Im Jahr 2020 stehen für die Schweizer Landwirtschaft entscheidende Themen an:
- Die Volksabstimmungen über die beiden Initiativen «Für sauberes Trinkwasser» und «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide»
- Das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten
- Die Botschaft zur Agrarpolitik AP22+
An der SBV-Jahresmedienkonferenz 2020 in Worb BE zeigt die Spitze des Schweizer Bauernverbandes SBV auf, wie alle drei Themen zusammenhängen und die Zukunft der einheimischen Landwirtschaft bestimmen.
Initiativen «Für sauberes Trinkwasser» und «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» sind zu radikal
Auf der einen Seite stehen die radikalen Forderungen der beiden Initiativen «Für sauberes Trinkwasser» und «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide», welche die Schweizer Ernährungswirtschaft komplett auf den Kopf stellen würden. «Die Landwirtschaft ist eine Pionierin in Sachen umweltfreundlicher und tierfreundlicher Produktion», erklärt Urs Schneider, Stv. Direktor des Schweizer Bauernverbandes SBV und Kampagnenleiter gegen die Initiativen.
Die Schweizer Landwirtschaft produziere aktuell das, was die Bevölkerung kauft. Diese hätte es heute schon in der Hand, den Anbau in die gewünschte Richtung zu steuern, zum Beispiel in mehr Bio-Produktion oder gar ein Bio-Land Schweiz.
Für den SBV ist es «komplett illusorisch, dass bei einer Annahme alle Konsumenten plötzlich nur noch Bio möchten und auch bereit sind, den höheren Preis dafür zu bezahlen». Martin Rufer, künftiger Direktor des SBV (ab 1. April 2020) schätzt, dass bei einem Ja zur sogenannten Trinkwasser-Initiative mehr konventionelle Ware importiert und der Selbstversorgungs-Grad der Schweiz um bis zu 20 Prozent abnehmen werde.
Die Volksinitiative «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung – Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz» (wie sie korrekt heisst) wiederum, zielt nur auf die Direktzahlungen, sie beinhaltet aber keine Verbote. Deshalb befürchtet der SBV, dass viele Bauernbetriebe kontraproduktive Alternativstrategien einschlagen.
Solche, die heute schon kaum auf Direktzahlungen angewiesen sind, verzichten ganz darauf. Das wäre ein wahrscheinlicher Weg vor allem für jene Betriebe mit Spezialisierung auf Kulturen, bei denen der Pflanzenschutz wichtig ist (Obst, Gemüse oder Wein) sowie für Betriebe mit Schwerpunkt Schweine- oder Geflügelhaltung. Damit fielen für diese auch andere Einschränkungen und Auflagen weg.
Der Schweizer Bauernverband SBV unterstützt deshalb die von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) vorgeschlagenen und von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) gut geheissenen parlamentarische Initiative für einen verbindlichen Absenk-Pfad für die Risiken im Zusammenhang mit Pflanzenschutzmitteln.
Beim Mercosur-Freihandelsabkommen gelten Nachhaltigkeit und Tierschutz nichts
Das Freihandelsabkommen der Schweiz mit den Mercosur-Staaten (Mercado Común del Sur = Gemeinsamer Markt Südamerikas) auf der anderen Seite, stellt eine Art Gegenpol zu den Initiativen dar. Hier hält die offizielle Schweiz wenig von Nachhaltigkeit und Tierschutz» erklärt Jacques Bourgeois, Direktor des Schweizer Bauernverbandes SBV. Und SBV-Präsident Markus Ritter sagte pointiert: «Hauptsache der Handel läuft und der Rubel rollt».
Wenn Lebensmittel in Südamerika produziert sind, dann spiele es offenbar keine Rolle, welche Mittel zum Einsatz kamen und ob die Tiere in Feedlots gehalten und völlig artfremd ernährt wurden. Da sei man auch bereit, Konzessionen zu machen, welche die Schweizer Landwirtschaft empfindlich schwächt.
«In der Schweizer Landwirtschaft sind die Anforderungen an die Lebensmittel-Produktion hoch. Unsere Landwirte arbeiten nachhaltig und verbessern sich laufend. Die hohen gesetzlichen Anforderungen und die Massnahmen für das Tierwohl verursachen aber höhere Produktionskosten. Damit wir nicht mit fragwürdigen Billig-Importen überschwemmt werden, ist die Schweizer Landwirtschaft zwingend auf einen Schutz an der Grenze angewiesen!»
Die Agrarpolitik AP22+ kann nicht allen widersprüchlichen Anforderungen an die Landwirtschaft gerecht werden
«Die Agrarpolitik AP22+ will die Quadratur des Kreises schaffen und allen widersprüchlichen Anforderungen an die Landwirtschaft gerecht werden», erklärte SBV-Präsident Markus Ritter zum Schluss der SBV-Jahresmedienkonferenz. Die AP22+ wolle die Schweizer Landwirtschaft noch viel nachhaltiger machen und das Tierwohl stärken – und gleichzeitig auf mehr auf Wettbewerbsfähigkeit und Markt setzen.
Gemäss Ritter ist es «absehbar, dass dieses Kunststück nicht gelingen wird. Der Schweizer Bauernverband fordert deshalb, dass sich der Bundesrat als oberste Instanz für eine klare Strategie entscheidet und diese konsequent verfolgt.»
Im neuen Jahr setzt der Schweizer Bauernverband SBV zudem auf die Information und den Dialog mit der Bevölkerung. Er will zeigen, was die Landwirtschaft tut, warum sie es tut und wie sie ihre Verantwortung für eine intakte Umwelt und gesunde Nutztiere wahrnimmt.
Im Abstimmungskampf zu den beiden Initiativen «Für sauberes Trinkwasser» und «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» will der SBV die Bevölkerung von einem doppelten Nein überzeugen, weil die Initiativen nicht das bringen, was sie auf den ersten Blick versprechen. Weil sie die einheimische, nachhaltige Produktion in Frage stellen und Importe sowie den Einkaufstourismus ankurbeln.
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