Kurz & bündig

  • Facebook ist für den jungen Landwirt Adrian Wenger passé. Er setzt auf Instagram.
  • Wenger erzählt die Geschichte über Instagram, eine Website hat er nicht.
  • Er verkauft seine Produkte zur Hälfte über Instagram, respektive den Webshop.
  • Nach jedem Instagram-Beitrag gibt es neue Bestellungen.
  • Beiträge zu Randzeiten sind am effektivsten.
  • Wenger konnte viele Geschäftsbeziehungen über Instagram knüpfen.
  • Den Bildbeschrieb hält er kurz und fügt immer eine offene Frage an.
  • Das ermuntert zum Interagieren, was wiederum die Reichweite des Beitrags erhöht.

Der Instagram-Kanal «wengerfarms» ist wohl einer der erfolgreichsten unter den bäuerlichen Kanälen aus der Schweiz. Ganze 10'000 Abonnenten zählt er. Eine riesige Zahl, wenn man bedenkt, dass die nächst erfolgreichen Kanälen von Schweizer Bauernhöfen nur um die 2'000 Abonnenten haben.

Hinter «wengerfarms» steckt Adrian Wenger. Er ist 23 Jahre alt und schliesst in einem halben Jahr die Ausbildung als Agrotechniker HF am Inforama Rütti ab. Daneben arbeitet er als Treuhand-Mandatsleiter auf dem Schwand sowie zu Hause, auf dem elterlichen Betrieb in Kirchenthurnen im bernischen Gürbetal.

Wenger startete vor zwei Jahren mit dem Instagram-Kanal «wengerfarms». Seit Februar 2019 macht er spezifische Posts zu Quinoa, die er 2019 zum ersten Mal anbaute. Seither erhöhte sich die Zahl der Abonnenten Schritt für Schritt.

Erfolgsrezept: Kanäle suchen, liken, kommentieren und folgen

Das regelmässige Publizieren von Instagram-Beiträgen reicht für eine hohe Abonnenten-Zahl nicht aus: «Der Inhalt ist wichtig», sagt Wenger, «aber wenn ich nur gute Bilder poste, sehen das nicht unbedingt viele Leute.» Wengers Strategie: Selber und sehr aktiv Leute anwerben.

«Aufgrund der bisherigen Verkäufe kenne ich meine Hauptzielgruppe», sagt Wenger. Die meisten seiner Kunden sind Frauen. «Ich denke, meine Kundschaft interessiert sich beispielsweise auch für die Landfrauenküche oder für den Kanal von SRF», sagt Wenger. Er gehe dann auf diese und ähnliche Kanäle und werde bei deren Abonnenten aktiv: Wenger gibt «Likes», kommentiert und folgt den Leuten. So macht er auf sich und seinen Kanal aufmerksam. Und die nächsten Bestellungen flattern vielleicht schon bald herein.

«Ich folge etwa 6'000 Instagram-Kanälen», sagt Wenger achselzuckend. Aber damit funktioniere sein Kanal am besten. «Social Media lebt davon, dass man gegenseitig interagiert – ausser man ist berühmt, wie Justin Bieber», sagt Wenger und lacht.

Das aktive Suchen von Kanälen, das Anwerben von Leuten, Liken und Kommentieren braucht jedoch seine Zeit. Dafür investiert Wenger pro Tag etwa 40 Minuten.

Einfacher Web-Shop statt eine aufwändige Website

Ist man erst mal auf Wengers Instagram-Kanal, kommt man mit einem Klick auf Wengers Webshop. «Beim Webshop wollte ich, dass man möglichst schnell bei den Produkten ist und den Verkauf sofort abwickeln kann, ohne sich lange durchzuklicken», sagt Wenger.

Deshalb besteht der Webshop auch nur aus einer Seite. Es ist eine vordefinierte Shop-Lösung (mycommerce von Swisscom). Als Anbieter kann er darin auch abrechnen und den Versand regeln.

Auf eine gängige Website, auf welcher Hof und Leute vorgestellt werden, verzichtet Wenger komplett: «Ich erzähle die ganze Geschichte über Instagram. Interessierte können sich dort durch die Fotos klicken und etwas über den Hof und die Leute erfahren.»

Nach vielen Anfragen postete Adrian Wenger vor ein paar Wochen ein Foto von sich selbst, quasi vom Kopf hinter dem Kanal. «Das hat viele Reaktionen ausgelöst», sagt Wenger und lacht. «Ich mag nicht so im Mittelpunkt stehen, aber vielleicht sollte ich das öfters machen, wenn es die Leute so sehr interessiert.»

Dank Instagram: Wengers Quinoa im Bundeshaus

Die abgepackte Quinoa verkauft Wenger etwa zur Hälfte über Instagram, respektive über den Webshop. Mit dem Rest beliefert er Wiederverkäufer, wie kleine Läden in der Region. An der Strasse hat er einen kleinen Marktstand.

Die meisten Beziehungen zu Wiederverkäufern kamen ebenfalls über Instagram zustande. Vor Kurzem wurde Wengers Quinoa am Parlamentarier-Apéro im Bundeshaus serviert. «Sie kamen über einen Wiederverkäufer auf mich zu, den Naturpark Gantrisch.» Und die Beziehung zum Naturpark Gantrisch entstand über Instagram.

Für Wenger ist das der grösste Vorteil der Social Media: «Es gibt mir eine Stimme und ich werde mit meiner Quinoa sichtbar.» Er ist überzeugt: Ohne Instagram würde kaum jemand seinen Webshop finden und es wären deutlich weniger Beziehungen zu Wiederverkäufern entstanden.

Eine Dauer-Werbesendung geht den Leuten auf den Geist

Im Moment macht er etwa einen Post pro Woche, weil er wegen seiner Ausbildung oft keine Fotos vom Betrieb hat. «Wenn ich ein neues Foto und einen kurzen Text poste, dann spüre ich die Resonanz sofort, weil in den Stunden danach Bestellungen reinkommen», erzählt Wenger. Aber einen Tag später sei das jeweils schon wieder vorbei.

Man müsse ständig dranbleiben. Deshalb ist Wengers Ziel, drei Posts pro Woche zu veröffentlichen. Aber er will auch nicht zu viel machen. Sein Kanal soll keine Dauer-Werbesendung sein, die den Leuten auf die Nerven geht.

Der Arbeits- und Planungsaufwand sei nicht zu unterschätzen: «Wenn ich am Sonntagabend erst merke, dass ich noch was posten sollte, kommt es wahrscheinlich nicht gut.»

Pro Beitrag rechnet Wenger mit einer halben Stunde Arbeit. Die Fotos postet Wenger dann zu Randzeiten, gegen Abend. «Dann sind die meisten Leute aktiv», weiss Wenger.

Der junge Landwirt ist versiert auf Social Media. Das kommt nicht von ungefähr. Er hat sich während einer Semester-Arbeit mit dem Thema «Social Media im Verkauf» auseinandergesetzt. Dort hat er sich auch mit Plattformen wie Facebook, Twitter und Youtube befasst.

Adieu Facebook – junge Leute wollen etwas anderes

Adrian Wenger nutzt Instagram auch privat sehr oft. «Instagram liegt mir, es passt zu mir und ich komme sehr viel besser damit klar als mit Facebook.» Für ihn ist Facebook sowieso passé. Auch seine Freunde und generell junge Leute hätten kaum Facebook: «Deshalb habe ich keine grosse Motivation, mich in diese Plattform hineinzudenken und sie zu pflegen.» Er ist überzeugt: «Um mit einem Kanal erfolgreich zu sein, muss man sich voll reingeben und dahinterstehen.» Deshalb bleibt vorerst der Instagram-Kanal.

Authentisch bleiben – aber gute Fotos sind ein Muss

In Zukunft möchte Wenger auf Instagram noch professioneller werden. Es ist ihm aber wichtig, alles selber zu machen. Deshalb macht er bis jetzt auch noch keine Instagram-Werbung. «Ich möchte mich damit lieber zuerst gründlich auseinandersetzen.» Auch die Fotos will er immer selber machen und damit auch authentisch bleiben. «Die Leute sollen nicht denken, dass hinter meinem Instagram-Kanal eine professionelle Firma steckt. Sie sollen sehen, dass es ein Familienbetrieb ist.» Die Fotos macht er mit dem Handy, aktuell einem iPhone 10. Das sei am praktischsten, weil er es immer dabei habe.

Aber die Qualität der Fotos müsse gut sein, betont Wenger. Und den Bildbeschrieb hält er bewusst kurz und fügt immer eine offene Frage an. Das ermuntere die Abonnenten zu antworten und zu kommentieren, was dann wiederum die Reichweite des Beitrags erhöhe. Es komme darauf an, wie viele «Likes» und Kommentare in den ersten Minuten hineinkommen. «Je aktiver ein Beitrag in den ersten Minuten läuft, desto häufiger zeigt ihn Instagram», weiss Wenger.

Damit er keinen neuen Trend verpasst, streckt Wenger seine Fühler schon jetzt nach neuen Plattformen aus: TikTok sei im asiatischen Raum ein totaler Hype und habe ein rasantes Wachstum. Deshalb hat sich der Social-Media-gewandte Landwirt ein TikTok-Profil erstellt. Damit ist er gerüstet, wenn die Plattform für die Schweiz relevant wird.

 

Betriebsspiegel Wengerfarms

Ruedi und Regina Wenger aus Kirchenthurnen BE

LN: 24 ha plus Sömmerungsweiden

Bewirtschaftung: ÖLN

Kulturen: Natur- und Kunstwiesen, Weizen, Gerste, Triticale, Silomais, Einschneidekabis, Quinoa

Tierbestand: 17 Milchkühe, 25 Jungtiere

Betriebszweige: Ackerbau, Milchwirtschaft

Arbeitskräfte: Betriebsleiter-Ehepaar und Sohn Adrian Wenger

Instagram: wengerfarms

Webshop: wengerfarms.mycommerce.shop

 

 

Schweizer Bauern auf Instagram

Wengers Ziel mit seinem Instragram-Kanal ist nicht nur, seine Produkte bekannter zu machen und zu verkaufen. Mit seinem Kanal hofft der junge Landwirt, auch etwas zum guten Image der Schweizer Landwirtschaft beizutragen. «Social Media gewährt den Leuten Einblick in unser Handwerk», ist Wenger überzeugt und ergänzt: «Ich finde, daran sollte jeder Landwirt arbeiten.»

Deshalb postete der Landwirt im 2019 an vier Tagen im Jahr für den Kanal des Schweizer Bauernverbandes SBV. Der Kanal heisst «schweizer.bauern» und wird durch 20 Social-Media-affine Landwirte und Landwirtinnen betreut.

 

 

SBV sucht neue Instagram-Landwirte

Der SBV sucht fünf bis zehn neue, motivierte und social-media-affine Landwirte und Landwirtinnen, die den Kanal «schweizer.bauern» betreuen. Das Ziel ist, die Vielfalt der Schweizer Landwirtschaft zu zeigen.

Jeder Betrieb postet an fünf Tagen im Jahr einen Beitrag und zehn Story-Teile. Die Betriebe suchen sich selber ein passendes Thema aus. Wichtig ist, dass man den Alltag auf dem Bauernhof zeigt. Auch kritische Themen wie Pflanzenschutz oder Tierschutz haben Platz.

Die beteiligten Bauernfamilien haben während der Testphase eine Entschädigung von 250 Franken erhalten. Dies galt für vier Einsätze im Jahr. Neu wird es etwas mehr sein.

Interessierte Höfe können sich per Mail melden: schweizer.bauern@landwirtschaft.ch