier, oder einem bestätigten BVD-Verdachtsfall wird der Tierhalter vom VdU immer persönlich informiert. Grisiger räumt ein, dass es bei einer so komplexen Krankheit zu Missverständnissen in der Kommunikation kommen kann. Aber nicht darüber zu sprechen, sei sicher nicht der richtige Weg. «Ein betroffener Tierhalter erhält bei uns immer ein offenes Ohr für seine Fragen oder Anliegen. Denn wir sind uns durchaus bewusst, was für Auswirkungen ein BVD-Fall für den betroffenen Tierhalter hat», so Grisiger.
Unklare Ursache für den BVD-Fall auf dem Betrieb Föhn
Nach dem BVD-Ausbruch auf dem Geissberg hat Benno Föhn schnell gemerkt, dass sie längst nicht die einzigen Betroffenen waren. «Ich hatte Glück, dass ich mich mit meiner Frau und mit Berufskollegen austauschen konnte», sagt Föhn. «Nicht jeder hat diese Möglichkeit.»
Die zusätzliche Belastung durch Arbeit oder finanzieller Art könne dann sehr schnell zu einem grossen Problem werden, wenn man mit niemandem darüber rede.
30 Landwirte bringen jedes Jahr ihr Vieh auf Föhns Alp Goldplangg im Muotathal. Warum Kuh Mungli und die neun anderen Kühe BVD-positiv waren, hat man nie herausgefunden. «Das ist extrem ärgerlich», sagt Martin Grisiger, «aber es ist leider bei etwa der Hälfte aller Fälle so, dass die Ursache nicht gefunden wird.»
Föhns vom Betrieb Geissberg sind zuversichtlich, dass sie vom BVD-Virus nicht mehr heimgesucht werden. Martin Grisiger rechnet noch mit etwa zwei Jahren, bis die Urkantone BVD-frei sind. Er gibt sich optimistisch: «Es ist gut, wenn die Landwirte argwöhnisch sind und entsprechend vorsichtig handeln, nur so kann man BVD ausrotten.»
Betriebsspiegel Geissberg
Madlen und Benno Föhn mit Lydia (5), Alice (3) und Baby Sonja, Rickenbach SZ
LN: 33 ha (Geissberg), 350 ha (Alp Goldplangg und Alp Stotzigweid)
Bewirtschaftung:ÖLN
Tierbestand: 45 Milchkühe und 45 Jungvieh, 130 Ziegen, 300 Schafe
Betriebszweige: Milchproduktion, Alpwirtschaft, Spezialitäten aus Ziegenfleisch und -milch (eigene Käserei), Direktvermarktung, Ziegenzucht, Schafhaltung
Arbeitskräfte: Madlen und Benno Föhn, ein Angestellter, vier saisonale Aushilfen während der Alpzeit