Wie hat sich der Markt mit Biostimulanzien entwickelt?
Sarah Symanczik: Allein die Anzahl der Produkte auf der FiBL-Betriebsmittelliste hat sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Auf dem Markt dürfte die Zunahme noch stärker sein. Viele Hersteller springen auf den Zug auf, weil Biostimulanzien als nachhaltige Lösung für bessere Erträge angepriesen werden.
Was ist von dieser Werbung zu halten?
Hersteller müssen die Wirkung ihrer Produkte mit Tests nachweisen, um sie ausloben zu dürfen. Diese Versuche finden teilweise aber nur im kleinen Rahmen, oft unter kontrollierten Bedingungen statt und müssen nicht zwangsläufig in der Praxis erfolgen.
Auf der Etikette ist nicht immer ersichtlich, unter welchen Bedingungen sich die angepriesene Wirkung gezeigt hat.
Gibt es unabhängige Studien dazu?
Die meisten Untersuchungen führen die Hersteller selbst durch. Vereinzelt werden kommerzielle Produkte wissenschaftlich getestet, oft dürfen sie dann in den Publikationen nicht mit Namen erwähnt werden.
Was hat die Wissenschaft bisher zu Biostimulanzien herausgefunden?
Innerhalb des EU-Projektes Biofector haben wir uns mit weiteren Institutionen aus elf europäischen Ländern mit mikrobiellen Biostimulanzien befasst und einige Produkte ausgiebig getestet.
Unsere Erkenntnis: Mikrobielle Präparate können vor allem in wenig fruchtbaren Böden mit tiefem C-Gehalt einen Effekt haben. Da Mikroben Kohlenstoff für ihr Wachstum brauchen, hat es in diesen Böden wenig Mikroorganismen. So besteht wenig natürliche Konkurrenz, die Mikroben der Präparate können sich besser etablieren. Die Studie hat auch gezeigt, dass es unter abiotischem Stress wie Wassermangel zu einem Ertragszuwachs kommen kann. Dies ist wegen des sich verändernden Klimas interessant.
Ich möchte eine Studie zur Effektivität von Produkten mit Sporen Arbuskulärer Mykorrhiza-Pilze erwähnen:Die Hälfte der getesteten Mittel enthielt gar keine aktiven Sporen.
Welches Potenzial sehen Sie für mikrobielle Biostimulanzien zur Bodenapplikation in der Schweiz?
Man kann es mit einer gesunden Darmflora beim Menschen vergleichen: Da braucht es keine Zufuhr neuer Mikroben von aussen. Ist die Darmflora gestört, können Probiotika mit nützlichen Bakterien hingegen hilfreich sein.
Hierzulande sind die meisten Böden dank einer geregelten und abwechslungsreichen Fruchtfolge, Kunstwiesen mit Leguminosen und dem Einsatz organischer Dünger bereits generell gesund. Daher führt das Ausbringen nützlicher Mikroorganismen mit Biostimulanzien auf den Boden eher selten zu grösseren Ertragssteigerungen.
Ist der Boden jedoch durch krankmachende Pilze geschwächt, können durch gezielte Anwendungen, etwa mit Mykorrhiza-Präparaten, Erträge verbessert werden.
Oft werden höhere Erträge versprochen.
Vieles klingt einfach nur gut und man muss auch die Kosten berücksichtigen. Da Biostimulanzien oft teuer sind, müsste der Ertragszuwachs gross sein, damit sich die Investition lohnt. Im Ackerbau würden wenige Prozente Ertragszuwachs nicht ausreichen.
Was halten Sie von selbst gebrauten Mitteln wie etwa Komposttee?
Aktuell gibt es wenig wissenschaftliche Studien, welche die Wirksamkeit solcher Mittel belegen. Generell gilt auch hier: Die Zugabe auf einen gesunden und lebendigen Boden wird wohl keinen Ertragszuwachs bringen.
Es gibt zudem das Risiko, beim Brauen ungewollt einen Krankheitserreger zu vermehren, da eine Qualitätskontrolle fehlt. Weiter muss man unterscheiden zwischen der Wirkung von Mikroorganismen und jener von Nährstoffen.
Von Nährstoffen sind mehr Effekte zu erwarten?
Der Nährstoffanteil in Biostimulanzien ist winzig. Dinge wie Bokashi, bei dem organisches Material mit nützlichen Mikroorganismen gemischt ausgebracht wird, enthalten mehr. Bei Bokashi oder auch Brennnesseljauche sind es die Nährstoffe aus dem Pflanzenmaterial, die zu einem verbessertem Wachstum und damit zu einer höheren Widerstandsfähigkeit verhelfen, und weniger die Mikroorganismen, die sie direkt positiv beeinflussen.