Welche Flächen müssen emissionsmindernd gegüllt werden?
Betriebe mit mehr als 3 Hektaren düngbare Fläche. Betriebe, auf denen die düngbare Fläche abzüglich der unten genannten Ausnahmen 3 Hektaren nicht übersteigt, sind vom Obligatorium befreit.
Welche Flächen sind nicht vom Obligatorium betroffen?
- Flächen mit mehr als 18 % Hangneigung.(Das betrifft nicht die ganze Parzelle. Wenn ein Teil der Parzelle weniger als 18 % Hang-neigung aufweist, muss dieser Teil der Parzelle trotzdem emissionsmindernd gegüllt werden.)
- Kleinflächen, die kleiner als 25 Aren sind
- Wenig intensiv genutzte Wiesen
- Reben
- Permakulturen, Obstanlagen und Hochstammfeldobstbäume der Qualitätsstufe 2
- In speziellen Fällen, wie beispielsweise bei erschwerter Zufahrt einer schleppschlauchpflichtigen Fläche, kann beim Kanton ein Ausnahmegesuch eingereicht werden.
- Im Ackerbau kann der Breitverteiler eingesetzt werden, sofern die Gülle anschliessend innert vier Stunden eingearbeitet wird(1)
Link zur Schweizer Karte mit flächenspezifischer Abbildung von Hanglagen
Wie muss ein emissionsminderndes Ausbringsystem aussehen?
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Folgende vier Bedingungen muss ein Schleppschlauchgerät gemäss BLW einhalten:
- Gülle und flüssige Vergärungsprodukte werden direkt auf die Bodenoberfläche abgelegt.
- Es dürfen maximal 20 % der Bodenoberfläche begüllt werden. D. h. die Ausflussöffnungen der Schläuche überdecken maximal 20 % der Ausbringbreite
- Die Verteilgenauigkeit innerhalb der begüllten Fläche darf max. 15 % abweichen.
- Gülle und flüssige Vergärungsprodukte fliessen ohne Überdruck aus der Verteilleitung auf den Boden. Es tritt kein Verspritzen am Boden auf, das zu einer erhöhten flächigen Verschmutzung führen würde.
Die Umsetzung der Bestimmungen liegt schliesslich in der Zuständigkeit der Kantone.
Zuerst beim Fasshersteller nachfragen
Vor einem Umbau sollte unbedingt zuerst der ursprüngliche Hersteller des Güllefasses kontaktiert werden, empfiehlt Michael Röthlisberger von Hadorn’s Gülletechnik AG. Der Hersteller sollte Auskunft geben können, ob das Güllefass für eine Umrüstung konzipiert ist. Der Hersteller muss die Festigkeit des Fasses und die vorgesehene Änderung mit einer ausgefüllten Bescheinigung bestätigen. Somit ist man zumindest abgesichert, dass das Güllefass für einen Aufbau tauglich ist.
Ausserdem, wenn man mit dem Güllefass zukünftig 40 km/h fahren möchte, muss der Hersteller die Tauglichkeit des Fasses für die Höchstgeschwindigkeit ebenfalls mit einer Bescheinigung absichern. Möglicherweise muss die Achse gewechselt werden.
Bei einem definitiven Umbau müsste streng genommen der Umbau in der Betriebsanleitung angepasst und eine Gefahrenanalyse durchgeführt werden – selbst für Eigengebrauch, was in den wenigsten Fällen gemacht wird. «Eine Gefahren-analyse und die Anpassung der Betriebsanleitung verursacht sehr viel Aufwand und enorme Kosten, da fast jeder Aufbau eine Sonderanfertigung ist», erklärt Michael Röthlisberger.
«Wir geben dem Kunden nach der Nachrüstung die Betriebsanleitung des Verteilers und die Bescheinigung des Fassherstellers ab. Weiter werden die Geräte bei uns dem Kunden übergeben und eingeführt. Wichtig ist aber das Wägen und Berechnen von Achs- und Stützlast, bevor der Auftrag erteilt wird.»
Achslast nicht überschreiten
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Gerade bei kleineren Güllefässernist es häufig der Fall, dass mit einem Schleppschlauch-Aufbaudie Achslast beim vollen Fass überschritten werden würde. Das ist wichtig zu berücksichtigen, um einen Unfall durch einen Achsbruch oder ähnliches zu vermeiden. Daher sollte die Achslast vor jeder Änderung gewogen werden. Für kleine Fässer sind deshalb leichte Schleppschlauch-Modelle zu bevorzugen. Eine Auswahl finden Sie in der Ausgabe 1/2023 von «die grüne» oder unter www.diegruene.ch/guellefass
Tool zur Berechnung der Achs- und Stützlast
(siehe hinterstes Tabellenblatt)
Stützlast nicht unterschreiten
Wird an einem Güllefass, welches nicht dafür konzipiert ist, nachträglich ein Schleppschlauch aufgebaut, kann es aufgrund des Hebelgesetzes sein, dass die Stützlast unterschritten, also negativ wird. Da der Schleppschlauch hinten am Fass angebaut wird, zieht dieser das Güllefass zusätzlich nach hinten unten. Dadurch ist das Gewicht, welches über die Deichsel auf das Zugmaul drückt, zu gering. Das führt dazu, dass die Deichsel während der Fahrt im Zugmaul rauf- und runterschlägt. (2)
In diesem Fall müsste die Achse um 15 bis 40 cm nach hinten versetzt werden. Das Versetzen der Achse ist aber nicht in jedem Fall möglich. (3)
Schleppschlauch-Modelle, welche für die Fahrt seitlichnach vorne gegen den Traktor geschwenkt werden, können der Stützlastunterschreitung etwas entgegenwirken. Jedes Kilo, welches nach vorne drückt, wirkt sich positiv auf die Stützlast aus. (2)
Beleuchtung
Die Konturen der farbigen Schleppschläuche reichen für die Erkennung im Strassen-verkehr nicht aus. Deshalb müssen beim Schleppschlauch an äusserster Stelle Markierungstafeln angebracht werden, welche sowohl nach vorne wie auch nach hinten reflektieren.
Die Breite von 2,55 m darf bei einem fest am Fass angebautem Schleppschlauchverteiler in Transport-stellung nicht überschritten werden. Ausser, wenn der Schleppschlauch mit adäquatem Aufwand demontierbar ist (Schnellverschluss). Dann dürfen an Güllefässern ohne Bewilligung vorübergehend montierte Zusatz-geräte bis zu einer Breite von 3 m montiert werden.
Wenn das Fass die Breite von 2,55 m wegen Breitreifen überschreitet, wird es zum Ausnahmeanhänger (2,55 bis 3 m). Dieser muss eingelöst werden und braucht ein braunes Kontrollschild (inklusive 30 km/h Anhänger). In diesem Fall muss die Überbreite am Traktor mittels seitlichen Markierungstafeln auffällig gekennzeichnet werden. (2)
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Bremstechnik
Seit dem 1. Mai 2019 müssen alle neu eingelösten Anhänger in der Schweiz ein Zweileiter-Bremssystem aufweisen. Das ist ein Argument, wieso sich die Nachrüstung des alten Güllefasses doch noch lohnen könnte. Wenn man sich ein neues Güllefass mit dem obligatorischen Zweileitersystem kauft, muss der Traktor auch mit dem neuen Bremssystem nachrüstet werden. Wenn man aber das alte Güllefass mit Schleppschlauch nachrüstet, kann dieses weiterhin mit dem bestehenden hydraulischen Einleiter-Bremssystem genutzt werden.
Möchte man mit dem alten Güllefass zukünftig 40 km/h fahren, muss auch das bestehende Brems-system auf die neue Geschwindigkeit geprüft werden.
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Wie wird die Gülleausbringung ab 2024 kontrolliert?
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Die Kontrolle der Einhaltung der neuen Bestimmungen ab 2024 erfolgt im Rahmen der ÖLN-Kontrollen. Alle acht Jahre ist eine Grundkontrolle fällig, bei welcher primär geprüft wird, ob auf den pflichtigen Flächen tatsächlich emissionsmindernde Techniken angewendet werden. Daneben sind auch risikobasierte Kontrollen möglich, bei welchen die Güllefässer und die emissionsmindernd zu güllenden Flächen angeschaut werden. (1)
Nachrüstung gut durchdenken
Ein nachträglicher Schleppschlauchaufbau sollte gut durchdacht werden. «Man sollte sich die Frage stellen, ob man auf ein 20-jähriges Güllefass noch etwas nachrüsten will, indem man nochmals denselben Wert investiert, den das Fass gekostet hat. Ausserdem kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Hersteller für ein 20- bis 30-jähriges Fass eine Bescheinigung für eine Nachrüstung ausstellt», so Michael Röthlisberger.
Auf jeden Fall sollte vor einem Umbau zuerst der Fass-Hersteller kontaktiert und eine Bescheinigung für den Schleppschlauch-Aufbau eingeholt werden. Danach muss die Achs- und Stützlast berechnet werden, um zu prüfen,ob das Güllefass das Zusatzgewicht des Schleppschlauches ohne Achsversetzung oder Achswechsel tragen kann.
Gemäss BUL sind bis anhin keine Gerichtsfälle bekannt, im Zusammenhang mit einem Unfall aufgrund einer Schleppschlauch-Nachrüstung. Falls es aber zu einem Unfall kommen würde und bei der Suche der Unfallursache Mängel an der Schleppschlauch-Nachrüstung nachgewiesen werden konnte, haftet mit grosser Wahrscheinlichkeit der Fahrzeugbesitzer.
Quellen
(1) Bundesamt für Landwirtschaft BLW
(2) Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft BUL
(3) Michael Röthlisberger von Hadorn’s Gülletechnik AG