Kurz & bündig
- Landwirt Lionel Richard und Architekt Michael Haenni haben in Villars-sur-Fontenais JU einen Stall für 20 Mutterkühe und ihre Kälber geplant.
- Ihnen war wichtig, dass es ein ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltiger Bau wird.
- Zur Finanzierung beantragte Richard einen Investitionskredit. Die restlichen Kosten deckt er mit einer Hypothek bei der Bank und Eigenkapital.
- Der künftige Umsatz – von dem u.a. die Schulden zurückbezahlt werden müssen – kommt vom Getreide, Fleisch und Pflaumen für den Damassine-Schnaps.

Noch ist der Stall nicht ganz fertig. Schon jetzt ist klar: Das wird kein Normstall aus dem Katalog – obwohl alle gesetzlichen Normen eingehalten werden. Die beiden langjährigen Freunde Lionel Richard und Michael Haenni haben in Villars-sur-Fontenais JU einen Stall geplant, der sowohl funktional als auch ästhetisch ist.

«Es wird ein Stall für zwanzig Mutterkühe und ihre Kälber. Ausserdem bietet der Neubau Platz für Maschinen», erklärt Landwirt Lionel Richard (33), auf dessen Betrieb der Stall gebaut wird. Dabei bieten sich auch ungewohnte Anblicke. Ein Beispiel dafür ist der runde Eingang an der Stirnseite der Futterachse, in Anlehnung an die in der Region traditionellen runden Tenn-Eingänge.

Ein mehrstöckiges Gebäude, das dem Terrain angepasst ist

Bei der Planung wurde Richard vom Architekten Michael Haenni unterstützt. Es ist Haennis erstes Projekt als selbstständiger Architekt und ebenfalls sein erstes landwirtschaftliches Gebäude. In seinem ehemaligen Büro hat er öffentliche Bauten und Wohngebäude entwickelt.

Auf dem Rundgang erklären Richard und Haenni, wie die Infrastruktur genutzt werden wird.

[IMG 1]

Der Betrieb von Familie Richard steht an einem sanften Hang, am Eingang zum Dorf Villars-sur-Fontenais im Kanton Jura. «Wir wollten den Bau dem Terrain anpassen. Und wir wollten den neuen Stall nicht direkt an den alten anbauen. Denn das alte Gebäude – Stall und Wohnhaus – sollte seinen historischen Charakter beibehalten», erklärt Haenni (35). Entsprechend wurde ein mehrstöckiger und zweiteiliger Bau geplant:

  • Unterhalb des alten Stalls steht das eine Gebäude, 27 Meter lang. Zum alten Stall hin ist es komplett offen. Hier ist Platz, um Maschinen zu parkieren oder um Stroh zu lagern, welches durch bereits eingebaute Luken in den darunter liegenden Stall gestreut werden könnte. Er habe sich noch nicht definitiv entschieden, wozu er diesen Raum nutzen werde, sagt Lionel Richard: «So habe ich nun mehrere Optionen offen.»

    Im darunterliegenden Stall werden Tiefstreuboxen eingerichtet. Die gesamte Stalllänge kann an verschiedenen Orten mit Gittern unterteilt werden, sodass flexibel nach Gruppengrösse eingestallt werden kann. Gegen den Hang hin bildet eine Stützmauer die Rückwand dieses Stalls.
     
  • Die Tiefstreuboxen sind gegen den Laufhof hin offen. Unter dem Spaltenboden des Laufhofs befindet sich eine Güllegrube mit 270 Kubik Volumen.
     
  • Vis-à-vis, auf der anderen Seite des Laufhofs, steht das zweite Gebäude, ebenfalls 27 Meter lang. Hier befindet sich die Futterachse.

Alte Infrastruktur ist längst abbezahlt

Im alten Ökonomiegebäude sollen künftig das Jungvieh sowie das Heu untergebracht werden. «Das Futter werde ich dann jeweils in den unteren Stall transportieren müssen», sagt Richard. Gleichzeitig kann er so die alte Infrastruktur weiterhin nutzen.

Lionel Richard und seine Frau Danielle Siegfried haben den Betrieb anfangs 2022 von Lionels Eltern übernommen. Zuvor wurde seit längerem nicht investiert. «Das war für mich eine gute Nachricht, da ich so keine Schulden übernehmen musste. Die Infrastruktur war längst abbezahlt», erklärt der Sohn.

Gleichzeitig bedeutete das aber auch, dass der alte Anbindestall teils die Normen und Masse nicht mehr erfüllte. «Die Arbeit im alten Stall ist nicht sehr komfortabel und nicht effizient», ergänzt Richard. Für ihn war klar, dass sofort investiert werden musste.

Mit dem Betriebskonzept zur Kreditkasse

AboVor einem fast fertigen Stallgebäude steht ein gelber Bagger.Schlau bauenSo gibt es Geld von der Kreditkasse für den StallbauFreitag, 23. Februar 2024 So individuell der Stall geplant ist, so konventionell machte sich Lionel Richard daran, diesen Plan zu finanzieren. Er setzte dabei auf einen Finanzierungsmix aus Investitionskredit, Bank-Hypothek und Eigenkapital. 

Bei der Hofübernahme hatte Richard einen Starthilfe-Kredit bei der landwirtschaftlichen Kreditkasse des Kantons Jura beantragt. Schon damals schrieb er ein Betriebskonzept. Dieses Konzept hat er überarbeitet. Damit konnte er erfolgreich eine weitere Finanzierungsunterstützung bei der Kreditkasse beantragen.

Mit diesem Investitionskredit kann er um die 25 Prozent der Gesamtkosten des Baus (rund 750'000 Franken) abdecken. Diesen zinslosen Kredit wird er in den nächsten 17 Jahren zurückzahlen müssen.

Betriebsspiegel der Familie Richard
Danielle Siegfried & Lionel Richard, Villars-sur-Fontenais JU

LN: 40 ha
Kulturen: Weizen, Gerste, Futtersoja, Silomais, Obstgarten, Weide
Tierbestand (geplant): 20 Mutterkühe, 20 Kälber, 5 Aufzuchtrinder, 3 Ziegen

www.verger9.ch

Beratung bei der Finanzierung durch einen Treuhänder

Bei der Finanzplanung liess sich Lionel Richard von einem Treuhänder beraten: «Das ist der erste Bau in meinem Leben. Ich bin kein Finanzberater und ich hatte keine Ahnung. Wie funktioniert beispielsweise das Gespräch mit der Bank?»

In seinem Fall habe die erste Bank die fixfertigen Baupläne bereits bei der Hofübergabe sehen wollen, bevor sie Ja zur Finanzhilfe sagten. Die zweite Bank wollte sogleich zusagen. Keine überzeugte Richards so wirklich.

[IMG 3]

Sie hätten sich dann für die dritte Bank entschieden, die zuerst auf den Betrieb kam und sich das Vorhaben erklären liess. «Das war uns sympathisch», erinnert sich Richard.

«Der ganze Prozess braucht viel Zeit. Es lohnt sich, früh genug mit Anfragen an Kreditkasse, Banken oder Ämter zu beginnen, um dann auch rechtzeitig mit dem Bau beginnen zu können», empfiehlt der Landwirt. Sollte dieser Prozess ins Stocken geraten oder sollten gewisse Informationen fehlen, könne ein Anruf bei den Ämtern helfen: «Es war meist einfacher, wenn ich direkt nachfragte und solange dranblieb, bis sie mir die Auskunft gaben.»

Lohnenswerte Integration der Maschinen im Stallgebäude

Rechnet Lionel Richard die Kosten pro Stallplatz aus, kommt er auf einen Betrag zwischen 20'000 und 25'000 Franken pro Grossvieheinheit.

Diese Zahl stimmt allerdings nicht ganz. Denn darin enthalten sind auch die Kosten für die Maschinenplätze über dem Stall. «Wir integrierten die Maschinen in diese Planung, um möglichst effizient, kompakt und schlau bauen zu können», sagt Richard. Eine Remise hätte er früher oder später sowieso gebraucht.

«So mussten wir eine Baubewilligung weniger einreichen, weniger Energie und Zeit dazu aufwenden und weniger Fläche beanspruchen», erklärt der Landwirt. Michael Haenni schätzt grob, dass sie mit diesem kombinierten Bau zwischen 200'000 und 300'000 Franken sparen konnten.

[IMG 4]

Betonpreis stieg innert kurzer Zeit um 20 Prozent

Der Bau wurde allerdings teurer, weil Familie Richard in einer Zeit baute, in der die Kosten stark angestiegen sind. «Der Beton wurde innert kurzer Zeit – während unserer Planung, vom ersten Kostenvoranschlag bis kurz vor dem Baustart – um 20 Prozent teurer. Das hatte grosse Auswirkungen, zumal die Kosten für den Beton etwa die Hälfte des ganzen Projekts ausmachten», erklärt Haenni.

Richards und Haenni achteten darauf, sparsam mit dem Beton umzugehen – auch aus ökologischen Gründen. So liegt der Laufhof beispielsweise zwischen den beiden neuen Stallgebäuden, wodurch Fläche und somit auch Beton eingespart wird.

Dennoch mussten sie die Kosten weiter senken. Richards verzichteten daher sowohl auf eine Photovoltaik-Anlage auf dem Stalldach als auch auf den Ausbau des alten Güllelochs (200 Kubik Volumen) zu einem Regenwassertank.

Die Kosten reduziert mit Eigenleistung beim Holzbau

Bei anderem wurde nicht gespart: Sie wählten nicht das billigste Holz, sondern legten Wert darauf, dass es aus der Schweiz stammt. Die Arbeiten liessen sie nicht vom billigsten Bauunternehmen machen, sondern ver-gaben die Aufträge an Handwerker aus der Region.

«Wir wollten einen ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltigen Stall bauen. Am Ende hat dann doch die Ökonomie etwas Überhand gewonnen», ist Lionel Richards Fazit.

[IMG 5]

Die Kosten wurden etwas reduziert, indem Lionel Richard bei einigen Arbeiten selbst angepackt hatte: «Viele Holzarbeiten habe ich zusammen mit einem Zimmermann erledigt.» Die Holzdecke über den Tiefstreuboxen haben beispielsweise sie gezimmert. Auch Michael Haenni habe geholfen.

Die Eigenleistung habe er aber bewusst in Grenzen gehalten, sagt Richard: «Ich habe keine entsprechende Ausbildung. Ich arbeite daher weniger effizient als die Bauarbeiter und stehe ihnen womöglich nur im Wege.»

Ausserdem stellt sich die Frage, was er stattdessen tun könnte. Richard, der ursprünglich Geschichte studiert hatte und später dann die Lehre zum Landwirt absolvierte, übernimmt in Teilzeit Stellvertretungen als Lehrer. Das ist finanziell lohnenswerter als die Mitarbeit auf dem Bau.

Noch ist Fleischproduktion für ein Label nicht möglich

Das Betriebskonzept sieht vor, dass Richards mit dem Getreideanbau, dem Fleischverkauf sowie dem Obst Umsatz generieren werden. Bei Letzterem geht es konkret um die Pflaumensorte Damasson rouge, die bei Richards im Obstgarten wächst. Daraus wird der Damassine-Schnaps gebrannt, der AOP-zertifiziert ist.

Lionel Richard überlegt noch, wie er künftig die beste Wertschöpfung aus dem Fleisch seiner Kälber und Rinder generieren kann. Sicherlich wird er die Herde ausbauen müssen. Im Moment hält er zehn Mutterkühe im Anbindestall, im neuen Stall sind zwanzig Mutterkühe mit ihren Kälbern vorgesehen.

Richard bringt die grösseren Tiere nach Porrentruy auf den Schlachtviehmarkt. Für ein Label produziert er noch nicht, da der alte Anbindestall die Anforderungen nicht erfüllt. Wenn die Kühe in den neuen Stall ziehen, werden sich sicherlich neue Vermarktungsmöglichkeiten auftun für den Betrieb, der aktuell im zweiten Umstellungsjahr auf biologische Produktion ist.

Zuerst muss nun aber der Stallbau abgeschlossen werden. Die Freunde Lionel Richard und Michael Haenni sind zuversichtlich, dass die Kühe im Frühling 2024, nach einem Jahr Bau, einziehen können.

Kredit bei der landwirtschaftlichen Kreditkasse – was braucht es?

Voraussetzungen des Betriebs
- Mindestens 1 Standardarbeitskraft (SAK), inkl. Ergänzungen gemäss Artikel 2a VBB (Verordnung über das bäuerliche Bodenrecht).
- Mindestens 0,6 SAK für Massnahmen im landwirtschaftsnahen Bereich und ab Bergzone III.
- Rationelle Bewirtschaftung und Nachweis der erfolgreichen Betriebsführung mit Buchhaltung.
- Ökologischer Leistungsnachweis ÖLN muss nach der Investition erfüllt sein.

Bei Pachtbetrieben
- Baukredit: mindestens 20-jähriges selbständiges Baurecht und 20-jähriger Pachtvertrag.
- Starthilfe für Junge: Pachtvertrag muss der Laufzeit des Kredites entsprechen.

Geforderte Unterlagen für Gesuch:
- Projektunterlagen (Planskizzen, Kostenvoranschlag), soweit bereits vorhanden.
- Kopie der Pachtverträge, soweit vorhanden.
- Buchhaltungsabschluss der letzten drei Jahre.
- Nachweis, dass spätestens nach der Investition der ÖLN erbracht werden kann.

Das Betriebskonzept:
Seit 1.1.2023 nicht mehr Pflicht, aber sinnvoll. Darin sollte enthalten sein:
- Aktuelle Betriebsstruktur (Flächen, Tierbestand) sowie deren Entwicklung in den nächsten Jahren.
- Die aktuellen Abnehmer ihrer Produkte und wie sich dies nach den Investitionen entwickeln soll.
- Eine Stärken- und Schwächen-Analyse des Betriebs, z.B. in Bezug auf Deckungsbeiträge, Zustand der Ökonomiegebäude, usw.
- Die geplanten Massnahmen und die erwarteten Auswirkungen.
- Künftige Investitionen der nächsten 12 Jahre.

Weitere Informationen und Vorlagen für Betriebskonzept usw.: Auf den Websites der Kreditkassen oder beim Treuhänder erhältlich.