Kurz & bündig
- Das Grasland Schweiz kann 97 % des benötigten Raufutters selbst produzieren. Beim Kraftfutter liegen wir bei 40 %.
- Entsprechend deren Menüplan importieren wir in erster Linie Futter für das Geflügel und die Schweine, die Raufutter nicht gut verwerten können.
- Die Fenaco gilt als bedeutendste Importeurin der Schweiz. Ihr Anteil an der Gesamt-Importmenge liegt zwischen 30 und 50 %, je nach Produkt und Inlandernte.
- Wichtigste Herkunftsländer der Rohstoffe zur Futtermittelproduktion sind Deutschland und Frankreich.

Die Schweiz ist ein Grasland. Das hört man immer wieder. Mit gutem Grund: 70 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche ist Grasland, was in etwa der Fläche des Kantons Graubünden entspricht.

Die Schweiz ist auch ein Kuh-Land. Denn das Gras dient dem Rindvieh als Futtergrundlage. Die vielen Flächen an steiler oder anderweitig für Ackerbau ungünstigen Lagen können durch die Rinder genutzt und dadurch in Nahrung für die Menschen umgewandelt werden.

1,2 Millionen Tonnen Rohstoffe für Futtermittel importiert

Den Raufutterbedarf der Kühe kann die Schweiz denn auch zu 97 % selbst decken. Anders sieht es beim Kraftfutter aus. Da liegt unser Selbstversorgungsgrad mit 640'000 Tonnen Trockensubstanz TS produziertem Kraftfutter bei 40 %. Die restlichen Futtermittel, respektive die nötigen Rohstoffe, importieren wir.

Bevor importiert wird, werden die inländischen Rohstoffe zu Futtermitteln verarbeitet. Wenn die inländische Produktion die Nachfrage nicht decken kann, wird der Rest importiert: «Die Ergänzungsimporte finden überwiegend nach der Vermarktungskampagne der Inlandernte statt», erklärt Heinz Mollet, Leiter Division Agrar bei der Fenaco. Es werden dabei keine fertigen Futtermittel im Ausland gekauft, sondern die Rohstoffe, die es dazu braucht.

2019 wurden insgesamt 1,2 Mio. Tonnen Rohstoffe zur Herstellung von Futtermitteln importiert. Dies im Wert von 519'151 Millionen Schweizer Franken. Die inländische Produktion lag im gleichen Jahr bei 6,5 Mio. Tonnen.

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Grenzschutz wegen «massiven Preiserhöhungen» reduziert

Für Import zu Futtermittelzwecken gibt es am Schweizer Zoll keine Mengenbeschränkung, stattdessen Zollaufschläge. Wie hoch diese ausfallen, regelt das Grenzbelastungssystem.

Porträt von Stefan Müller vor dem Foto mehrer neugieriger Schweine.SchweineStandPunkt von Stefan Müller: Kostendruck auf die Schweizer SchweineproduktionSamstag, 23. April 2022 Diese Verteuerungen der Importware (Weichweizen, Roggen, Gerste, Hafer, Triticale, Mais und Maiskolbenschrot) wurden im März 2022 gesenkt. Für eiweissreiche Futtermittel wie Sojaschrot oder pflanzliche Futteröle werden seit längerem keine Grenzabgaben erhoben, weil deren Importpreise die inländischen Zielpreise übersteigen.

Mit der ausserordentlichen Grenzschutzreduktion reagiert der Bund auf die massiven Preiserhöhungen durch den Krieg in der Ukraine, heisst es in einer Mitteilung.

Bei der Importware muss auf Schweizer Recht geachtet werden. So sind in der Schweiz aktuell nur vier gentechnisch veränderten Mikroorganismen GVO als Tierfutter zugelassen – die aber allesamt nicht importiert werden: «Für sämtliche Produkte, welche über ein GVO-Risiko verfügen, haben wir strenge Auflagen. Wir beziehen nur zertifizierte Lots bei langjährigen und verlässlichen Lieferanten. Ausserdem überwachen wir die Güter in einem Probe- und Analyseraster entlang der gesamten Lieferkette», erklärt Heinz Mollet das Vorgehen: «um sicherzustellen, dass tatsächlich keine GVO-Ware in die Schweiz gelangt».

Unterschiedliche Importmengen für Rind, Schwein und Geflügel

Nicht jede Tierart ist gleich stark von Importfuttermitteln abhängig. Das hat auch mit der Anatomie und Physiologie unserer Nutztiere zu tun. Diese bestimmen, welche Futtermittel sie fressen können und welche nicht. Rinder und andere Wiederkäuer verwerten zum grossen Teil das inländische Raufutter.

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Schweine und Geflügel haben ein anderes Verdauungssystem. Sie können mit dem Gras wenig anfangen – wobei Schweine ebenfalls Raufutter fressen, wenn sie es vorgesetzt bekommen. In erster Linie fressen Schwein und Huhn aber Futtergetreide, Hülsenfrüchte, Mais oder Sojaextraktionsschrot.

Diese Rohstoffe produziert die Schweiz nicht in ausreichender Menge, weshalb ein Anteil importiert werden muss. Diese unterschiedlichen Nahrungsgrundlagen und ihre Verfügbarkeit in der Schweiz zeigen sich in der Statistik: Je nach Tierart importieren wir

  • 14,0 % (Rindvieh),
  • 52,4 % (Schweine),
  • 74,3 % (Geflügel)des Futtermittelbedarfs.

Nahrungsmittel-Konkurrenten, die Nebenprodukte verwerten

Mit den Futtermitteln importieren wir auch Nährstoffe, die unsere Kreisläufe belasten. Ausserdem stehen insbesondere die Monogastrier (Organismen mit nur einem Magen) Schwein und Huhn in Nahrungsmittelkonkurrenz zum Menschen, der ebenfalls Monogastrier ist.

Schweine und Geflügel deswegen zu verteufeln, wäre aber zu einfach. So ist beispielsweise das Geflügel enorm effizient in der Futterverwertung. Im Vergleich zu Rindvieh verbraucht es daher weniger Ressourcen.

Fenaco, VSF und Sojanetzwerk
Die Fenaco Genossenschaft wurde 1993 gegründet. Sie gehört 174 landwirtschaftlichen Genossenschaften und deren 43'000 Mitgliedern, davon über 23'000 aktive Schweizer LandwirtInnen. Die Genossenschaften treten unter der Marke Landi auf.

Die Fenaco ist in den Geschäftsfeldern Agrar, Lebensmittelindustrie, Detailhandel und Energie tätig.

Die grössten Unternehmen im Geschäftsfeld Agrar sind die UFA AG (Futtermittelproduktion) und die Anicom AG (Tierhandel). Die Einheit Fenaco GOF (Getreide, Ölsaaten, Futtermittel) vermarktet im sogenannten MAXI-System Getreide und Ölsaaten aus Schweizer Produktion und tätigt die Rohwaren-Ergänzungsimporte.

Die Fenaco bestätigt auf Anfrage, dass sie einen Anteil von 30 bis 50 % (je nach Produkt und Inlandernte) an der Gesamtimport-Menge hält. Es wird geschätzt, dass die Fenaco damit die bedeutendste Schweizer Importeurin von Futtermittelrohstoffen ist.
www.fenaco.com

Die Fenaco ist wiederum Gründungsmitglied des «Soja Netzwerk Schweiz». Dieses Netzwerk besteht seit dem Jahr 2010. Es handelt sich um einen Zusammenschluss aus Sojabeschaffern, Produzentenverbänden, Label- und Umwelt-Organisationen, Herstellern und Detailhändlern. Gemeinsam setzen sich die Mitglieder für den Anbau sowie die Beschaffung, Vermarktung und Verwendung von verantwortungsbewusst produziertem Soja ein.
www.sojanetzwerk.ch

Die Vereinigung Schweizerischer Futtermittelfabrikanten VSF ist der Verband, dem Mischfutterhersteller, Lageristen und Händlerinnen angehören. Angeschlossen sind 53 private Unternehmen. Zu den Aufgaben der VSF gehören unter anderem das Informieren der Mitglieder über Branchenthemen, die Stellungnahme zu gesetzgeberischen Erlassen und Verordnungen sowie die Vertretung der Branche gegenüber den Behörden und der Öffentlichkeit.
www.vsf-mills.ch

Heinz Mollet weist ausserdem darauf hin, dass Schweine und Geflügel Nebenprodukte der Lebensmittelindustrie verwerten: «Nebenprodukte aus der inländischen Lebensmittelherstellung machen 20 % des Schweizer Mischfutters aus.» Jährlich fallen laut Mollet rund 365'000 Tonnen pflanzliche Nebenprodukte wie Müllerei-Nebenprodukte, Ölkuchen und Obsttrester an, die in die Nutztierfütterung gehen. Über Geflügel- und Schweinefutter kann rund die Hälfte davon verwertet werden.

Porträt von Adrian Waldvogel vor dem Foto eines Mastpoulets, das am Boden sitzt.GeflügelStandPunkt von Adrian Waldvogel: Einflüsse des Ukraine-Kriegs auf die Schweizer GeflügelproduktionSamstag, 23. April 2022 Ein Teil dieser Nebenprodukte werden laut Agristat, dem statistischen Dienst des Schweizer Bauernverbandes, auch importiert. Insbesondere beim Ölkuchen – einem Nebenprodukt aus der Ölherstellung zur menschlichen Ernährung (Soja, Raps, Sonnenblumen) – werden grössere Mengen in die Schweiz eingeführt und als Kraftfutter verfüttert:

  • Ölkuchen: 44'000 t TS aus der Schweiz vs. 302'000 t TS Import
  • Müllerei-Nebenprodukte: 71'000 t TS aus der Schweiz vs. 2'000 t TS Import

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Aus welchen Ländern wird in die Schweiz importiert?

Deutschland und Frankreich sind für den Schweizer Futtermittelimport wichtige Lieferanten: Aus den beiden Nachbarländern kommen knapp 60 % der insgesamt importierten Trockensubstanz zu Futterzwecken. Drittes wichtiges Land ist Brasilien, von wo insbesondere Soja (meist in Form von Extraktionsschrot und Ölkuchen) in die Schweiz geliefert wird.

2019 waren es noch rund 125'000 Tonnen Sojaextraktionsschrot, die aus Brasilien importiert wurden. Das zeigt eine Grafik im Jahresbericht der Vereinigung Schweizerischer Futtermittelfabrikanten VSF. 2021 stammten nur noch rund 38'000 Tonnen aus Brasilien, was 15 % der Gesamt-Importmenge entspricht. Rund 80 % des importierten Sojaextraktionsschrots kommen indes aus Europa – etwa aus Deutschland oder Italien. Dies zum einen, weil das brasilianische Angebot an GVO-freiem Soja zurückgegangen ist. Zum anderen ist europäisches Soja besser verfügbar.

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Schweizer Versorgungslage ist zurzeit gut

Seit dem Kriegsausbruch in der Ukraine steht die Frage im Raum, wie es um die globale, aber auch um die Schweizer Versorgungssicherheit steht. In der Schweiz sei die Versorgungslage zurzeit gut, sagt Heinz Mollet.

Die Silos der Fenaco enthalten die Pflichtlagermenge und die für die Produktion notwendige Menge. Pflichtlager bestehen für den Verbrauch von drei Monaten, erklärt Mollet und ergänzt: «Wie immer in dieser Jahreszeit ist der Füllstand unserer Silos so, dass wir bereit sind für die Aufnahme der Inlandernte.»

Der Import von Agrargütern aus Russland und der Ukraine spiele für die Schweiz eine untergeordnete Rolle, sagt Mollet. Die Folgen von sinkenden Exporten aus Russland und der Ukraine seien für die Schweiz daher von indirekter Art: «Die Preise an den internationalen Beschaffungsmärkten steigen und die Warenströme verändern sich.»

Quellen
(1) Statistische Erhebungen und Schätzungen über Landwirtschaft und Ernährung. 2020. Agristat.
(2) Einfuhr von Agrarprodukten: Futtermittel. Bundesamt für Landwirtschaft BLW.
(3) Schweizer Futtermittelimporte – Entwicklung, Hintergründe, Folgen. 2021. Priska Baur, Patricia Krayer, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW.
(4) Jahresbericht der Vereinigung Schweizerischer Futtermittelfabrikanten VSF. 2020.
(5) Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Futterbaus AGFF. www.eagff.ch