Die neue Regierung der Niederlande will mit einem 25 Milliarden Euro schweren Ausstiegsprogramm den Viehbestand im Land radikal reduzieren: In 13 Jahren sollen auf den Höfen zwischen ein Drittel weniger Schweine, Hühner und Kühe stehen. Heute werden in den Niederlanden 1,6 Millionen Milchkühe, 11 Millionen Schweine und 49 Millionen Masthühner gehalten.
In den Niederlande soll ein tiefgreifender Umbau der Landwirtschaft stattfinden
Die neue niederländische Regierungs-Koalition von Ministerpräsident Mark Rutte (Rutte IV) hat Ende 2021 ihr Programm für die nächsten vier Jahre vorgelegt. Darin sind die Landwirtschaft und der Klimaschutz im Fokus: Die Regierung plant einen tiefgreifenden Umbau der Landwirtschaft, der sich am Klima-, Umwelt- und Tierschutz orientiert.
Die Neuorientierung der niederländischen Landwirtschaft bis 2035 soll mit 25 Milliarden Euro aus einem Umbau-Fonds finanziert werden. Damit werden niederländische Viehhalter entschädigt für die Verlagerung oder den Ausstieg aus der Branche oder für den Übergang zu einer extensiveren Landwirtschaft.
Für die niederländische Landwirtschaft sollen neue Geschäftsmodelle wie Bio-basierte Baumaterialien, Kohlenstoff-Zertifikate und die Stickstoffbindung entwickelt werden. Darüber strebt die Regierung einen Gesellschaftsvertrag zur Entwicklung einer tiergerechten Nutztierhaltung an.
Der Niederländische Bauernverband kritisiert «unerreichbare» Stickstoff-Reduktion
Für die niederländischen Landwirte hat dies tiefgreifende Konsequenzen. Unter anderem soll auch die Reduktion der Stickstoff-Belastung massiv beschleunigt werden. Das Ziel zur Stickstoff-Reduzierung wird von bisher 26 Prozent auf 50 Prozent angehoben und von 2035 auf 2030 vorgezogen.
Der Niederländische Bauernverband (Land- en Tuinbouw Organisatie Nederland LTO) befürchtete zuerst Massenenteignungen und sogar eine Halbierung des Viehbestands.
Dass die Stickstoff-Belastung bis 2030 um 50 Prozent reduziert werden soll, sei aber «unerreichbar». Der LTO hält eine Reduktion von 40 Prozent zusammen mit anderen Wirtschaftssektoren für ein zusätzliches Budget von 15,3 Milliarden Euro für realistisch.
Niederländische Schweinehalter müssen ihre Ställe abreissen
Unabhängig von diesem sehr ambitionierten Umbauplan stellt die niederländische Regierung für den Ausstieg aus der Schweinehaltung alleine im Jahr 2022 rund 230 Millionen Euro bereit, um die Stickstoffemissionen weiter zu senken.
Landwirtschaftsbetriebe müssen ihre Ställe abreissen und dürfen weder anderswo eine neue Tierhaltung eröffnen noch sich daran beteiligen. Geld gibt es für die Stallaufgabe sowie die Abriss-, Berater- und Gutachter-Kosten.
Die Landwirtschaft in den Niederlanden
Die Landwirtschaft in den Niederlanden ist hoch technologisiert und extrem produktiv. Nur knapp über 1 Prozent der Arbeitnehmer sind in der Landwirtschaft beschäftigt, die Niederlande sind aber mit dem Export von Landwirtschaftsprodukten für 65 Mrd Euro nach den USA der weltweit zweitgrösste Exporteur landwirtschaftlicher Erzeugnisse.
Auch in die Schweiz: Die Importe von Landwirtschaftsprodukten aus den Niederlanden betragen rund 1 Milliarde Franken pro Jahr, die Exporte aus der Schweiz in die Niederlande hingegen «nur» 400 Millionen Franken.