Social Media bieten landwirtschaftlichen Betrieben grosse Chancen, ihre Produkte oder Dienstleistungen an die Leute zu bringen. Doch der Dschungel an Kanälen und Plattformen ist gross. Wie macht ein Landwirt auf sich aufmerksam? Und wie findet er viele Follower und dadurch neue Kunden?

Adrian Wenger pflegt seinen Instagram-Kanal, kommuniziert aktiv, markiert Beiträge und bekommt so neue Follower (Reportage «Instagram gibt mir eine Stimme»). Social-Media-Coach und Marketing-Experte Andreas Koloska findet zielgerichtete Werbung jedoch weitaus effizienter: «Neue Kunden erreicht man nicht nur durch die Anzahl Follower.» Denn je mehr Menschen einem Kanal folgen, desto mehr verliere der Kanal an prozentualer Reichweite.

Die Werbung von Landwirten wird gern gesehen

Das klingt absurd. Aber: Mittlerweile haben so viele Menschen eine Facebook-Seite, dass Facebook gar nicht mehr allen jeden Beitrag zeigen kann. Seiten mit 10'000 Followern erreichen im Schnitt maximal 20 Prozent der Abonnenten pro Post «Und ganz grosse Seiten mit 200'000 oder 300'000 Followern erreichen noch maximal zwei bis drei Prozent der Abonnenten.» Als Anbieter eines Produktes ist man so fast gezwungen, Werbung zu machen.

Was ist mit der Befürchtung, seine möglichen Kundinnen durch Werbe-Beiträge zu nerven und so zu verscheuchen? «Da dürfen Landwirte ruhig selbstbewusst sein», sagt Koloska. Werbung von Landwirten nerve nicht – im Gegenteil: Als Landwirtschaftsbetrieb ist man eine willkommene Abwechslung. Denn die Werbung sei ja sowieso da und stamme vor allem von grossen Unternehmen. Die Benutzer der diversen Kanäle schauen sich tagtäglich hunderttausende Beiträge an. «Da kommen gerade lokale Geschichten und lokale Werbung sehr gut an.»

Das Gleichgewicht zwischen Produkt-Beiträgen, Werbung und Geschichten müsse stimmen. «Poste» ein Betrieb ständig nur Produkte und selten Geschichten vom Betrieb, würden die User mit der Zeit weniger gut darauf reagieren. Dadurch sinkt die Reichweite.

Landwirt, zeige dich und deine Familie!

Bei der Werbung auf Social Media gelte es, einige Grundsatz-Entscheide zu fällen, sagt Koloska: «Zeige ich mich auf dem Foto des Werbe-Beitrags?» «Zeige ich meine Familie?» Marketing-Gründe sprechen dafür, die Familie zu zeigen: «Je mehr jemand von sich preisgibt, desto besser läuft eine Anzeige», weiss Koloska.

Als Nächstes wird die Zielgruppe eingegrenzt: Zum Beispiel für den Verkauf von Mischpaketen auf fünf Kilometer. Das Einzugsgebiet gehört berücksichtigt, denn auf lokale Angebote reagieren die User gut. Als letzter Schritt müssen die Interessen der Zielgruppe definiert werden: Im Fall von Mischpaketen sind dies etwa «Essen», «Kochen», «Nahrungsmittel».

Einarbeiten in den Facebook-Werbeanzeiger-Manager lohnt sich

Und wie kommt nun diese Anzeige auf die einzelnen Plattformen? Andreas Koloska rät zum Facebook-Werbeanzeiger-Manager. Dieses Programm erlaubt es, über alle Plattformen Werbung zu schalten, weil vier der fünf grössten Social Media Plattformen der Welt Facebook gehören: Instagram, WhatsApp, Messenger und Facebook. Auch bei der noch jungen chinesischen Plattform TikTok laufen die Anzeigen über den Facebook-Werbeanzeiger-Manager.

Es brauche etwas Zeit, um den Werbeanzeigen-Manager zu begreifen. «Da muss man sich etwa 1,5 Tage reinknien. Einmal begriffen, braucht es danach noch etwa 15 Minuten pro geschaltete Werbung», berichtet Koloska aus Erfahrung.

Effiziente Werbung auf Social Media muss nicht teuer sein

Zielgerichtete Werbung auf Social-Media-Plattformen ist hingegen nicht teuer: Wenn man im Einzugsgebiet 5'000 Leute hat, sei man mit 25 Franken pro geschaltete Werbung und Woche gut beraten. So erreicht man alle User pro Werbe-Beitrag mindestens ein- bis zweimal.

«Teurer wird es, wenn man Werbung schweizweit schaltet», sagt Koloska. Er hält es nicht für nötig, die ganze Deutschschweiz zu bewerben, wie das etwa Dieter Weber und Nadia Graber von der «Obere Wanne» tun (Reportage «Die Macht der Social Media»).

Auch rät er davon ab, den Button «Hervorheben» bei Instagram oder «Beitrag bewerben» bei Facebook zu benützen. «Wenn man dort nicht ganz tief in die Einstellungen hineingeht, wird die Werbung nach dem Giesskannen-Prinzip gestreut – das ist ineffizient und teuer», sagt Koloska.

Wem die Arbeit mit dem Facebook-Werbeanzeiger-Manager zu mühselig ist, kann diese auch sehr gut an eine Agentur auslagern.

Davon, die gesamte Betreuung der Kanäle abzugeben, rät Koloska eher ab: «Das kann nur funktionieren, wenn man gut zusammenarbeitet. Oder wenn es ein Familienmitglied oder ein naher Bekannter der Bauernfamilie macht. Eine Agentur ist nie so nahe dran und die User merken das.»

Authentizität ist die Währung auf Social Media

Je mehr Landwirte Instagram-Kanäle haben, umso wichtiger werde es, eine eigene Sprache zu haben und authentisch zu sein. Denn: «Die Leute wollen Authentizität. Deshalb kaufen sie beim Bauern», sagt Koloska. Authentizität sei die Währung auf Social Media. Je authentischer der Inhalt ist, desto erfolgreicher sei ein Beitrag.

«Deshalb ist absolut erlaubt, dass ein Video etwas wackelig ist. So eines bringt man am besten in einer Instagram-Story. Dort ist es nur für eine gewisse Zeit sichtbar.»

Wer talentiert sei und Zeit habe, könne natürlich auch Top-Videos und Top-Fotos produzieren. «Aber es ist kein Muss, um erfolgreich zu sein.»

Social Media sind mächtig: So schützt man sich

Ein weiterer Punkt hingegen ist wichtig: Facebook heisst nicht umsonst «Face»book. Die User bewegen sich auf dieser Plattform, um Menschen und Persönliches zu sehen. «Am Anfang ist es schwierig, sich selbst darzustellen», weiss Andreas Koloska. Aber das lasse sich üben. «Es ist aber wichtig, zwischen Innensicht und Aussensicht zu unterscheiden.» Was für einen Landwirt relevant ist, ist nicht immer für alle anderen relevant. «So kann man sich auch schützen», sagt Koloska.

Dieser Schutz ist ein schwieriges Thema: «Es besteht ein gewisses Risiko – gerade, wenn es um Fleisch oder Milch geht, kann man plötzlich militante Veganer am Hals haben.» Koloska hat bis jetzt noch keinen «Shitstorm» gegen einen Landwirt erlebt, der seine Produkte über Social Media verkauft. Er beobachtet, dass militante Gruppen eher auf grössere Unternehmen losgehen.

«Ich fände es falsch, vom schlimmstmöglichen Fall auszugehen», sagt Koloska. Und der Vorteil an Kommentaren sei: «Die kann man auch einfach löschen.»

 

Zur Person

Als selbstständiger Social Media-Coach berät Andreas Koloska Unternehmen, Fachleute und Verbände in Social-Media-Strategien und gibt Schulungen. Zuvor war er Social Media-Leiter bei einer grossen Schweizer Marketing-Agentur. Koloska ist 33 Jahre alt und ist auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Nennigkofen SO aufgewachsen.

www.socialmediacoach.ch