Kurz & bündig
- Landwirtin Anna Neuenschwander ist auf der «Hohgant Ranch» in Schangnau (Bern) aufgewachsen.
- Sie bewirtschaftet den Betrieb mit Milchvieh, Hunde- und Pferdezucht mit ihrem Lebenspartner.
- Da der Betrieb klein ist, ist sie auf einen Nebenerwerb angewiesen.
- Deshalb ist Anna Neuenschwander nun auf der Suche nach einer Alp, um den Betrieb zu vergrössern.
Der Hohgant prägt Anna Neuenschwanders Leben: Von ihrer «Hohgant Ranch» aus blickt sie direkt auf den Gebirgsstock in den Emmentaler Alpen. Die Landwirtin ist mit der Region verwurzelt, liebt aber nicht nur hohe Berge, sondern auch die Weiten im Jura. «Dort ist es auch etwas einfacher, Pferde zu züchten», sagt sie – es habe einfach viel mehr Platz.
Die zierliche Frau mit dem wachen Blick lebt vieles ein bisschen anders. Ihren Betrieb in Schangnau im Kanton Bern möchte die 50-Jährige schon in den nächsten Jahren an eine ihrer drei Töchter übergeben, die sie alleine grossgezogen hat. Zum Vater von Andrea (23), Laura (21) und Diana (16) habe sie ein gutes Verhältnis, betont sie. «Aber ich bin nicht so der Pärchen-Mensch und war nie verheiratet», sagt sie.
Ihr Lebenspartner Christian Liechti ist frisch pensioniert und deshalb stärker auf dem Hof präsent. Liechti war Chauffeur bei Anicom, hat zwar viel auf dem Betrieb geholfen, war aber auch viel unterwegs: «Jetzt müssen wir uns arrangieren, das ist ungewohnt für mich», erzählt sie.
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Landwirtin Anna Neuenschwander investiert erst, wenn genügend Geld da ist
Die Landwirtin ist auf der «Hohgant Ranch» aufgewachsen, den Betrieb hat sie 2007 von ihrer Mutter gepachtet und 2010 gekauft. Mit dem Betrieb habe sie auch einiges an Schulden übernommen, sagt sie. Die Lehre daraus sei, dass sie erst dann investiere, wenn genügend Geld da sei.
Gerne würde sie betreutes Wohnen auf ihrem Betrieb anbieten. Aber dafür müsste sie umbauen, damit die Bewohner und sie genügend Privatsphäre hätten. Das sei im Moment nicht finanzierbar, sagt Anna Neuenschwander.
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Anna Neuenschwander ist auf Alp-Suche, um den Betrieb zu vergrössern
An die Zukunft denkt sie trotzdem: Die «Hohgant Ranch» mit ihren elf Hektaren sei eigentlich zu klein zum Leben und zu gross zum Sterben, sagt sie und seufzt. Sie hält 15 Milchkühe, deren Milch sie in die Bergkäserei Marbach liefert. Ein Teil wird zu Joghurt verarbeitet, ein Teil wird zu Industriekäse.
Im Sommer gehen einige Kühe auf die Alp Iselten. Anna Neuenschwander verkauft den Alpkäse unter anderem über Facebook. Das schafft Nähe zu den Konsumenten: «Wer möchte, kann bei uns jederzeit auf dem Hof vorbeikommen und die Kühe auch mal anfassen.»
Anna Neuenschwander möchte gern vergrössern, deshalb ist sie auf der Suche nach einer Alp: «Wir möchten gern eine Alp in der Nähe unseres Hofs, damit wir Berg- und Talbetrieb bewirtschaften können.» Tochter Laura macht gerade die Bäuerinnenschule und wird den Käser-Lehrgang absolvieren. Auch von einer kleinen, traditionellen Bergbeiz träumt Anna Neuenschwander.
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Ziel der Alp wäre neben der Sömmerung der Kühe auch, die Rinder selber aufzuziehen. Aktuell gibt sie die 15 Tiere auf einen Aufzuchtbetrieb – bei rund 1320 Franken pro Jahr und Tier kommt einiges zusammen. «Es lohnt sich zwar, da es ein guter Aufzuchtbetrieb ist», sagt sie. Dennoch hätte sie nichts dagegen, das Geld einzusparen.
«Im Moment sind die Kuhpreise gut», sagt sie. Sie handelt mit Kühen, das ist einer ihrer Betriebszweige. Anna Neuenschwander kauft junge Kühe, lässt sie ein bis zwei Mal kalben und verkauft sie dann weiter. «Die Tiere wachsen mir ans Herz und es fällt mir nicht leicht, sie weiterzugeben», sagt sie – und deshalb stehen auch einige ältere Tiere auf der Weide mit Blick bis auf den Chasseral.
Neuenschwander will jedes ihrer Tiere kennen und eine Beziehung zu ihm haben. Deshalb hat sie Mühe mit riesigen Betrieben: «Ich möchte nicht, dass Tiere einfach Ware sind.»
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Anna Neuenschwander analysiert die Betriebszahlen der «Hohgant Ranch» nüchtern
Gefragt, ob sie bei Entscheidungen eher die Zahlen anschaue oder aus dem Bauch heraus entscheide, überlegt Anna Neuenschwander lange. «Ich lege Wert aufs Geld», sagt sie schliesslich. Deshalb schätze sie auch ihren Berater am Inforama Bäregg, der sehr gut und nüchtern mit ihr die Betriebszahlen anschaue.
Dennoch: «Gegen gutes Geld Tiere an einen schlechten Platz geben, das mache ich nicht.» Es sei ihr auch schon passiert, dass sich ein vermeintlich guter Platz als schlecht herausgestellt habe – dann habe sie das Tier zurückgeholt und umplatziert.
Das Tier ist in diesem Fall keine Kuh, sondern ein Hund. Denn Anna Neuenschwander züchtet mehrfarbige Labrador-Hunde.
«Solche Tiere sind Liebhaber-Hunde», sagt sie. Neuenschwanders Labrador-Hunde haben deutsche Papiere, da der Farbschlag in der Schweiz nicht anerkannt ist. Sie zeigt auf die hochträchtige Hündin Nice: «Sie ist gut und gern so viel wert wie ein Kleinwagen.»
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Für einen Welpen kann sie zwischen 1800 bis 3500 Franken verlangen. Dem auf den ersten Blick stolzen Preis steht die mehreren tausend Franken gegenüber, die Anna Neuenschwander investiert, bis sie die Hündin mit etwa zwei Jahren zum ersten Mal decken kann. Die Investitionen setzen sich aus Fütterung, Tierarzt-Untersuchungen (Röntgen, Chippen, Impfen) und Körungen zusammen.
Anna Neuenschwander muss auswärts arbeiten, weil der Betrieb zu wenig abwirft
Da der Betrieb zu wenig abwirft, arbeitet Anna Neuenschwander zu rund 30 Prozent auswärts, verpackt für Blumen Berger in Langnau Herbstblumen und hilft im Berggasthaus Marbachegg im Service aus.
Als ihre Kinder jünger waren, hat die gelernte hauswirtschaftliche Angestellte mehr gearbeitet und auch Nachtwache im Altersheim gemacht. Landwirtin hat sie in einem Nebenerwerbs-Kurs im Inforama Bäregg gelernt, das Diplom als Bäuerin hat sie im Inforama Waldhof abgelegt. Und jahrelang hat sie als Fitness-Instruktorin in Langnau gearbeitet: «Das war eine meiner Leidenschaften.»
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Hengst, Stute und Fohlen leben friedlich zusammen
Pferde sind die andere grosse Leidenschaft von Anna Neuenschwander. Mit ihren Töchtern reitet sie oft aus, die Tiere werden täglich entweder geritten oder gefahren.
Und wenn es darauf an kommt, wehrt sich Anna Neuenschwander für ihre Tiere. Sie legt sich auch mal mit dem Schweizerischen Freibergerverband an, wenn eine ihrer Stuten wegen angeblicher Lahmheit disqualifiziert wird. Ihre Fohlen sind begehrt: Wer sieht, wie innig sich die Landwirtin um ihre Tiere kümmert, wie gepflegt die Pferde daher kommen und wie furchtlos die Fohlen Besucher beschnuppern, wundert sich nicht. Das grosse Geld mache sie nicht mit ihren Fohlen: «Der Verkauf deckt aber meine Kosten.» So viel ist ihr die Leidenschaft wert.
Und auch bei den Pferden geht sie ihren eigenen Weg: Anna Neuenschwander hält ihren schwarzen Freibergerhengst Haras vom Oberschopf nicht allein. Hengst Haras lebt seit zehn Jahren mit Stute Elien vom Oberschopf zusammen. Im Auslauf ist auch das im Mai geborene Fohlen Hohgant Ranch Hope. «Der Hengst ist jeweils bei der Geburt der Fohlen dabei und hilft, das Neugeborene zu versorgen», erklärt sie.
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Die Vorsorge schon länger im Auge und im Griff
Die findige Landwirtin denkt nicht nur an die Gegenwart, sondern auch an die Zeit nach der Pensionierung. Seit Jahren zahlt sie konsequent jeden Monat einen bestimmten Betrag in ihre 3. Säule ein: «Das finde ich wichtig. Meine Mutter hat das schon so gehalten und fährt jetzt gut damit.» Mutter Bertha Neuenschwander (77) hat eine wichtige Rolle auf der «Hohgant Ranch».
Sonntags trifft sich die ganze Familie – oft mit Anna Neuenschwanders drei Schwestern – zum Zmittag bei ihr. Bertha Neuenschwander lebt im Stöckli und unterstützt die Tochter beim Füttern und Misten der Milchkühe, wenn diese auswärts arbeitet.
Anna Neuenschwander denkt auch an die Vorsorge ihrer Töchter. Sie hat jeder der drei jungen Frauen ein Vorsorge-Konto eingerichtet und zahlt jeden Monat 50 Franken ein. «Damit kommt eine gute Summe zusammen. Man weiss schliesslich nie, was kommt.»
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«Gesunde, stubenreine Bauernhofkatzen sind gefragt»
Mit ihren Katzen weiss sie, was kommt: Anna Neuenschwander hat gemerkt, dass stubenreine, Leukose-getestete, geimpfte Bauernhofkatzen gesucht sind. Deshalb züchtet sie die Tiere und verkauft sie gezielt an Menschen, die den Tieren einen guten Lebensplatz bieten.
«Einige meiner Tiere leben zum Beispiel in der Stadt Zürich», sagt sie. «Und ich finde, bei guter Betreuung ist eine Katze auch in einer Wohnung zufrieden. Immerhin wird sie da weder überfahren noch vom Fuchs gerissen, wie das hier bei uns leider ab und zu der Fall ist», sagt Anna Neuenschwander.
Ein eher kritischer Blickauf die Direktzahlungen
Die Schangnauerin geht ihren eigenen Weg. Sie ist mit gewissen Aspekten in der Landwirtschaft in der Schweiz nicht einverstanden. Dass auch Leute Direktzahlungen erhalten, die «mehr aus Freude» einen Betrieb führen und nicht davon zu leben versuchen, kritisiert sie.
Und: «Ich möchte, dass wir Bauern von unseren Produkten leben können.» Doch eine schlauere Lösung als die aktuelle, «die fällt mir leider auch nicht ein», sagt sie. Politisch aktiv ist sie nicht, obwohl sie auch schon von der örtlichen SVP schon als Grossrats-Kandidatin angefragt wurde: «Ich habe abgesagt, schliesslich habe ich auch noch ein Privatleben.»
Blickt die 50-Jährige zurück, würde sie wieder in die Landwirtschaft einsteigen: «Aber doch eher im Jura, mir gefallen die Weiten dort.» Als junge Frau sei sie wohl zu stark im Hohgant-Gebiet verwurzelt gewesen, sinniert sie.
Heute würde sie sich stärker spezialisieren und wohl studieren. Deshalb freut es sie, dass Tochter Andrea an der HAFL Agronomie studiert: «Ich finde es gut, wenn junge Menschen in die Landwirtschaft kommen, die dies wirklich wollen.»
Betriebsspiegel «Hohgant Ranch»
Anna Neuenschwander (50), Schangnau BE
LN: 11 ha, Bergzone III
Bewirtschaftung: IP-Suisse
Kulturen: Naturwiesen
Tierbestand: 15 Milchkühe, 2 bis 4 Kälber, Rinder im Aufzuchtvertrag im Schangnau, 4 Zuchtstuten, 1 Hengst, 3 bis 4 Fohlen/Jahr, 4 Labradorhündinnen, 1 Zuchtrüde
Arbeitskräfte: Lebenspartner Christian Liechti (65), bei Bedarf: Töchter Andrea (23), Laura (21) und Diana (16) Neuenschwander, Mutter Bertha Neuenschwander (77)
www.dgrn.ch/hohgant-ranch