Wehe, wenn sie losgelassen: Dann gerät unser Verwaltungs- und Bürokratieapparat ausser Rand und Band. Ein Beispiel ist der Werdegang der parlamentarischen Initiative Absenkpfad. Als Antwort auf die beiden extremen Agrar-Initiativen «Pestizidfrei» und «Trinkwasser» verabschiedete das Parlament im Frühling 2021 die erwähnte parlamentarische Initiative.
Sie beinhaltete die Festlegung von Zielen und Fristen sowie Massnahmen dazu, um die Risiken beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und die Nährstoffverluste zu reduzieren. Bis 2027 sollen die Risiken beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um 50 Prozent reduziert werden.
Um dies zu erreichen, war ein zentrales Informationssystem zur Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und Bioziden vorgesehen. Die Zulassung von Pestiziden soll überprüft werden, wenn deren Abbauprodukte den festgelegten Grenzwert überschritten.
Nur der Landwirtschaftssektor ist betroffen
Das zweite Ziel war eine angemessene Reduktion von Nährstoffverlusten bis 2030. Die parlamentarische Initiative – so wie sie das Parlament verabschiedet hatte – war damit eine glaubwürdige Antwort auf die Anliegen der beiden Volksinitiativen und wurde von der Landwirtschaft mitgetragen.
Bereits im April 2021 kamen die Vorschläge für die Verordnungen zur Umsetzung. Sie wichen in verschiedenen Bereichen von den Parlamentsbeschlüssen ab. Alle Massnahmen betrafen ausschliesslich den Landwirtschaftssektor.
Massnahmen zur Reduktion nicht aufgezeigt
Anderseits waren verschiedene Elemente drin, die in der sistierten AP22+ enthalten waren und keinen Zusammenhang mit der parlamentarischen Initiative hatten. So zum Beispiel 3,5 Prozent Biodiversitätsförderfläche BFF auf dem Ackerland. Und neben sehr ambitiösen Reduktionszielen bei den Nährstoffen die Abschaffung des 10 Prozent Toleranzbereiches bei der Suisse-Bilanz.
Der SBV wehrte sich in seiner Stellungnahme und verlangte eine Konzentration auf die demokratisch legitimierten Anliegen sowie realistische Reduktionsziele. Denn es gelang nicht aufzuzeigen, mit welchen Massnahmen eine derartig massive Reduktion erreicht werden kann.
Am Ende steht die Landwirtschaft schlecht da, weil sie ein völlig unrealistisches Ziel nicht erreicht hat. Die Verordnungsanpassungen erhöhen den wirtschaftlichen Druck auf die Landwirtschaftsbetriebe.
Höhere Wertschöpfung und keine Massnahmen im Bereich Markt
Die Behörden gingen davon aus, dass die Bauernfamilien die verursachten Ertragseinbussen und Mehrkosten durch eine höhere Wertschöpfung auf den Märkten kompensieren können.
Massnahmen im Bereich Markt zur Absatzförderung oder Sensibilisierung der KonsumentInnen waren keine vorgesehen.
Verwaltung und Bundesrat blieben stur. Der Ausbruch des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und die Sorge um die weltweite Ernährungssicherheit kümmerten sie nicht.
Bürokratie-Monster überfährt die Landwirtschaft
Die Lebensmittelproduktion wird massiv geschwächt und die Landwirtschaft von einem weiteren Bürokratie-Monster überfahren. Um zu retten, was noch zu retten war, gingen wir am Schluss den letztmöglichen Weg über das Parlament.
Dessen Mitglieder reichten Vorstösse ein, um das Nährstoffziel beim Phosphor von 20 auf 10 Prozent zu reduzieren und verlangen, auf die 3,5 Prozent BFF auf dem Ackerland zu verzichten. Der Ständerat hat den Vorstössen zugestimmt. Der Nationalrat befindet in der Wintersession darüber.
Wir tun, was wir können, um diesen beiden Anliegen zu einer Mehrheit zu verhelfen. Das Verrückteste zum Schluss: Die Verwaltung bestellt neue Vollzeitstellen, um die parlamentarische Initiative umzusetzen.
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