Kurz & bündig
- Es gibt diverse Anbieter für digitale Feldkalender.
- Redaktor Sebastian Hagenbuch hat Agroplus und Barto auf seinem Betrieb getestet.
- Ein Initialaufwand von rund einem Tag war nötig.
- Fazit: Beide Programme sind praxistauglich.
Eines vorneweg: Unser Betrieb gehört nicht zu den digitalen Pionieren in der Landwirtschaft. Und für jemanden, der ursprünglich eine Bürolehre als Kaufmann abgeschlossen hat, hält sich meine Affinität zu Computer und Konsorten in Grenzen.
Hauptsache, es funktioniert. So lässt sich mein Credo ungefähr zusammenfassen. Das ist auch bei den betrieblichen Aufzeichnungen so: möglichst wenig Aufwand und gleichzeitig Ordnung und Übersicht im Büro. So viel zur Ausgangslage.
Bis heute wird der Feldkalender auf unserem Betrieb analog geführt: Sämtliche Arbeiten erfasst mein Vater im Feldkalender-Büchlein. Das funktioniert so weit nicht schlecht. Mich interessierte aber die Frage: Bringt mir als Landwirt der Wechsel auf einen digitalen Feldkalender etwas? Und: Wie viel muss ich an Zeit, Nerven und Geld investieren, bis das neue System läuft?
Hilfe bei der Einführung: mit dem Berater am Laptop
Ich nahm Kontakt auf zu Agroplus – einer Firma mit digitalem Feldkalender im Angebot. Mit Berater Benno Jungo vereinbarte ich einen Termin. Ich musste alle Unterlagen, einen Laptop mit Internetverbindung und ein Smartphone griffbereit haben. Und hier der erste Hinweis: Es hilft enorm, wenn die bisherigen Unterlagen in geordneter Form und vollständig vorliegen.
Über den Laptop verbunden startete Benno Jungo mit mir ins Abenteuer digitaler Feldkalender. Download und Installation, Passwort, alles kein Problem. Wir konnten rasch loslegen.
Loslegen, das heisst anfangs eigentlich immer: Grunddaten erfassen. Wir haben probehalber einige Parzellen unseres Betriebes erfasst. Parzellenname, die genaue Fläche und die entsprechende Kultur dazu. Optional können auch die Ergebnisse der Bodenproben hinterlegt werden, was später bei der Düngung von Nutzen sein kann. Und genau hier beginnt etwas Neues. Zusammenfassen könnte man es wie folgt: «Was man auch noch könnte.» Damit öffnet man ein sehr weites Feld voller Möglichkeiten und je nachdem auch die Büchse der Pandora, weil man sich im Dschungel der Möglichkeiten durchaus verlieren kann.
Ja, ich könnte auch noch die Düngungsplanung, Fruchtfolgeplanung und Suisse Bilanz mit Agroplus machen. Aber eigentlich wollte ich ja nur meinen Feldkalender digital erfassen. Darum: Zurück zum Feldkalender.
Die ersten Parzellen sind erfasst, Benno Jungo zeigt mir, wie ich Arbeitsschritte wie Bodenbearbeitung, Saat, Düngung oder Pflanzenschutz erfassen kann. Alles keine Hexerei, das Programm scheint mir ziemlich intuitiv aufgebaut zu sein, ich kann folgen. Aber Achtung: Folgen ist nicht das gleiche, wie selber machen.
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Geduld bringt Rosen – aber Nerven braucht es
Später, als ich auf eigene Faust weiter Daten erfasste, funktioniert dann nicht mehr alles ganz wie gewünscht. Wo kann ich schon wieder eine Düngergabe eintragen? Bei dieser Parzelle stimmt die Fläche nicht genau, wo kann ich das schon wieder korrigieren? Und wieso kommt bei mir so oft dieses nervige Warngeräusch, das mir sagt, dass ich mich verklickt habe?
Es braucht seine Zeit, bis ich weiss, wie ich durchs Menü navigiere und dorthin gelange, wo ich will. Die Pause zwischen telefonischer Beratung und eigener Erfassung hätte ich kürzer halten sollen. Mein Fehler. Aber: Probieren und weiter probieren hat mich meist ans Ziel gebracht. Auf einige «verlorene» Nerven habe ich mich eingestellt, darum mache ich das ja auch im Januar und nicht im Mai.
Benno Jungo von Agroplus ist selber Betriebsleiter. Das war bei der Beratung gewiss kein Nachteil. Jungo sagt: «Wir machen eigentlich fast immer eine gemeinsame Installation und Einführung mit unseren neuen Kunden. So kann man viel Zeit und Nerven und letztendlich auch Geld sparen», ist er überzeugt.
Agroplus ist vor allem in der Westschweiz stark vertreten. Neu bietet das Unternehmen den Landwirten auch eine App an. Auch diese Installation klappt gut. Die Grafik kommt – wie auch bei der PC-Version – etwas altbacken daher, dafür ist das Programm ziemlich logisch aufgebaut und auf das Wesentliche beschränkt. Das gefällt mir.
Falsch erfasste Einträge können problemlos wieder gelöscht werden. Das Programm verfügt über ein Ampelsystem, welches mir anzeigt, wenn ich ein Problem mit dem Erreichen des ÖLN habe. So wird mir angezeigt, ob ich etwa alle Flächenanteile meiner Kulturen erfülle und wie viel Prozent des maximal verfügbaren Stickstoffes ich bereits eingesetzt habe.
Zwei kleine Wermutstropfen gibt es:
- Das Programm hat keine Georeferenzierung. Die Parzellen sind nicht auf einer Karte hinterlegt. Das ist für kleine und mittlere Betriebe eher eine Spielerei, könnte aber grossen Betrieben mit Angestellten durchaus von Nutzen sein.
- Und der zweite Punkt: Alle diese Angaben zu Flächen und Kulturen sind in meinem Fall für die Direktzahlungen bereits im Agriportal des Kantons Aargau erfasst. Da wäre es schön, wenn sich diese Daten direkt ins Programm von Agroplus einspeisen liessen.
Barto bietet Datenimport und Georeferenzierung
Um einen Vergleich zu haben, wollte ich noch einen zweiten digitalen Feldkalender testen. Ich kontaktierte Barto, das in Zusammenarbeit mit 365 FarmNet ein Modul für die Aufzeichnungen im Feldbau anbietet. Das Prozedere lief ganz ähnlich wie bei Agroplus: Seitens Barto betreute mich Produktmanager Urs Galliker. Gleich nach Eröffnung meines Accounts konnte ich – anders als bei Agroplus – meine Flächendaten von Agriportal importieren.
So waren sämtliche Betriebsflächen von der letzten Strukturdatenerhebung bereits im System, jedoch noch ohne Parzellenname. Zudem gab es einige kleinere Differenzen, die zuerst noch ausgebügelt werden mussten. Beispielsweise stimmte die Fläche nicht überall ganz genau.
Mit dem Online-Support war das jedoch kein Problem. Die Daten waren für die Anbausaison 2020/2021 jedoch bereits veraltet, weil im Agriportal noch die Erhebung des letzten Jahres die Grundlage bildet. Auch die Abweichungen kommen daher, dass nur die Daten von der Haupterhebungsperiode Ende Februar zur Verfügung standen. Änderungen, welche wir im Mai noch eingetragen haben, waren in der Datei nicht enthalten.
Interessant ist, dass bei der Lösung von Barto alle Parzellen georeferenziert erfasst sind. Das würde auch die Möglichkeit bieten, Parzellen unserer Kunden, für die wir den Pflanzenschutz erledigen, zu erfassen und die Behandlungen gleich einzutragen. Aber damit entferne ich mich wieder vom eigentlichen Ziel: Ich will ja eigentlich nur einen digitalen Feldkalender. Und das geht auch ohne Georeferenzierung.
Bei Barto dauerte es etwas länger, bis ich richtig loslegen und Kulturen oder Bearbeitungsschritte erfassen konnte. Bevor das möglich war, musste ich beispielsweise die Maschinen des Betriebes separat erfassen, damit ich diese anwählen konnte.
Generell bietet 365FarmNet eine enorme Fülle an Möglichkeiten, womit wir wieder beim selben Thema wie eingangs bei Agroplus wären: Man könnte noch unglaublich vieles, bloss will ich das eigentlich gar nicht unbedingt. Und mir schwirrt deswegen eher der Kopf.
Für unseren Betrieb brauche ich (vorerst) keine Kopplung an unser Düngerlager und auch keine genaue Erfassung der Maschinenarbeitsstunden pro Fläche, um den Deckungsbeitrag berechnen zu können. Es geht mir darum, den Feldkalender und die damit verbundenen Aufzeichnungen in ein digitales Format umzuwandeln. Das ist zu Beginn bereits genug der Herausforderung.
Nachdem ich einige Stunden mit dem Programm und der zugehörigen App verbracht hatte, fand ich mich auch mit diesem System zurecht, konnte Buchungen vornehmen, bestätigen und wieder löschen, Parzellen neu aufteilen und Pflanzenschutzmassnahmen erfassen. Besonders die App, die deutlich einfacher aufgebaut ist als die Homepage, hat mir gefallen.
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Beide Applikationen sind praxistauglich
Ich kann also festhalten: Nach einem Initialaufwand war ich in der Lage, beide Programme – Agroplus und Barto mit 365FarmNet – grundsätzlich zu bedienen. Beiderorts gibt es Dinge, die mehr gefallen oder Punkte, die mir verbesserungswürdig erscheinen. Letzten Endes ist das aber wohl auch etwas Geschmackssache, besonders was das intuitive Navigieren angeht.
Obwohl ich die Programme hier einem Praxistest unterzogen habe, gibt es einige Vorbehalte zu machen. Es war letzten Endes immer noch ein Test: Ausserhalb der Vegetationszeit, mit fiktiven Buchungen, ohne allzu viel Stress.
Und: Ich war der einzige Mitarbeiter unseres Betriebes, der sich damit beschäftigt hat. Was würde eine Umstellung für die Mitarbeitenden und den Lehrling bedeuten? Könnten und wollten Sie ihre Arbeiten auch direkt via App erfassen? Oder landen am Schluss immer noch diverse Zettel und Notizen im Büro, wo dann alles anstatt ins Büchlein geschrieben in den PC getippt wird?
Es könnte sein, dass in naher Zukunft ohnehin alle Daten rund um den Feldbau digital erhoben werden müssen (siehe auch Interview mit Jürg Guggisberg). Da könnte es durchaus ein Vorteil sein, wenn die Daten direkt digital erhoben werden und man nicht den Umweg über das Büchlein nimmt.
Benno Jungo von Agroplus erwähnt noch einen interessanten Punkt: «Eine reale Zeitersparnis bringen solche digitalen Lösungen selten. Es gibt laufend neue Möglichkeiten, die ihrerseits neue Bedürfnisse wecken. Das führt dazu, dass wir mehr Daten erfassen. Das ist die Realität.»
Fazit: Erfolg im Ackerbau hängt nicht von Digitalisierung ab
Ich komme zum Schluss: Ob das nächste Jahr aus betrieblicher Sicht ein gutes oder ein schlechtes wird, hängt für uns wohl kaum davon ab, ob wir unsere Aufzeichnungen analog oder digital durchführen. Der Feldkalender ist eine Pflicht und gleichzeitig ein Werkzeug, um den Ackerbau im Griff zu haben. Das geht analog wie auch digital.
Persönlich sehe ich den grössten Vorteil des digitalen Feldkalenders darin, dass ich die Daten immer griffbereit bei mir habe. Ich kann jederzeit die Geschichte der einzelnen Parzellen bequem vom Handy aus abrufen und bin immer informiert.
Solange das Büro aber primär Chefsache (sprich: Vaters Sache) ist, vermute ich, dass wir das alte System nicht ändern. Den Grund dafür liefert Urs Galliker von Barto: «Ein bestehendes und gut funktionierendes System wird ohne Leidensdruck oder Druck von aussen in der Regel nicht geändert.»
Weitere Anbieter in der Schweiz
Barto und Agroplus sind nur zwei Anbieter von digitalen Feldkalendern in der Schweiz. Die weiteren Anbieter sind:
Agroplus, Berater Benno Jungo
«Viele Landwirte haben aufgrund des nötigen Initialaufwandes gewisse Hemmungen, mit einer digitalen Lösung zu starten. Deshalb arbeiten wir mit Beratern zusammen. Der Berater führt das Dossier und kümmert sich um den Abschluss. Der Landwirt und seine Mitarbeiter können bequem auf den vom Berater erstellten Betriebsdaten die Feldkalender-App nutzen. Dies wird in der Romandie gerade implementiert. In der Deutschschweiz sind wir auf der Suche nach interessieren Beratern. Mit einer digitalen Lösung kann man Zeit einsparen und mehr aus seinen Daten rausholen. Der Zeitgewinn wird teilweise dadurch neutralisiert, dass immer eine umfangreichere Datenerfassung vorgeschrieben wird.»
Kosten Agroplus Technik (beinhaltet Suisse Bilanz ÖLN, Düngungsplanung und Feldkalender):Fr. 690.– (Anschaffung) und Fr. 129.– Jahreslizenz. Wird der Feldkalender über einen Berater gebucht, der für den Betrieb beispielsweise die Suisse Bilanz mit Agroplus rechnet, kostet das Fr. 92.– pro Jahr.
Einführung: inbegriffen
Zugangsberechtigungen für Mitarbeitende:gratis
365FarmNet (Barto), Produktmanager Urs Galliker
«Ich empfehle jedem, sich zunächst einen ganzen Tag Zeit zu nehmen, um die Grunddaten zu erfassen und mit dem Programm vertraut zu werden. Es lohnt sich, anfangs genug Zeit für eine saubere Ersterfassung zu investieren, damit nachher alles möglichst reibungslos läuft. Letztendlich ist alles auch eine Frage der Routine und Gewöhnung, und einmal muss man den ersten Schritt machen.»
Kosten digitaler Feldkalender:gratis
Zugangsberichtigungen für Mitarbeitende:Fr. 25.–/Jahr und Betrieb
Einführung:Fr. 75.– (online Durchführung 1,5 bis 2 h)